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Debatte über Kirche als ArbeitgeberDie eigenen Angelegenheiten

Kirchentagspräsident Robbers und Verdi-Chef Bsirske diskutieren, ob die Arbeitsrecht-Privilegien der Kirchen noch zeitgemäß sind.

Hitzig gibt es zwischen den beiden aber auch zu: Kirchentagspräsident Robbers (l.) und Verdi-Chef Bsirske Bild: dpa

HAMBURG taz | Frank Bsirske, der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, versteht es Pointen zu setzen. Der Gewerkschafter stritt sich am Samstagvormittag mit dem Kirchtagspräsidenten Gerhard Robbers über das kirchliche Arbeitsrecht.

Am Ende zitierte Bsirske eine Umfrage unter MitarbeiterInnen der Evangelischen Stiftung Alsterdorf – einer großen Hamburger Behinderteneinrichtung: 38 Prozent gaben zu, sie seien nur in die Kirche eingetreten, um den Arbeitsplatz bekommen zu können; 63 Prozent gaben an, sie legten keinen Wert auf das evangelische Profil der Stiftung und 85 Prozent fanden, die Mitgliedschaft in der Kirche sollte nicht Voraussetzung für einen Job in der Stiftung sein.

Wenn immer mehr Menschen in kirchlichen Einrichtungen nicht mehr der Kirche angehören, argumentierte Bsirske, wie kann dann die Kirche unter Berufung auf eine christliche „Dienstgemeinschaft“ als Arbeitgeber Sonderrechte beanspruchen? Dazu gehören die Lohnfindung durch paritätisch besetzte Kommissionen ohne das Streikrecht für die Angestellten, und das Recht der Kirche für bestimmte Jobs, die Zugehörigkeit zum eigenen Bekenntnis zu verlangen.

Bsirske ging noch weiter, indem er auf das im Grundgesetz garantierte Recht der Religionsgemeinschaften zurückgriff, ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze selbst zu regeln. „Die eigenen Angelegenheiten enden da, wo die Angelegenheiten anderer beginnen“, sagte der Verdi-Chef.

Die gleichen Regeln

Die Löhne und Arbeitsbedingungen seien auch bei der Kirche nicht nur deren Angelegenheit, sondern auch die ihrer Mitarbeiter. Hier hätten die gleichen Regeln zu gelten wie bei anderen Arbeitgebern. Damit werde das eigentlich Religiöse – die Einstellung der Pfarrer, das Dogma – überhaupt nicht in Frage gestellt.

„Wir sind Kirche – kein stinknormaler Arbeitgeber“, hielt Robbers dagegen. Kirchliche Mitarbeiter hätten sich zum Dienst unter Jesus Christus versammelt. Ein strukturelles Ungleichgewicht zwischen den Kirchen und ihren Angestellten gebe es nicht, weil kirchliche Arbeitgeber dem Gebot des gerechten Lohns unterworfen seien. Die Kirche müsse eben der bessere Arbeitgeber sein. „Hört, hört“, schallte es aus dem Publikum.

Robbers argumentierte, die Idee der Dienstgemeinschaft trage auch dann, wenn Muslime oder Konfessionslose bei der Kirche arbeiteten. „Wenn sie das nicht mittragen wollen, sollen sie woanders arbeiten“, sagte Robbers. Er räumte aber ein, dass es Gegenden gebe, wo das nicht möglich sei, weil dort nur die Kirche Jobs im sozialen Bereich anbiete. „Solche Probleme müssen wir lösen“, sagte Robbers.

Lohndumping? Ja!

Er betonte, dass die Kirche ihre Angestellten oft besser bezahle als der Staat. Robbers räumte aber ein, dass das für die untersten Lohngruppen nicht gelte. Seine rhetorische Frage, ob es bei der Kirche Lohndumping überhaupt gebe, wurde im Saal mit einem vielstimmigen „Ja!“ beantwortet. „Dort, wo es geschieht, muss es aufhören“, forderte Robbers, gestand aber zugleich ein, dass das nur schwer bei den vielen verschiedenen Einrichtungen und Werken durchzusetzen sei.

Der Kirchentagspräsident gab sich erschrocken darüber, dass Bsirske die bisherige Rechtsprechung zu den Sonderrechten der Kirche einfach vom Tisch wische. Bsirske hatte unter Verweis auf den gesetzlichen Rahmen argumentiert, die Kirche dürfte ja auch keine Haschisch-Oblaten ausreichen oder unter Prohibitionsgesetzen Messwein ausschenken. Eine Steilvorlage für Robbers: „Wenn ein Gesetz Messwein verbieten würde, dann wäre Widerstand geboten!“, rief er.

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7 Kommentare

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  • WB
    Wolfgang Banse

    Die Kirche,darf keine Sonferrolle mehr als Arbeitgeber zugestanden werden.Möge das angerufene von der Dienstleistungsgewerkaschaft verdi Bundesverfassungsgericht ebenso sehen,was das anhänige Verfahren betrifft.

  • L
    leone

    ihr habt was vergessen:

     

    Auf den Hinweis von Bsirske, dass es ein Streikrecht gibt, hat der Kirchentagspräsi gemeint, das gehöre in das 19. Jahrhundert!!!

  • F
    FaktenStattFiktion

    Ein erster Schritt wäre, den Mitarbeitern statt einer "Mitarbeitervertretung" endlich die vollen Rechte eines Personalrates einzuräumen.

    Dann die Übernahme des TVL, statt nur in Anlehnung an diesen zu bezahlen.

     

    Aber da die EKD in den Grünen eine übermächtige Lobby hat, wird sich nichts ändern.

  • R
    reblek

    "Kirchentagspräsident Robbers und Verdi-Chef Bsirske..." - Gibt es zwischen den bundesdeutschen Zeitungen eine Absprache, den Namen der gemeinten Gewerkschaft nicht so zu schreiben, wie diese selbst das tut, nämlich ver.di?

  • SG
    Schmidt Georg

    da haben sich die zwei richtigen getroffen-weder die Gewerkschaften, noch die Kirchen zahlen Löhne, für die sie eintreten !

  • C
    Celsus

    Da treten viele in die Kriche ein, um einen Arbeitsplatz zu erhalten. Das ist eine von den Kirchen gewollte Aushöhlung der Religionsfreiheit. Denn in vielen Berufen gibt es in nicht wenigen Gegenden der Republik nur noch kirchliche Einrichtungen bei nur zum Beispiel Krankenhäusern.

     

    Wir haben es ja zuletzt noch einmal bewusst wahrgenommen bei der Pille danach in katholischen Krankenhäusern.

     

    Damit sind wir auch schon beim nächsten Problem: Selbst wenn die fast ausschließlich staatlich finanziert sind, stellen die nur kirchliches Personal ein und werden Ausgetretene raus. Gerne würden die in noch so unbedeutenden Positionen alle rausschmeißen, die austreten. Aber das spielten in dem Ausmaß dann die Arbeitsgerichte nicht mehr mit.

  • G
    Geistlos

    Leben wir tatsächlich in einem Kirchenstaat? Nicht nur, dass uns eine Pfarrerstochter regiert und ein Pastor den Grüßonkel macht. Die Rechtsprechung dazu ist eine Katastrophe! Wie kann es einen Staat im Staat geben? Das Mittelalter ist fast abgeschafft aber in der Realität noch maßgebend. Für mich unverständlich und nicht hinnehmbar. Der Freizeitverein Kirche hat sich allen Gesetzen unter zu ordnen und seine Privilegien auf zu geben! Wie kann es in einer aufgeklärten Gesellschaft ausgebeutete und stimmlose Beschäftigte im Dienste Jesu geben?