Debatte über Corona-Beschränkungen: Berlin will's langsam angehen
Der Regierende Bürgermeister beendet Hoffnungen auf schnelle Lockerungen: Vor dem 27. April geht wohl nichts, sagte er am Dienstag.
Selten ist eine Telefonkonferenz zwischen der Bundeskanzlerin und den MinisterpräsidentInnen der Länder sehnlicher erwartet worden als jene an diesem Mittwoch, in der über erste Lockerungen der Ausgangsbeschränkungen wegen der Coronapandemie beraten werden soll. Doch wer eine schnelle Entspannung der Lage erwartet, dürfte enttäuscht werden. Darauf wies Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Dienstag hin. Lockerungen seien „frühestens ab 27. April, eventuell ab 1. Mai“ geben, sagte Müller im rbb-Hörfunk. Und fügte hinzu: „Ab kommendem Montag wird es wahrscheinlich nicht sein.“
Bis kommenden Sonntag sind die meisten Einschränkungen für das öffentliche Leben in Berlin vorerst befristet. Das betrifft sowohl das allgemeine Verbot, die Wohnung zu verlassen ohne triftigen Grund, das Kontaktverbot für mehr als zwei Menschen, aber auch die Schließung der Schulen und Kitas sowie der Theater und Konzerthäuser. So verkauft etwa das Deutsche Theater Karten für Vorstellungen ab dem 20. April.
Viele Eltern – und Kinder – sehnen sich danach, dass zumindest die Schulen wieder öffnen. Ihre Hoffnung wurde durch die Empfehlung der Nationalen Akademie der Wissenschaft Leopoldina am Montag gestärkt. Darin hieß es: „Die Wiedereröffnung der Bildungseinrichtungen sollte so bald wie irgend möglich erfolgen.“ Allerdings müssten dabei Sicherheitsvorgaben wie genügend Abstand und Handhygiene weiterhin beachtet werden. Die Leopoldina berät die Bundesregierung ganz offiziell.
Berlins Regierendem geht das offenbar zu schnell. Er verwies in dem Radiointerview auf die Schalte mit Merkel. „Wir werden dann überprüfen, ob und wenn ja, was gelockert werden kann. Die Diskussion beginnt erst morgen“, erläuterte er. „Und wenn es zu Lockerung kommen kann, dann dauert es einige Tage, bis man sie umsetzt.“ Dafür müssten Verordnungen geändert und „bestimmte Systeme wieder hochgefahren“ werden. So müsse etwa die BVG mehr Verkehr anbieten, wenn die Schule zumindest schrittweise wieder öffneten. Das brauche Vorlauf.
Können sich die 16 LänderchefInnen einigen?
Spannend wird auch, ob sich die 16 MinisterpräsidentInnen auf eine gemeinsame Linie werden einigen können. Als die Schließungen und Einschränkungen beschlossen wurden, handelten die meisten Länder – und teilweise einzelne Städte und Kommunen – eigenmächtig. Die Folge: ein Durcheinander, etwa beim Verbot großer Veranstaltungen. Das soll nun dem Vernehmen nach unbedingt vermieden werden. Ob sich allerdings Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der sich zuletzt gern als Hardliner präsentiert hat, auf eine schnelle Lockerung wird einlassen können, ist offen.
Und selbst wenn, dürfte noch lange nicht von einer Normalisierung des Lebens im öffentlichen Raum gesprochen werden. „Ich hoffe sehr, dass Demonstrationen, politische Kundgebungen vielleicht in einem begrenzten Rahmen wieder möglich werden, da geht es auch um ein Grundrecht“, sagte Müller. Das gelte zum Beispiel auch für Gottesdienste. „Aber es wird alles nicht mehr so sein wie vorher.“ Stattdessen würden Auflagen und Regeln gelten.
Einig werden sollten sich zudem die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg. Dessen Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) spricht sich für eine rasche Lockerung aus – vor allem für Kinder. „Im Interesse der Kinder und ihres Wohlergehens wäre es gut, dass möglichst viele von ihnen bald wieder in Krippe, Kita und Schule gehen können“, sagte der gegenwärtige Bundesratspräsident den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Entscheidend dabei sei, wie wir mit der Eindämmung des Virus vorangekommen sind.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär