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Debatte US-Politik made in KansasDie Staatszerstörer

Kommentar von Anjana Shrivastava

Amerika, eine gelenkte Demokratie? Trump nur eine Marionette? Die marktradikalen Koch-Brüder beeinflussen die US-Politik wie sonst niemand.

Wieviel Demokratie steckt in diesem Mann? Foto: ap

N icht in Moskau lauern die finstersten Figuren hinter Donald Trump, sondern im scheinbar harmlosen Wichita, Kansas, wo Charles und David Koch ihr Ölimperium führen. Spätestens seit dem neuen Steuergesetz zugunsten Amerikas oberem einem Prozent zeigt sich Präsident Trump als Marionette an den langen Fäden der Brüder aus Kansas, die zusammen fast 100 Milliarden besitzen – und seit Jahrzehnten konsequent das Umkrempeln des amerikanischen Staates betreiben.

Die Kochs kaufen Politiker, etwa Vizepräsident Mike Pence, der jahrelang als bezahlter Lobbyist für die Kochs arbeitete. Sie unterstützen ein riesiges Netzwerk aus Instituten und Thinktanks, und sie finanzieren immense Werbekampagnen, die den amerikanischen Bürger gegen den Staat aufhetzen sollen. Denn die Kochs sind libertäre Eiferer, die alles Staatliche verabscheuen. Mit ideologischen Wurzeln im Calvinismus ihrer holländischen Vorfahren und im fanatischen Antikommunismus ihres Vaters sind sie verschärfte Marktradikale, die mit dem bloß staatsskeptischen Liberalismus einer deutschen FDP nicht vergleichbar sind.

Bis jetzt betont Trump stolz seine Unabhängigkeit von den Kochs. Und während des Wahlkampfes blieben diese auch auf Distanz. Nur gegen die von den Kochs im Griff gehaltene Republikanische Partei hat Trump bis zum Steuergesetz keinen Erfolg verbucht. Die Kompromisse in seiner Reform des Obama-Gesundheitssystems gingen ihnen viel zu weit.

Doch am selben Tag, als Trump mit der Steuerentlastung für Milliardäre seinen ersten Sieg in Washington hätte feiern können, besuchte er David Koch in seiner New Yorker Wohnung; zu einem Fundraisertreffen diverser Oligarchen, auch „­Donors“ genannt. Es zeichnet sich somit eine Zeit ab, in der Trump politisch so viel zu melden haben wird wie seine Frau Melania.

Nehmer statt Geber

Denn Oligarchen wie die Kochs sind nicht wirklich „Donors“, also Gebende, sondern dreiste Nehmer. Sie haben eine Dominanz erreicht, aufgrund derer man Amerika als „gelenkte Demokratie“ bezeichnen kann. Putin hat diesen Begriff auf Russland gemünzt, eine hoch manipulierte Demokratie mit stark vertikalen Machtstrukturen – ein seit Langem von Autokraten und Industriemagnaten favorisiertes Modell.

Wieso hat man nie wieder von der Occupy-Wall-Street-Bewegung gehört, jetzt, da die Tea Party die neue Steuerpolitik feiern darf? Ab jetzt werden die Reichen Steuervorteile für die Wartung ihrer Privatjets verbuchen, während arme Doktoranden 400 bis 600 Prozent mehr bezahlen müssen als bisher. Der Grund für den Unterschied zwischen den linken und den rechten sozialen Bewegungen ist schlicht, dass die linke eine genui­ne Graswurzelbewegung war, wohingegen die rechte eine sogenannte Astroturf-(„Kunstrasen“-)Bewegung darstellte, der vom Großkapital nach oben geholfen wurde.

Nach Jahrzehnten im politischen Geschäft greifen die Kochs offen nach Größen wie dem Time Magazine

Seitdem die Kochs 2010 das Citizens-United-­Urteil im Obersten Gerichtshof durchbekamen, explodiert die Rolle des Geldes in der US-Politik. Firmen dürfen nun beliebig viele politische Spenden tätigen. 2006 betrug die Fremdfinanzierung der Politik noch 2 Prozent, nach dem Urteil sind es 40 Prozent.

Als die Koch-Brüder in fünf Staaten eine Blitzkampagne gegen Obamas Gesundheitsreform abfeuerten, erfuhr die Öffentlichkeit lediglich, dass die Kampagne von der Vereinigung Keeping Small Business Healthy finanziert wurde. Der Wähler, oder auch der Journalist, in einer gelenkten Demokratie ist nicht blöd, aber er wird blöd gehalten, weil er nicht einordnen kann, was er sieht, etwa welche Bewegung zur Zivilgesellschaft gehört und welche nicht.

Eine Nacht mit Pence

Was ist der Schönheitsfehler für die Oligarchen? Die Wahlen, die es ab und zu gibt. Denn es ist erheblich aufwendiger, die Wähler zu manipulieren, als Politiker zu kaufen. Im Wahljahr haben die Kochs sich stark zurückgehalten, konzentrierten sich auf regionale Wahlen. Nur als es um Trumps Auswahl des Vizepräsidenten ging, hatten sie starke Präferenzen.

Als Trump im Jahr 2016 einen Vizepräsidenten suchte, fand er sich eines Tages im Wahlkampf in Indiana, wo Koch-Lobbyist Mike Pence Gouverneur war. Trump flog sonst abends immer nach New York zurück. Doch an diesem Tag in Indiana hatte sein Flugzeug zufällig technische Probleme, sodass er mit Mike Pence im Gouverneur’s Mansion dinieren und dort übernachten musste. So herzlich war der Empfang, so gut der Wein, dass Trump am nächsten Tag meinte, er habe seinen Bräutigam gefunden. War die Flugzeugpanne echt? Oder war sie, wie man etwa in der Ukraine vermuten könnte, fingiert? Wahrscheinlich nicht. Aber in einer gelenkten Demokratie fragt man besser nicht. So wirken Bürger und Präsident wie Untertanen eines Feudalstaats.

Wichtig in diesem Feudalstaat sind auch die Lehnsherren; geringere Milliardäre wie die Familie DeVos aus Michigan, die in Trumps Kabinett vertreten ist und die weltweit größte private Sicherheitsfirma Blackwater besitzt. Nur mit solchen Helfern können die Kochs ihr Ziel erreichen, alle konservativen Staaten zu „besitzen“, in den Worten ihres Chefstrategen Richard Fink. Besitzen meint hier das politische Inbesitznehmen, was auch für Oligarchen sehr kostspielig ist. Doch die Koch-Brüder sind zäh, erst nach Jahrzehnten im politischen Geschäft greifen sie jetzt offen nach Institutionen wie dem Time Magazine.

Die Koch und DeVos sind Geisteskinder der calvinistischen Burensiedler, die den Großen Treck ins Landesinnere von Südafrika oder in den Mittleren Westen Amerikas gewagt haben. In Südafrika nannte man sie „Doppers“, weil sie das Licht der Aufklärung auslöschen wollten. Auch heute schaffen diese harten Ideologen ihre eigene Wahrheit, etwa über den Klimawandel. Hinter ihrer politischen Wagenburg nehmen sie die Spaltung des Landes billigend in Kauf.

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10 Kommentare

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  • Mannomann, da werden aber schwere pseudojournalistische Geschütze aufgefahren.

     

    3 Fragen:

     

    Wenn Donald Trump so eine Marionette der obersten 0,x% sein sollte, dann warum:

     

    1)sie in Scharen gegen seine Nominierung/Wahl waren? https://www.bloomberg.com/news/articles/2016-09-26/billionaire-donors-led-by-soros-simons-favor-clinton-over-trump

     

    2)sie in Scharen den Aufruf gegen die tax reform unterzeichnet hatten? https://www.washingtonpost.com/news/wonk/wp/2017/11/12/more-than-400-millionaires-tell-congress-dont-cut-our-taxes/?utm_term=.0a1b6d423a70

     

    Gesellschaftlicher Altruismus? So naiv kann man nicht mal als Linksliberaler sein. Trump gibt's er nur als package und da kommen solche Sachen wie trade deals, Zuwanderung etc. Die Reichen machen ihre Rechnungen und setzen dementsprechend auf das Pferd und das Pferd trug den Namen Hillary.

    • @agerwiese:

      Es gibt eben 2 Arten von Milliardären in USA: Einige sind ja sogar der Ansicht, dass Sie im Vergleich zum Normalbürger zu wenig Steuern zahlen, engagieren sich auch für Umweltschutz, weil Sie wissen, wie wichtig das für die Zukunft ist. Andere gönnen dem "kleinen Mann" nicht die Butter auf dem Brot und sind der Ansicht, als Erben der ersten Siedler die Besitzer des gesamten Landes zu sein. Die Umwelt ist ihnen scheißegal, schon aus Prinzip. (Und vor allem wenn auf dem betroffenen Land sowieso "nur" echte Ureinwohner leben. Das sind die, für die Trump spricht. Sicher hat auch Hillary ihre Unterstützer in Milliardärs-und Unternehmer-Kreisen. Aber es ist doch schon ein Unterschied, ob ein Reicher auch die anderen Menschen gut leben lässt und an die Zukunft denkt, oder nur an den eigenen Profit denkt, auf Kosten anderer Menschen und der Umwelt.

    • @agerwiese:

      2 Fragen ;)

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Vielen Dank, Frau Shrivastava für diese (mir) nicht so bekannten Zusammenhänge, die Sie sehr kenntnisreich schildern.

    Wir sollten uns schnellstens vom Land der 'unbegrenzten Aktionen' trennen.

    Und wenn Trump auch nur die Gallionsfigur sein mag, dann schnell auch von ihm.

  • Genau das ist das Problem. Wahrheit wird produziert und was in den USA Koch sind in Europa z.b. Bertelsmann. Aufhalten lässt sich das aber nicht mehr, da die Strukturen schon zu mächtig sind. Wir erleben dies bereits deutlich, wenn es um Kontroverse Dinge geht. In den grossen Medien gibt es dann immer nur eine Sicht der Dinge. Und das hat nichts mit Trump zu tun.

  • Das Probem geht denke ich tiefer.

     

    In einer aufgeklärten gar kritischen Bevölkerung haben gelenkte Wahrheiten wenig Chance. Diese Idealbevölkerung gibt es aber nicht. Weder bei uns noch in den USA. Die Bevölkerung lässt sich definitiv lenken. Sie liebt bequeme Unwahrheiten und daher sind Wahlen kein Schönheitsfehler wie Sie schreiben sondern geradezu die Bestätigung und Legitimation für Koch und Co.

     

    Politik wird nicht gemacht für die 20 % der Bevölkerung die ihr Hirn einschalten und wo das bessere Argument überzeugt sondern für die 80 % die sich gerne beeinflussen lassen und in einfachen Strukturen ihre vermeintliche Lebensicherheit gewinnen.

    Das zu ändern dauert Jahre, beim aktuellen Zustand der USA wohl Generationen. Allein ein Charismatiker der die Emotionen von "der anderen politischen Seite" berührt, könnte das schneller. Mit inhaltlichen Argumenten ist da (dank solchen Figuren wie den Kochs) nix zu machen.

    Ja, ich lasse derzeit jede Hoffnung fahren.

  • Genau wie bei uns: Eine Welt für wenige Reiche. Wir anderen sind deren Sklaven - Mit Brot und Handy ruhiggestellt.

  • Die Milliardäre hinter Clinton (die übrigens das größte Werbebudget aller Zeiten hatte): https://www.opensecrets.org/pres16/contributors?cycle=2016&id=N00000019&type=f

  • Ja,so isset.Schön zusammengefasst.

  • Einen Erfolg der linken Politik können sie ganz einfach haben. Nicht jedoch, wenn man der Leere im Hirn und der eigenen Partei weiter Folge leistet.