Debatte über FFP2-Masken: Bloß nicht überschätzen
Fast alle Maßnahmen gegen das Virus sind inzwischen ausgereizt. Eine FFP2-Maskenpflicht verfährt allein nach dem Prinzip Hoffnung.
E s war von der Bundesregierung sicher gut gemeint, das Bund-Länder-Treffen auf den Dienstag vorzuziehen. Die meisten Menschen sehnen sich in dieser andauernd schwierigen Lage nach nichts so sehr wie nach klaren Informationen. Wann wird wieder Normalität einkehren? Wann kann ich meinen Laden wieder öffnen? Meine Kinder wieder in die Schule schicken? In den Urlaub fahren?
Keiner weiß es, und doch sollen diesen Dienstag Antworten geliefert werden: darauf, was zu tun ist, um die Pandemie in den Griff zu bekommen, die Ausbreitung der mutierten Variante einzudämmen, Ansteckungen wieder nachvollziehbar zu machen. Ministerpräsident*innen wie Kabinettsmitglieder lassen sich damit zitieren, dass an der Verlängerung des Lockdowns kein Weg vorbeiführe.
Aber die eigentliche Frage ist: Wird es Verschärfungen geben? Und in welchen Lebensbereichen sind diese überhaupt noch möglich? Die meisten Maßnahmen betreffen das Privatleben. Aber da geht noch was: nächtliche Ausgangssperren bieten die Möglichkeit, Bürger*innen ohne viel Aufwand auf verbotene Besuche außerhalb des eigenen Hausstandes hin zu kontrollieren. Doch auf der anderen Seite der Gleichung steht das Szenario der schwindenden Akzeptanz der Maßnahmen in der Gesellschaft. Die Kosten-Nutzen-Rechnung dürfte gegen eine solche Ausgangssperre sprechen.
Eine weitere Möglichkeit betrifft das Homeoffice. Hier sind die Betriebe und Behörden gefragt. Denn die Zahlen zeigen, dass weniger Menschen im Homeoffice arbeiten als noch im ersten Lockdown. Vor allem Linke fordern deshalb, man müsse endlich die Betriebe zwingen, die bislang davor zurückscheuten, ihre Mitarbeitenden mit der nötigen Infrastruktur zu Hause auszustatten. Doch auch da schlägt Politiker*innen Abwehr entgegen, etwa von Arbeitgebervertretern.
Da scheint die FFP2-Maske ein Objekt zu sein, auf das sich alle einigen können – der kleinste gemeinsame Nenner. Sie scheint für die meisten eine so niedrige Hürde darzustellen, dass ein Ministerpräsident Söder sie mit der Verve des wild Entschlossenen fordern kann. Doch Expert*innen warnen davor, die FFP2-Maske zu überschätzen. Auch wenn längst belegt ist, dass das Infektionsrisiko drastisch sinkt, hängt das immer noch davon ab, ob die Maske richtig getragen, regelmäßig getauscht wird, die Kopfform nicht zu sehr von der Norm abweicht oder ob man einen Bart trägt.
Die Maske ist nicht mehr als eine bloße Hoffnung: besser als nichts, aber kaum mehr als eine Zwischenforderung, die den Menschen nicht zu viel abverlangt und ihnen gleichzeitig das Gefühl vermitteln soll: Wir tun was für Ihre Gesundheit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen