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Ulrich Schulte
Kommentar von Ulrich Schulte

Winfried Kretschmann will eine Verengung aufs Ökologische. Nebenbei will er das Steuerkonzept seiner Partei begraben. Das ist einigermaßen verrückt.

Zweimal Realo - immer Realo. Bild: dpa

D ass die Grünen in konvulsivischen Zuckungen ihr altes Spitzenpersonal abgeschüttelt haben, verstellt den Blick auf die eigentlich wichtige Frage: Müssen sich die Grünen inhaltlich ganz neu verorten? Die lautesten Rufe nach Veränderung kommen aus Baden-Württemberg, also von dem Landesverband, der mit Recht seit Jahren fordert, die Bundespartei müsse seine Wahlsiege in der bürgerlichen Mitte stärker würdigen.

Winfried Kretschmann hat auf dem Länderrat am Wochenende eindringlich für einen radikalen Kurswechsel geworben. Er möchte die Partei auf die ökologische Transformation aller Lebensbereiche fokussieren. Die Energiewende soll das zentrale Projekt sein, dem anderes untergeordnet würde. Dabei müssten die Grünen die Wirtschaft als Partner begreifen, nicht als Feind, forderte Kretschmann. „Nichts im Übermaß!“ Mit diesem Sinnspruch des Orakels von Delphi erklärte er die eigenen Steuerpläne für unsinnig.

Weniger Zumutungen für die Wirtschaft und Gutverdiener, weniger Konfrontation, mehr Versöhnung. Kretschmann möchte, dass die Grünen die Mitte umarmen, nicht quälen. Und zusammen mit Unternehmen ein wunderschönes Deutschland bauen, das der ganzen Welt zeigt, wie die Energiewende wirklich funktioniert.

Leider hat diese Vision ein paar Webfehler. Um sie zu verstehen, ist notwendig, das viel gescholtene Finanzkonzept kurz zu erklären. Der scheidende Jürgen Trittin schob es an, die gesamte Partei stellte sich dahinter. Mit gutem Grund: Erstmals in ihrer Geschichte setzten die Grünen auf haushälterische Seriosität. Alle Wünsche sind gegenfinanziert, durch Subventionskürzungen, aber auch durch Belastungen für Gutverdiener. Trittins Vermächtnis verknüpft Einnahmen und Ausgaben logisch miteinander.

Dann fehlt das Geld

Bei Kretschmanns Werbung für den Kurswechsel ist entscheidend, was er nicht sagt. Für seine Hinwendung zur Mitte müssten die Grünen ihre Steuerpläne drastisch entschärfen. Wie, das haben die Wirtschaftsverbände im Wahlkampf mantraartig wiederholt: Die Vermögensabgabe müsste weg, die Erhöhung von Erbschafts- und Abgeltungssteuer auch. Der Spitzensteuersatz wäre verhandelbar; er hat nur symbolischen Wert und produziert kaum relevante Staatseinnahmen.

Dann aber fehlte den Grünen in ihrem Finanzkonzept ein zweistelliger Milliardenbetrag. Was dann? Neue Schulden? Das wäre angesichts der Schuldenbremse so gar nicht realpolitisch. Bei der Bildung kürzen? Uncool. Bei der Energiewende? Quatsch, das ist ja der Markenkern. Bleibt das Soziale. Das ist der letzte große Kostenblock, den die Grünen auf sechs Milliarden Euro taxieren – und der einen Aufschlag für Hartz-IV-Bezieher und die Garantierente beinhaltet.

Die erste Binsenweisheit, die Kretschmann verschweigt, lautet also: Wer der Wirtschaft oder der ökonomischen Oberschicht weniger zumuten will, muss bei anderen sparen. Zum Beispiel bei der Supermarktverkäuferin, die 40 Jahre an der Kasse saß und im Alter nicht mehr als das Existenzminimum bekommen wird. Oder bei der langzeitarbeitslosen Alleinerziehenden, die sich am Ende des Monats das Gemüse für ihr Kind bei der Tafel besorgt, weil das Geld nicht reicht.

Selbstverständlich können die Grünen hoffen, dass solch lästige Themen der jeweilige Koalitionspartner erledigt. Und wahrscheinlich wäre ein solcher Kurs auch für ein paar mehr Prozentpunkte gut, weil die Verkäuferin im Zweifel sowieso nicht grün wählt. Doch das Beispiel zeigt, dass es bei dem Richtungsstreit auch um das Grundverständnis der Partei geht. Sind die Grünen eine Scharnierpartei in der Mitte, die sich exklusiv auf Ökologie konzentriert? Oder stehen sie, breiter aufgestellt, links davon?

Gefahr der Themenverengung

Wie zerstörerisch die inhaltliche Verengung einer Partei wirken kann, hat die FDP eindrucksvoll vorgeführt. Es wäre fahrlässig, würden die Grünen ihr komplettes Finanzkonzept ausgerechnet in dem Moment über Bord werfen, in dem der Gegner erkennt, dass er ohne Steuererhöhungen nicht auskommen wird – siehe CDU.

Und dennoch: Seit dem 22. September gibt es keine einfachen Antworten mehr für die Partei. Grüne, die jetzt das komplizierte Steuerinstrumentarium für sakrosankt erklären, obwohl es viele Menschen nicht verstanden haben, gehen ebenso in die Irre wie Grüne, die den Fokus allein auf die ökologische Transformation legen wollen. Es gibt aber noch ein weiteres Argument gegen die Fetischisierung der Energiewende à la Kretschmann.

Die Grünen haben 420.000 WählerInnen an die CDU und 550.000 an die SPD verloren. Weder die Christdemokraten noch die Kohlefreunde in der SPD werden die Energiewende wirklich forcieren. Das heißt: Entweder war den Ex-Grünen-Wählern das Projekt nicht so wichtig oder sie hatten das Gefühl, es werde im Jahr 2013 sowieso von allen gewollt.

Beide Deutungen sind für die Grünen katastrophal. Diese Wahl hat also nicht nur gezeigt, dass finanzielle Umverteilung in einem Wahlkampf nicht zu verkaufen ist, selbst wenn sie vernünftig kalkuliert wurde. Sie hat auch gezeigt, dass der Kampf für die Energiewende nicht mehr als Alleinstellungsmerkmal für die Grünen taugt. Beim Atomausstieg war das anders, da konnten sie sich noch darauf verlassen, das Original in der politischen Landschaft zu sein.

Die Lebewelt der Durchschnittsfamilie

Die Durchschnittsfamilie aus der Mittelschicht will, dass ihr Strom öko ist, dass die Heizung sauber läuft und dass das Auto wenig Sprit verbraucht. Technische Feinheiten wie die EEG-Umlage oder der Netzausbau berühren nicht ihre Lebenswelt. Die CDU hat das erkannt und über Strompreise geredet. Die Grünen hatten auf diese Simplifizierung keine Antwort.

Die Energiewende ist eines der wichtigsten Projekte des 21. Jahrhunderts, aber sie ist kein Garant für grünen Erfolg beim Wähler. Zudem wird es bis 2017 größtenteils geregelt sein, wenn auch nicht im grünen Sinne.

Angesichts dieser Lage eine neue Partei zu basteln, die komplett auf die Energiewende setzt, ist einigermaßen verrückt. Kretschmann sollte bei seinen Interventionen den Merksatz beherzigen, den er so gerne zitiert: Nichts im Übermaß.

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Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.
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33 Kommentare

 / 
  • BH
    Bernd H. Schoeps

    Kretschmanns Parole "Nichts im Übermaß" klang vor langer Zeit bei Franz Josef Degenhardt noch so: "Der alte Notar Bolamus ... war immer ein bißchen dafür, und ein bißchen dagegen... Und er zitiert seinen Wahlspruch: Alles mit Maß und mit Ziel."

    Kretschmann müsste das Lied eigentlich kennen, sucht aber heute verzweifelt die politische Mitte, die mitunter mehr systemkritische Courage zeigt als er selbst.

    Bernd Schoeps

    Bochum

  • N
    NieWiederGrün

    Diese "Realos" - jene (leicht) grünlackierte schwarze Schar der Grünen - haben nur noch für kurze Zeit Oberwasser.

     

    Die nächsten Wahlen (z.B. in Baden-Württemberg) werden verloren gehen und Schuld daran werden einzig und allein diese Leute mit ihrer völligen Prinzipienlosigkeit - nicht etwa ein "zu linkes" Programm - sein.

     

    Schade, dass die Partei bis dahin wohl völlig zur "grünen" FDP verbogen sein wird...

  • Unter Berücksichtigung der Wahlbeteiligung von knapp über 70 % bei der Bundestagswahl, können die Parteien überhaupt noch froh sein ins Parlament gekommen zu sein?

     

    Seit die Grünen mit der SPD zusammen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verraten haben, wird sich daran auch nicht viel ändern.

     

    Es gäbe so viele Themen, welche wirklich angegangen werden müssten, aber dann müsste man sich ja mit der sog. Wirtschaft und deren Lobbiesten in diesen Land anlegen, und das wollen auch die Grünen nicht.

     

    Wie viele Milliarden mussten in die Rettung der Banken gesteckt werden, nachdem unter Rot/Grün die Finanzmärkte massive dereguliert wurden?

     

    So einmal zur Erinnerung welche Banken u. a. davon betroffen waren: IKB, Sachsen LB, Hypo Real Estate, WestLB, Hypo Alpe Adria, Bankia, Kaupthing, Washington Mutual, Bear Stearns, Northern Rock. usw. Die Liste erhebt nicht den Anspruch vollständig zu sein?

     

    Und trotzdem reden auch die Grünen von einer „Staatsverschuldung“ ? Wer hat denn von der Rettung der Banken, auf Kosten der Steuerzahler am meisten profitiert?

  • KG
    Kein Gast

    Der CO2 Ausstoss muss an die Länge des Arbeitsweges und des Lohnes gekoppelt werden!

    Es kann nicht sein, dass für einen Stundenlohn unterhalb von 25 € ein Fahrtweg oberhalb von 25 km (einfache Strecke) akzeptiert wird.

    Das wäre mal Wirtschaft und Ökologie in Einklang bringen.

  • N
    nox

    Die Abkehr der Wähler von den Grünen hat mehr mit Umfallern wie Kretschmann zu tun als mit dem angeblich zu linken Programm. Jetzt noch ein kompletter Schwenk der Positionen und die Grünen sind die nächste Partei, die so überflüssig ist wie die FDP.

  • J
    joe

    Zitat Kretschmann: "In der Demokratie geht es nicht um Wahrheit oder Lüge, sondern um Mehrheit oder Minderheit" ...

    Und so ist er nun dafür, dass Stuttgart 21 gebaut wird, so possiert er vor Herrenknechts Tunnelbohrer - und so wird er auch alles andere zur Disposition stellen, wenn's ihm Stimmen und den anderen Geld bringt.

  • UF
    Ulrich Frank

    Gut, daß hier einmal etwas gesagt wird zum Denken dieses Mannes der sich bisweilen einen - täuschenden - philosophischen Nimbus gibt. Und jetzt angepaßt nach Rechts in die Mitte rutscht (hierzu auch T. Konicz in: http://www.heise.de/tp/artikel/40/40005/1.html). Und der dann wieder sehr erdig das unrentable Milliardenprojekt Stuttgart 21, mit welchem er an die Macht kam aber mit dem er sich nicht mehr auseinandersetzen will, als "gegessenen Käse" abtut. Solche Männer und solche Reden sind nicht nur unredlich sondern gefährlich.

  • EL
    Ernst Lehmann

    Vor lauter Sozial- und Energiethemen haben die Grünen ganz die Umwelt vergessen. Eine vernünftige Umweltpolitik besteht doch nicht in Solardächern, Maisverstromung und CO-2 Einsparung! Es geht doch darum, dass unsere Natur wieder intakte Lebensräume bekommt, in der sich wieder eine Artenvielfalt entwickelt.

    Eine Natur, die nicht bis zum letzten Quadratmeter ökonomisch genutzt wird.

    • @Ernst Lehmann:

      100% -ige Zustimmung! Meine eigene Meinung, mit Solardächern und Maisverstromung kann man auf Kosten der Allgemeinheit Geld scheffeln, was interessiert dann noch die Umwelt :-).

  • tja, die Grünen sind die neue FDP.

  • G
    Gast

    "Die Durchschnittsfamilie aus der Mittelschicht will, dass ihr Strom öko ist, dass die Heizung sauber läuft und dass das Auto wenig Sprit verbraucht."

     

    Die Durschnittsfamilie aus der Mittelschicht zahlt Traummieten in hübschen Wohngegenden,zahlt aber keinen Ökostrom (man ist ja schließlich nicht blöde),fährt ein SUW,kauft im Bioladen aus Prestigegründen (Aldi ist was für Arme),packt die Kids in Baumwollwindeln (Pampers ist Mord),predigt von Naturschutz und all diesen bösen Menschen,die jetzt wieder mal über Strom- und Benzinpreisen jammern aber höchstwahrscheinlich "zu faul" sind,um Geld verdienen zu können.Letztendlich geht es hier aber um die Natur,da muss man ja mal was aushalten können.Am besten sollen es die Anderen tun.

  • Letzlich bekommt man den Eindruck, dass die Grünen Teil jener Gesellschaft geworden sind, die die Generation Praktikum, den unterirdischen und zutiefst inhumanen Niedriglohnsektor des freien Marktes und die damit verbundene Spaltung der Gesellschaft zugunsten ihrer ökologischen Visionen, immer mehr tolerieren. Sie werden assimiliert und Widerstand ist offenbar zwecklos, denn die Partei ist scheinbar längst infiltriert von Interessengruppen, die diese Entwicklung befürworten.

     

    Das bedeutet, dass sie ihre ursprüngliche Bedeutung aus den 80/90igern längst verloren haben, die FDP als Mehrheitsbeschaffer ablösen und wir auf eine neue Partei warten müssen, die sich traut, die tatsächlichen Probleme dieser Zeit auch konkret anzusprechen, Stellung zu beziehen und uns mit dieser Heuchelei verschont, es wäre ja alles in Ordnung und so gut wie nie.

     

    Es wird schwierig in diesem Land, ordentlichen Protest zu wählen, wenn keine Partei aus der Mitte der Gesellschaft dafür in Frage kommt und das offizielle Erscheinungsbild auf Nebenschauplätze ausweicht, die an der Realität vorbeigehen. Wenn die Grünen nicht mehr die Eier haben, diese Rolle zu übernehmen, werden ihnen die selbigen abgerissen werden :)

     

    Ausser der Tatsache, dass sich dadurch allerdings nichts wirklich ändert, die Verweigerung und Verdrängung bleiben wird, ist es fatal, dass man damit extremistischer Parteien jeglicher Richtung von Links bis Rechts in die Hände spielt, weil es an wirklichen Alternativen fehlt.

     

    Noch können die Grünen sich entscheiden, ob sie ihre Bedeutung behalten wollen. Aber viel Zeit bleibt ihnen nicht mehr.

  • R
    ReinDa

    Ist es Denkfaulheit oder woher kommt diese unsinnige These, Kretschmann wolle die Grünen auf das Ökologische beschränken? Das hat er weder gesagt noch gemeint. Er hat darauf hingewiesen, dass das das Grüne Identitätsthema ist, das man niemals so vernachlässigen oder überdecken lassen darf. Recht hat er!

  • F
    frust

    Wer ehrlich ist, müsste doch zugeben,dass die Grünen das beste Wahlprogramm hatten. Wer nichts abgeben will, der darf auch nichts verlangen

  • L
    lowandorder

    Ja Küppi hat recht:

     

    da tauchen sie wieder auf

    - hie wie da -

    die Henker, Leichenfledderer und Beerdigungsunternehmer;

     

    olfaktorisch nur schwer hinnehmbar;

     

    alles wie gehabt - das nämlich können sie wirklich

    und - pecunia non olet;

     

    ja - der Rest dafür um so mehr;

    danke für das Fotto:

    Vorsitz Weiß/Blau/FDP/BMW

  • OR
    O. Rakel

    Der gute Küppersbusch hat's gesagt. Die Grünen haben bei der letzten Bundestagswahl ihre Stammwählerschaft nahezu verdoppelt.Bei dieser Wahl und nach dem "unterirdischen" Wahlkampf der Grünen haben nur die hartgesottenen Stammwähler die Grünen gewählt und sei es nur darum, weil sie die grünen "Spitzenpolitiker"für weniger koruppt als die der anderen Parteien halten. Bei der neuen Riege der Grünen, die jetzt an die Fleischtöpfe strebt, habe ich da meine Zweifel.(Frau Andrae ist oder war sich offenbar nicht zu schade, Reklame für den neoliberalen Rammbock "I.f.s. Marktwirtschaft" zu machen, um se vorsichtig auszudrücken) An das Orakel zu Delfi sollte sich Herr Kretschmann mal selbst halten, das trittinische Maß der Höherbesteuerung der Reichen und Superreichen, war sehr gering, und letztlich nur ein Ausgleich für das Füllhorn, das er weiland selbst mit Schröder über jene ausgeschüttet hat. Die gewohnte Schonung und Bevorteilung der Krisengewinnler vergrößert weiter das Heer der Verlierer und belastet diese im Übermaß. Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht... auch dies ein schönes und wahres Orakel!

  • Nein, es ist nicht möglich, sinnvoll über Kretschmann zu reden und gleichzeitig von Stuttgart 21 zu schweigen. Das geht schon deshalb nicht, weil es sich bei Stuttgart 21 um das größte Betrugsprojekt der Industriegeschichte handelt. Kretschmanns Glaubwürdigkeit steht und fällt mit seinem Umgang mit diesem destruktiven Großprojekt. Wer völlig unnötige energiefressende Tunnels in die Landschaft betoniert und dies mit einer fragwürdigen Volksabstimmung zu rechtfertigen versucht, die sogar das Quorum verfehlt hat, der kann nicht glaubwürdig für die Energiewende eintreten. Auch bei zukünftigen Wahlen wird aber auch die Frage der Glaubwürdigkeit eine Rolle spielen, und die Regierungsgrünen in Baden-Württemberg haben diese leider bereits gründlich verspielt.

  • Für Linke-Wähler wie mich ist dieses Wahlergebnis, die Folgen und Optionen unerträglich.

    • @vic:

      Die Linke lebt eben die Lebenslüge das Sie mit einem Wahlprogramm antritt, das nicht umsetzbar ist. Das wissen die Linken auch. Aber sie wollen es gar nicht umsetzen - Sie wollen nur Parlamentssitze.

       

      Wowereit hat doch bereits die Linke Lebenslüge enttarnt. Haben anscheinend viele noch nicht mitbekommen.

       

      Die Linkspartei lebt davon das ihr Programm nicht mit der Regierungsrealität konfrontiert wird. Sie ist wie eine Schrottimmobilie die in einer Bankbilanz zu viel einem viel zu hohen Preis angesetzt ist.

    • M
      montaigne
      @vic:

      @vic: hat das Volk falsch abgestimmt? Wollen Sie ein neues Volk?

      • W
        widerborst
        @montaigne:

        Das - werter Essay-Liebhaber - hätte der Meister aller Klassen sicher nicht gefragt.

  • C
    carlsson

    hinzu kommt:selbst das Konzept einer ökologischen Marktwirtschaft ist fragwürdig, wenn man weiter auf Wachstum setzt. wenn aber schon die Konzepte nicht richtig sind und realpolitisch auf Wohlfuehlpartei gemacht wird, kann nur mist rauskommen.

  • Im parteipolitischen Gegenwind nicht nur des diesjährigen Wahlkampfes, hat die symbolische Sonnenblume der Grünen durch regelmäßiges Verbiegen und nach-dem-Wind-drehen so sehr gelitten, dass sie kurz davor steht, nun mit Stumpf und Stiel abzubrechen und auf dem politischen Komposthaufen zu landen. Gut, das wäre zumindest ein ökologischer Ansatz und damit noch der letzten Kernkompetenz treu.

     

    Was aber deutlich geworden ist: nach der Regierungsbeteiligung im Bund unter dem Schröder-Regime, während dessen sowohl der pazifistische Charakter grüner Politik in den Orkus gespült wurde, als auch geholfen wurde, soziale Härte mittels der Mitgestaltung der des Mittragens der Hartz-"Reformen" zu zementieren, ist schon ein Gutteil gründer Glaubwürdigkeit verdorrt wie eine Sonnsnblume im heißen Hochsommer.

     

    Nach dem Wahlerfolg von Winfried Kretschmann in BaWü, der für die trockene alte Sonnenblume wie ein wohltuender, sanfter Regen gewirkt haben muss, richteten sich die Grünen zwar wieder auf, versuchten aber nun, dem Lieblingsfeind, der Linken, das Thema soziale Gerechtigkeit zu mopsen (das noch vor Jahren von den Grünen selbst in die Bio-Tonne getreten wurde). Dieser jetzt stattfindende Versuch, sich nun mit dem Fallenlassen der Steuerpläne für Höchstverdiener als FDP mit Bio-Siegel zu etablieren, wird hoffentlich ihren angemessenen Tribut erhalten: bei einer nächsten Wahl unter der Fünf-Prozent-Hürde zu landen.

     

    Das wäre für die Partei, die mal als bunter und lauter Fleck im grauen Parlamentseinerlei und echten alternativen Ideen gestartet war, schade (im Rückblick auf die Ansprüche, mit denen sich Die Grünen einst gründeten), aber der nun endgültig verlustig gehenden Glaubwürdigkeit angemessen.

     

    Petra Kelly und Gert Bastian müssen grad in ihren Gräbern rotieren wie Offshore-Windräder!

  • A
    Arne

    "Diese Wahl hat also nicht nur gezeigt, dass finanzielle Umverteilung in einem Wahlkampf nicht zu verkaufen ist, selbst wenn sie vernünftig kalkuliert wurde."

    Aha, deshalb hat also Die Linke mehr Stimmen bekommen als Die Grünen. Korrekt formuliert wollte der Kommentator sagen: "Das ist kleinbürgerlichen Spießern, die das Kernpotential von grünen Wählern darstellt, nicht zu vermitteln."

    Warum müssen wir uns jetzt sowas anhören, dass Umverteilung böse ist, obwohl offenbar eine Partei wie Die Linke damit bessere Ergebnisse erzielt als eine der Hartz-Parteien? Weil das Kapital in einer Klemme steckt. Die bisherige erste Wahl der Kapital-Lobbyisten, die FDP, ist weg. Nun soll es sich lohnen, dass man lang genug die kleinen Aufsteiger wie Fischer etc. korrumpiert hat mit Pöstchen in der Wirtschaft. Das Kapital ist nun in der Klemme. Es hat keinerlei "Nachwuchsförderung" bei den Grünen gemacht. Dort fehlen bei der Basis noch die Interessenvertreter des Kapitals. Ob Opa Kretschmann da viel reißen wird, sollte sich das Kapital mal fragen.

  • G
    Gast

    "Die Durchschnittsfamilie aus der Mittelschicht will, dass ihr Strom öko ist, dass die Heizung sauber läuft und dass das Auto wenig Sprit verbraucht."

     

    Die Durschnittsfamilie aus der Mittelschicht zahlt eine Traummiete in hübschen Wohngegenden,zahlt aber keinen Ökostrom (man ist ja schließlich nicht blöde),fährt ein SUV,kauft im Bioladen aus Prestigegründen,packt die Kids in Baumwollwindeln,predigt von Naturschutz und all diesen bösen Menschen,die jetzt wieder mal über Strom- und Benzinpreisen jammern aber höchstwahrscheinlich "zu faul" sind,um Geld verdienen zu können.Letztendlich geht es hier aber um die Natur,da muss man ja mal was aushalten können.Am besten sollen es die Anderen tun.

  • U
    umpf

    mag sein, dass die grünen mit bionadebürgerlichkeit in der mitte fischen können, aber wie soll der ökologische umbau gelingen, wenn die soziale komponente vernachlässigt wird? für mich wäre es schon ein grund, sich von den grünen abzuwenden, wenn sie das soziale vernachlässigen. was will ich denn mit einer mülltrenner-fdp der besserwisser-besserverdiener?

  • S
    serbmem

    Der Onkel aus BW und andere "Realos" sind eigentlich nur bei den Grünen, weil sie genau wussten, dass sie in der CDU nicht über Ortsgruppenniveau hinausgekommen wären. Man hätte sie in der CDU schlicht un ergreifend nicht ernst genommen. Warum treten die nicht aus der Grünen Partei aus und gründen eine neue Partei. Dann wären sie die lästigen Stimmenbesorger schnell los. Man sollte auch nicht vergessen, dass die Bundespartei der Grünen vor dem 22.9. bei 10% lag. Und das ohne Herrn Fischer und dem Onkel aus BW.

  • G
    GastBW

    "Die Grünen haben 420.000 WählerInnen an die CDU und 550.000 an die SPD verloren. Weder die Christdemokraten noch die Kohlefreunde in der SPD werden die Energiewende wirklich forcieren. Das heißt: Entweder war den Ex-Grünen-Wählern das Projekt nicht so wichtig oder sie hatten das Gefühl, es werde im Jahr 2013 sowieso von allen gewollt." Das sehe ich ganz anders, und das entscheidende ist, dass das bei mir und in meinem Umfeld genau nicht so war - die Leute haben gezwungenermaßen zum ersten Mal SPD gewählt, um den Grünen zu verdeutlichen, dass ihr linker Steuerkurs nicht akzeptabel ist und sie endlich wieder mehr Angebote an die bürgerliche Mitte machen müssen! Das hat mit Kohlepolitik oder der Bedeutung der Energiewende gar nichts zu tun. Das katastrophale Steuerkonzept und das Vergessen der sonst starken Unterstützer der 'grünen konservativen Mitte' haben die Leute zu CDU/SPD getrieben.

  • BS
    besser so

    Wenn Kretschmann wirklich so unqualifiziert kritisiert hätte und die Wirtschaft oder die ökonomischen Oberschicht der 40ig jährigen Kassierein vorgezogen hat, wäre das dumm.

     

    Aber ich kann eigentlich nicht glauben, dass er so politisch unerfahren und okönomisch ungebildet ist.

     

    Womit er auf jeden Fall recht hat, ist dass eine positiv, alternative Politik einer negativ, verbietenden Politik vorzuziehen ist. Es ist besser zu formulieren, was man erreichen will und was für dafür tun muss, als aufzufählen, was man nicht machen darf.

     

    Wenn man neue Wähler wirklich überzeugen will, kann man nur so vorgehen. Das ist tatsächlich etwas, dass cih Kretschmann "beim Daimler" abgeguvkt haben könnte, und in diesem Fall sehr gut ist.

     

    Deren teuerere Autos kauft auch niemand, weil man den Kunden sagt, sie sollen nicht die anderen Autos kaufen, sondern weil man sie überzeugen konnte, dass die eigenen besser sind.

    • @besser so:

      "Es ist besser zu formulieren, was man erreichen will und was für dafür tun muss, als aufzufählen, was man nicht machen darf."

       

      Kretschmann zählt doch auf, was man nicht machen darf, zB. Die Steuerpläne seiner Partei.

      Eine unberechtigte Polarisieung.

       

      "Das ist tatsächlich etwas, dass cih Kretschmann "beim Daimler" abgeguvkt haben könnte, und in diesem Fall sehr gut ist."

       

      Nach Daimler sehen die Stammwähler der Grünen auch mittlerweise aus.

  • G
    gast
  • DS
    Der Satte im Armut

    Wenn dieser realitätsferne Reihenhausbesitzer mit Lehrergehalt und Ex-Landesministergehalt mit serh gutem Verdienst eine Woche mit dem HARTZ IV-Satz auskommt, dann wäre er glaubwürdig!

    Herr Kretschmann Sie haben doch schon Ihre Schäfchen im trockenen, oder?!

  • AP
    Aleksandr POrlov

    Kretschmann, Özdemir und Palmer sind die Seeheimer der Grünen.

    Die FDPisieriung schreitet voran.

    Willkommen in der Bedeutungslosigkeit.

     

    Wer finanziert diese U-Boote?