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Debatte Linke BewegungenWeg von der Ich-Bezogenheit

Lukas Hermsmeier
Kommentar von Lukas Hermsmeier

In den USA ist die linke Strömung der Demokraten erfolgreich. Wagenknechts Sammlungsbewegung „Aufstehen“ könnte davon lernen.

Anders als „Aufstehen“ entstanden die Democratic Socialists of America aus ihrer Basis Foto: imago / Pacific Press Agency

S ahra Wagenknecht möchte „zusammenführen, was bisher getrennt agiert“, sie will „Menschen mit ähnlichen Überzeugungen“ überparteilich mobilisieren. Wagenknecht gibt ein Ziel vor, das nicht nur in Deutschland und nicht erst seit diesem Jahr tatsächlich elementar erscheint: die Fragmente der Linken zu einer kollektiven Praxis zu verknüpfen.

Die Frage ist, wie solch ein Zusammenschluss gelingen kann. Mit welchen Leuten, mit welchen Methoden, mit welchen Themen. Bislang sieht es so aus, als würde die Bewegung „Aufstehen“ zwar sammeln – über 60.000 Menschen haben sich bereits registriert –, aber gleichzeitig die Lagerbildung verstärken. Der linke Widerstand gegen das Projekt ist gewaltig. Im Grunde macht Wagenknecht also einfach weiter das, was sie am besten kann: sie polarisiert.

„Volksparteien kann man nicht gründen, sie entstehen aus glaubwürdiger Politik“, sagte sie neulich dem Spiegel, und man will der Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei entgegnen: Bewegungen kann man nicht gründen, sie entstehen aus glaubwürdiger Politik.

Zu Wagenknechts Politik, zu ihrer Form des Sozialismus, gehören die Alleingänge. Im Widerspruch zum Programm ihrer Partei warnt sie bei jeder Gelegenheit vor „offenen Grenzen“, und im Rahmen der #MeToo-Debatte erschien Wagenknecht der Hinweis konstruktiv, dass sie sich nicht bei „Twitter ausweinen“ müsse, wenn sie blöd angebaggert wird. Wir gegen euch. Ihr und nicht ich. Auf innerparteiliche Debatten angesprochen, sagte sie im Juni in einem ARD-Interview, dass sie diese „im Notfall auch alleine entscheiden“ könne. Aber linke Bewegungen und ihre Inhalte haben Vorlauf, sie wachsen aus Strukturen. Vor allem: sie wachsen. Sie werden eben nicht apodiktisch verordnet.

Amerikanischer Populismus als Vorbild

Wer alles bei „Aufstehen“ mitmacht, wird die Öffentlichkeit erst Anfang September erfahren, aber alleine die stolze Ankündigung „prominenter Gründungsmitglieder“ wirkt wie eine Parodie elitären Denkens. In der Zeit verrieten zwei der Ini­tiatoren nun ihren Spiritus Rector, es ist ausgerechnet Mark Lilla, der US-Professor, der damit berühmt wurde, die Wahl Trumps so undifferenziert wie populistisch zu erklären, indem er dem Fokus auf Identitätspolitik die Schuld gab und zugleich mal eben Bürgerrechtsbewegungen wie Black Lives Matter pauschal diskreditierte.

Lukas Hermsmeier

arbeitet als freier Journalist in New York und Berlin. Er schreibt für Zeitungen in Deutschland und den USA. Seine Themenschwerpunkte sind Gesellschaftspolitik, Stadtent­wicklung und Popkultur.

Wenn Lilla die „moralische Panik“ der amerikanischen Lefties und Liberals verurteilt, dann im gleichen Sound wie Wagenknecht bei ihrer Kritik an der „allgemeinen Moral einer grenzenlosen Willkommenskultur“, was fast wortgenau wie die Macher der rechten „Erklärung 2018“ klingt. Der Kreis schließt sich, und so ist es am Ende kaum überraschend, dass sich viele Linke, vor allem viele Linke mit Migrationshintergrund, von „Aufstehen“ zumindest uninspiriert, aber vor allem ausgegrenzt fühlen.

Erfolgreich als demokratische Basisbewegung

Wie eine Opposition funktionieren kann, indem sie verschiedene linke Strömungen zusammenbringt, kann man derzeit in den USA beobachten. Politiker haben dort keine Bewegung von oben diktiert, genau andersrum: Mit den Democratic Socialists of America (kurz: DSA) gibt es eine Basis, die in den vergangenen zwei Jahren auf knapp 50.000 Mitglieder gewachsen ist und nun erste Kandidaten hervorbringt, die sich auf den Weg in die Parlamente machen.

Die als Hoffnungsträgerin der Linken gefeierte Alexandria Ocasio-Cortez ist nur die derzeit schillerndste von zahlreichen Politikern mit DSA-Hintergrund. Die 28-jährige Latina, die aus einer New Yorker Arbeiterfamilie stammt, gewann im Juni die Vorwahl gegen ihren parteiinternen Rivalen Joseph Crowley, einen alteingesessenen Demokraten, und wenn nichts sehr Sonderbares geschieht, wird sie im November als jüngste Abgeordnete aller Zeiten in den Kongress einziehen. Ocasio-Cortez ist der neue Shootingstar der Linken und bleibt dennoch, und ganz bewusst, Mittel zum Zweck. Als sie im Juni gefragt wurde, ob sie bei einer Niederlage ihren Konkurrenten Crowley unterstützen würde, sagte sie: „Bei uns herrscht die Demokratie, das heißt, dass ich diese Frage mit den Leuten besprechen würde.“ So profan. So anders.

Man will Wagenknecht raten: Bewegungen kann man nicht gründen, sie entstehen aus glaubwürdiger Politik.

Zum Selbstverständnis der DSA-Kandidaten gehört nicht nur der authentische Bezug zur Basis, sondern auch die glaubhafte Verwebung persönlicher Geschichten mit dem Programm. Julia Salazar, ebenso eine junge New Yorker Latina und Sozialistin, die im November ins Parlament von New York ziehen will, sagte neulich: „Hätte ich so extrem besondere Führungsqualitäten, wäre das nicht mehr der Wahlkampf einer Bewegung.“ Selbst Cynthia Nixon, eine wahrlich Prominente mit Ambitionen auf das Gouverneursamt von New York, wirkt weniger ichbezogen als Wagenknecht.

Gegen Trump vereint

In den USA haben sich, trotz aller Widrigkeiten, linke Gruppierungen aufeinander zu bewegt. Sozialisten und Anarchisten demonstrieren zusammen unter dem Stichwort #AbolishICE gegen Trumps Deportationspolitik. Black-Lives-Matter-Aktivisten marschieren gemeinsam mit weißen Arbeitern in Flint, Michigan, gegen verseuchtes Wasser. Seit Trump im Weißen Haus sitzt, haben sich zahlreiche Bürgerrechtsbündnisse gegründet, und die Democratic Socialists funktionieren dabei wie eine Brücke, über die bei Gelegenheit Kandidaten ins Rennen gehen. Leute wie Ocasio-Cortez und Salazar verkörpern zudem, wie sinnlos der vermeintliche Dualismus von Identitätspolitik und Klassenpolitik ist. Sie verbinden auch symbolisch.

„In der Vereinzelung lebt das Gemeinsame so wenig wie in der erzwungenen Einheit“, schreibt die queerfeministische Philosophin Bini Adamczak in ihrem hervorragenden Buch „Beziehungsweise Revolution“ und führt damit zwei zentrale Punkte für den Erfolg einer linken Bewegung zusammen: Erstens braucht es größere Allianzen. Und zweitens müssen diese Allianzen organisch und post-nationalistisch wachsen.

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20 Kommentare

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  • 9G
    99663 (Profil gelöscht)

    ich dachte angesichts des beitragstitels, dass es sich um eine konstruktive einlassung zu "aufstehen" handeln könnte. leider wieder nur ein weiterer artikel der taz gegen wagenknecht mit impliziten verunglimpfungen. der autor hat offenbar immer noch nicht verstanden worum es geht: weit über die grenzen des linken wählerpotenzials hinaus menschen für genau die glaubwürdigkeit von politik zu vereinen, die er so vehement einfordert. das kann theoretisch auch irgendwer iniziieren, doch wenn dafür persönlichkeiten des öffentlichen lebens mit ihrem ansehen beitragen, erhält die angelegenheit doch gleich einen ganz anderen aufmerksamkeitsfaktor. "bewegungen ohne gesichter" mögen auf manche vielleicht "authentischer" wirken. in ihrer wirkung sind sie nur "autistischer", weil sie medial marginalisiert werden.

    • @99663 (Profil gelöscht):

      Danke - ich stimme vollkommen mit Ihnen überein darin, daß eine Bewegung mit einem oder mehreren prominenten Gesichtern in ihrer Mitte eine größere Chance hat, öffentlich wahrgenommen zu werden als eine Bewegung ohne.



      Ich sage bewußt 'in ihrer Mitte', denn bisher ist Aufstehen für mich eine Sammlungsbewegung ohne hierarchische Strukturen bis auf die Initiator-Positionen, ohne die es sie nicht gäbe.



      Ich bin froh, daß endlich jemand ein Forum für uns zu schaffen bereit ist - allein die steigenden Mitgliederzahlen sprechen eine deutliche Sprache.



      Was das alles mit Frau Wagenknechts unterstellter Ich-Bezogenheit zu tun haben soll, ist mir ein Rätsel, denn ihre psychische Disposition steht für mich nicht zur Debatte.



      Außerdem ist es albern, Frau Wagenknechts angeblichen Egoismus gegenüber den gewohnten narzisstischen Veranlagungen der meisten Berufspolitiker hervorzuheben, denn diese gehören quasi zur Voraussetzung für eine Politkarriere.



      Für mich ist diese Sammelbewegung bis jetzt etwas, das über unsere frustrierte Regierung, Parteiengekungel und -gerangel und vor allem auch über die dogmatische Erstarrung linker Denkmuster hinausweist und all jene abholt, die nicht mehr einverstanden sind mit unserer Gesellschaft.



      Was wir daraus machen, wird die Zukunft zeigen, weshalb die vorgezogenen kleingeistigen Unkenrufe von gut informierten Besserwissern mal wieder einfach nur ermüdend sind.

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Ich-Bezogenheit?

    Insofern ja: Wir haben es mit einer zunehmend narzisstischen Gesellschaft zu tun, wo jede persönliche Befindlichkeit zum politischen Problem aufgeblasen wird.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @90191 (Profil gelöscht):

      Spielen Sie da auf die Diskriminierungserfahrungen bestimmter Menschen an, oder auf die gefühlte Unterbezahlung von anderen?

  • Sobald Bernie Sanders wirklich relevant wird, kommt sofort der Medienshitstorm, den seine Gegener schon jetzt in den Schubladen liegen haben. Siehe Corbyn in Großbritannien und die Gegner aus seiner eigenen Partei. Wer da nicht ein perfektes Gegenszenario hat und jedes Fettnäpfchen vermeidet, hat verloren.

    Die Phalanx der Neoliberalen ist undurchdringlich, denn insbesondere diese Klasse hat richtig etwas zu verlieren.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Khaled Chaabouté:

      "Die Phalanx der Neoliberalen ist undurchdringlich, denn insbesondere diese Klasse hat richtig etwas zu verlieren."

      Wenn Sie damit die 80% der Menschen in Deutschland meinen, denen es nach eigenen Angaben wirtschaftlich gut oder sehr gut geht, liegen Sie richtig! ;)

  • Blablabla. Eure Angst vor wagenknecht ist lächerlich.

    Außerdem: Schon mal dran gedacht, dass eine sammlungsbewegung, die nicht von einer bekannten Linken, sondern von lieschen aus buxtehude gegründet wird, keine Sau interessiert?

  • Dem Autor ist schon bewusst, dass die sozioökonomischen Ziele solcher Organisationen nicht durchsetzbar sind und sich deren Wirkung letztendlich nur auf gesellschaftliche Themen beschränkt?

    Sahra Wagenknecht macht es besser.

  • Nachtrag, Teil II.



    {…}

    Kritische Haltungen und Diskussionen sollen möglichst im Parlament abgefangen, lokalisiert und politisch entschärft werden. Alle demokratischen Aktionen außerhalb des Parlaments sollen als ''Druck der Straße'' diskreditiert werden.

    Nur unter den Bedingungen einer breiten demokratischen Aufstehen-Sammlungsbewegung ist es für die Mehrheit der Bevölkerung möglich, auch Positionen im bürgerlichen Parlament zu erobern und durch den außerparlamentarischen Kampf parlamentarische Entscheidungen wirksam beeinflussen zu können. Dabei ist das bürgerliche Parlament nicht das Ende der Zielsetzung der Bewegung. Es dient als weiteres Instrument für seine Aufhebung und für die ökonomische, soziale, ökologische und gesellschaftspolitische Umgestaltung der ganzen Gesellschaft.

    Die Zielsetzung ist das demokratische Gemeineigentum an den gesellschaftlichen Produktionsmitteln. Gemeineigentum an Grund und Boden, Luft und Wasser, Rohstoffen und Bodenschätzen, Tier -Natur- und Pflanzenwelt. Eine sozioökonomische und sozioökologische Kreislaufwirtschaft auf der Grundlage des Gemeineigentums an den gesellschaftlichen Produktions- und Reproduktionsmitteln. Dazu gehört auch die Enteignung und Überführung der Großunternehmen, Versicherungen, Banken, Finanzzentren und multinationalen Konzerne in Gemeineigentum.

    PS: Die Überwindung und Aufhebung der Gesellschaftsformation der Ausbeutung und Entfremdung, die Beseitigung des Kapitalismus, das ist die zentrale Aufgabe. Dabei ist die Stellung zur Eigentumsfrage die Grundfrage der Aufstehen-Sammlungsbewegung. So sollte es in den Vereinigten Staaten von Amerika sein, wie auch in Deutschland und Europa.

  • Irgendwie kommt gerade alle paar Tage dasselbe zum selbigen Thema. Nu wartet doch mal ab. Wenn die Initiatoren sich autoritär zu "Führern" aufschwingen sollten, hat der Autor prophetische Kraft bewiesen, so what? Momentan ist es nichts als Kaffeesatzleserei.

  • ''Auf den Weg in die Parlamente'' ?

    Nicht der Weg in die ''bürgerlichen Parlamente'' muss es sein, sondern deren Überwindung und Aufhebung.

    Der Parlamentarismus ist die Herrschaftsform der Bourgeoisie, die gekennzeichnet ist durch die Existenz eines aus bürgerlichen Wahlen hervorgegangenen gesetzgebenden Organs, dem Parlament. Zu den Merkmalen des Parlamentarismus gehören: die Beschränkung der Abgeordneten auf legislative Arbeit ohne Teilnahme an der Verwirklichung derGesetze und ohne echte Kontrollmöglichkeiten; die aus dem sog. ''freien Mandat'' abgeleitete Stellung des Abgeordneten, die ihn dem Wähler gegenüber nicht rechenschaftspflichtig und nicht abberufbar macht; die Trennung der gesetzgebenden von der ausführenden Tätigkeit. In der Bundesrepublik Deutschland ist das Parlament in eine Institution verwandelt worden, die die politischen und ökonomischen Entscheidungen der großen Wirtschafts- und Monopolverbände, die mit der Ministerialbürokratie eng zusammenarbeiten, nachträglich legitimiert, das heißt als ''Beschluss der höchsten Volksvertretung'' zum Gesetz erhebt.

    Angesichts der politischen und ökonomischen Beherrschung der gesamten Gesellschaft durch die Finanz- und Monopolbourgeoisie sieht sich die herrschende Klasse in immer stärkerem Maße gezwungen, die tatsächlichen Machtverhältnisse undurchsichtig und schwer überschaubar zu machen, so in den Vereinigten Staaten wie in Deutschland und EU-Europa. Hierbei nimmt der Parlamentarismus in Deutschland einen zentralen Platz ein. Parlamentsdebatten zusammen mit gezielten Einwirkungen der Massenkommunikationsmittel sind darauf angelegt, auch offensichtlich volksfeindliche Beschlüsse des Parlaments [siehe SGB-Hartz IV] als das unanfechtbare Ergebnis der Diskussion der ''frei gewählten Volksvertreter'' zu deklarienen. Kritische Haltungen und Diskussionen sollen möglichst im Parlament abgefangen, lokalisiert und politisch entschärft werden. {…}

    Fortsetzung, Nachtrag Teil II.

  • Weg von solchen Artikeln. Weg vom Handy, Tablet PC.

  • Bewegungen entstehen in den seltensten Fällen im Baukastem einerPerson. Da müssen schon viele die Hosen runter lassen.

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Gerade weil das aktuelle linke Spektrum in Deutschland sehr dem amerikanischen ähnelt, wird es Zeit, dass sich wieder eine linke Bewegung formiert, die klassiche linke Ziele verfolgt, anstatt sich profilierungswütig in Tausend Nebenkriegsschauplätzen zu verzetteln.

    Sahra Wagenknecht kann der Kopf einer solchen Bewegung sein, begleitet von intellektuellen Kapazitäten und weniger von politisch überkorrekten Eiferern.

  • "Bewegungen kann man nicht gründen, sie entstehen aus glaubwürdiger Politik".

    Das ist ja, freundlich formuliert, ein gewagter Satz. Und was ist mit der Friedensbewegung, mit der Anti-Atom-Bewegung? Die hat die Politik zu verantworten? Haha.

  • 9G
    99337 (Profil gelöscht)

    "In den USA ist die linke Strömung der Demokraten erfolgreich. Wagenknechts Sammlungsbewegung „Aufstehen“ könnte davon lernen."

    Vielleicht sollte man erst einmal lernen, dass amerikanisch links nicht mit europäisch links vergleichbar ist. Das, was insbesondere junge Linke an typisch linken amerikanischen Themen aufgreifen, ist nicht nur kapitalismuskonform, sondern spaltet oftmals.

    Wenn man von der amerikanischen Linken etwas lernen kann, dann vielleicht auch mal aus der Zeit vor der McCarthy-Ära, als es noch eine intakte Arbeiterbewegung gab, die sich z.B. mit Schwarzen solidarisierte, innerhalb derer Feministinnen aktiv waren und zumindest zeitweise auch Wegbereiter der Schwulenbewegung.

    Hat man nicht nur in den USA vergessen, sondern wird von deutschen Linksintellektuellen zugunsten ihrer notorischen Ablehnung der Unterschicht und der Arbeiterschaft ignoriert.

    • @99337 (Profil gelöscht):

      "Vielleicht sollte man erst einmal lernen, dass amerikanisch links nicht mit europäisch links vergleichbar ist."

      Grundsätzlich haben sie Recht. Aber die DSA ist nahezu soweit links wie Trotzki. Deren Ziel ist nichts anderes als den Sozialismus einzuführen.

      Es ist sehr gefährlich das die DSA an Einfluß gewinnt. Denn hätte man einen Euro für jedes Beispiel wo der Sozialismus funktioniert hat hätte man 0 Euro. Und wenn Sozialismus funktionieren würde hätte man auch 0 Euro....

    • @99337 (Profil gelöscht):

      Die notorische Ablehnung ist eine dieser gern genutzten Phantasien auf die 'Arbeiter' zurückgreifen. Aber ja, tendenziell war die Arbeiterbewegung der nähere Verbündete für feministische und andere Freiheitsbewegungen. Aber eben nur tendenziell. Hat deutsche Kommunisten zum Beispiel nicht daran gehindert homofeindliche Propaganda zu verbreiten und der DGB hat sich auch ne ganze Weile geweigert sogenannte 'Gastarbeiter' zu unterstützen. Eine emanzipatorische Arbeiterbewegung kann keine Bewegung sein, die jegliche Gefühlswelten weißer und männlicher Arbeiter einfach bestätigt. Komplexität ist dem Menschen zumutbar.

      • 9G
        99337 (Profil gelöscht)
        @LesMankov:

        "Die notorische Ablehnung ist eine dieser gern genutzten Phantasien auf die 'Arbeiter' zurückgreifen."

        Ich wünschte, ich könnte Ihre Einschätzung teilen. Gilt dies Ihrer Meinung nach auch für die Unterschicht?

        Wie auch immer, ich empfehle diesen Artikel hier, um nachvollziehen zu können, was ich meine:



        www.taz.de/!5524778/

        • 9G
          99337 (Profil gelöscht)
          @99337 (Profil gelöscht):

          "Eine emanzipatorische Arbeiterbewegung kann keine Bewegung sein, die jegliche Gefühlswelten weißer und männlicher Arbeiter einfach bestätigt."

          Das war übrigens auch nicht meine Intention. Aber die Belange der Arbeiter und Unterschicht wie bisher kaum noch zu berücksichtigen, kann wohl auch keine linke Option sein.

          "Komplexität ist dem Menschen zumutbar."

          Interessant, dass auch Sie Arbeitern pauschal unterstellen, sie wären einfach, finden Sie nicht? Und auch eine Fixiertheit auf rein weiße Belange - was z.B. fairer Lohn und soziale Sicherheit nicht wären, da sie Nicht-Weiße nicht ausschließt.

          Was ich z.B. meinte, sind Solidarisierungen von Schwarzen und Arbeitern schon kurz nach der Abschaffung der Sklaverei, die von reichen Landlords niedergeschlagen wurden. Bizarre Randnotiz: Oftmals waren das die heute viel gescholtenen Hillbillies. (Quelle: Smithsonian Institution)

          Oder Aufnahmen zu einer Zeit, als bürgerliche Musiker wie Glen Miller trotz eigentlicher Solidarisierung, noch ablehnten, Schwarze in ihre Band aufzunehmen, weil sie Popularitätsverlust fürchteten.

          Anders z.B. als Woody Guthrie, der hier mit Leadbelly ironisch gegen Armut singt...



          www.youtube.com/watch?v=5NT51kN_7IY



          ... und hier mit Sonny Terry und Brownie McGhee gegen den Nationalsozialismus:



          www.youtube.com/watch?v=VwcKwGS7OSQ

          Und wussten Sie, dass Guthrie Trump schon in den 50ern als Rassist bezeichnete?



          www.rollingstone.d...-rassisten-945465/