Debatte über Fall Yagmur: Grüne fordern Konsequenzen

Die Grünen wollen, dass der Sozialsenator in seiner Behörde aufräumt und Staatsrat und Amtsleiter entlässt. Auch Mitte-Bezirksamtschef Andy Grote soll gehen.

Rücktrittsforderung: Geht es nach Grünen, soll auch Andy Grote gehen. Bild: dpa

Zum Ende des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) Yagmur haben die Grünen am Mittwoch ihre Forderungen gestellt. Sie wollen nicht wie die CDU den Rücktritt von Sozialsenator Detlef Scheele (SPD), sondern setzen eine Etage tiefer bei Staatsrat Jan Pörksen und Fachamtsleiter Uwe Riez an.

„Sie haben sich unfähig gezeigt, die Probleme zu lösen“, sagte die Grünen-Obfrau Christiane Blömeke. „Wir erwarten, dass Scheele in seiner Behörde die Konsequenzen zieht.“ Auch wäre mehr sozialpädagogische Fachlichkeit an der Behördenspitze gut. Riez und Pörksen sind Juristen.

Ebenso wie die CDU sehen es auch die Grünen als erwiesen an, dass politisch verantwortete Personalnot im Jugendamt Billstedt dazu beigetragen hat, dass bei Yagmur die Kindeswohlgefährdung nicht erkannt wurde. Eine Mitarbeiterin gab an, sie habe nicht mal Zeit gehabt, die Akte zu lesen.

Als Sofortmaßnahme gegen Personalnot in den Jugendämtern soll es eine qualifizierte Vertretungsreserve mit 20 Vollzeitstellen geben. Diese MitarbeiterInnen sollen dort einspringen, wo Dienste überlastet sind.

Die Staatsanwaltschaft soll eine Schwerpunktabteilung Kinderschutz einrichten und die fachliche Arbeit der Sozialbehörde soll neu organisiert werden.

Eine Enquete-Kommission aus externen Experten und Abgeordneten soll in der neuen Legislatur die Lehren aus den tragischen Einzelfällen systematisieren. Ziel ist eine Reform der Jugendhilfe.

tazHH_hamburg_126850

Ein schweres Versäumnis liege in der sogenannten Arbeitshilfe, die in Fällen ohne Kindeswohlgefährdung weniger Dokumentation und Betreuung erlaube. Hier trage Mitte-Bezirksamtsleiter Andy Grote die Verantwortung. Der, da sind sich Grüne und CDU einig, soll gehen.

Die Grünen wollen, dass nach der Bürgerschaftswahl eine Enquete-Kommission für eine Reform der Jugendhilfe eingesetzt wird. Noch zu Jahresbeginn hatten sie einen solchen Vorschlag der Linken zugunsten des PUA abgelehnt.

Nun mussten sich am Mittwoch von den Linken Opportunismus vorwerfen lassen. Es sei falsch, beide Instrumente gegeneinander auszuspielen, sagte die Grüne Antje Möller. Zur Aufklärung des Falls sei der PUA zunächst das Richtige gewesen.

Der Sozialpädagogik-Professor Manfred Neuffer hatte öffentlich statt des Untersuchungsausschusses eine Enquete-Kommission gefordert und sieht sich bestätigt. „Der PUA hat kaum neue Erkenntnisse für den Kinderschutz in Hamburg gebracht“, schreibt er in einer Stellungnahme.

„So viele Geheimnisse gab es in dem dreijährigen Leben Yagmurs nicht, als dass diese fast ein Jahr dauernde öffentlichkeitswirksame Nachforschungen gerechtfertigt hätten.“ Die 30 Empfehlungen des PUA hätte ein Fachgremium an einem Nachmittag vorgelegt.

Eine Enquete-Kommission sollte das Hilfesystem unter die Lupe nehmen, so Neuffer. Die Fachbehörde hätte im letzten Jahrzehnt zu stark auf Kontrolle statt auf Hilfe gesetzt. Hamburg habe sich im bundesweiten Diskurs „fachlich ins Abseits gestellt“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.