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Debatte AfD und PopulismusStolz auf den „Wirtschaftsstandort D“

Kommentar von Christoph Butterwegge

Bei der AfD gehen Neoliberalismus und Rechtspopulismus eine Synthese ein. Auch deshalb ist die Partei so erfolgreich.

Speerspitze des Rechtspopulismus: AfD-Vorsitzende Frauke Petry auf dem Stuttgarter Parteitag im Mai Foto: reuters

W as die „Republikaner“, der Bund freier Bürger (BfB) und die Schill-Partei nicht geschafft haben, könnte der Alternative für Deutschland (AfD) trotz heftiger Flügelkämpfe, zwischenzeitlicher Auswechslung des Spitzenpersonals und Abspaltung ganzer Richtungsgruppierungen gelingen: in alle ostdeutschen und mehrere westdeutsche Landesparlamente einzuziehen und damit eine solide Machtbasis für den Sprung in den Bundestag aufzubauen.

Die überraschenden (Wahl-)Erfolge der noch jungen Partei verdanken sich nicht bloß der geschickten Rhetorik ihrer Führungsriege, die provokative Äußerungen mit schnellen Dementis einfängt, und einem guten taktischen Gespür, das sie nach den „Euro-Rettungspaketen“ zum richtigen Zeitpunkt die „Flüchtlingskrise“ sowie anschließend den Islam, kulturelle Überfremdung und Terrorgefahren auf die Agenda setzen ließ. Noch entscheidender ist die Synthese neoliberaler und rechtspopulistischer Argumentationsfiguren.

Aus einer ökonomischen Theorie, die in den 1930er Jahren als Reaktion auf die damalige Weltwirtschaftskrise und den Keynesianismus als staatsinterventionistischem Lösungsansatz entstand, hat sich der Neoliberalismus zu einer Sozialphilosophie entwickelt, welche die Gesellschaft nach dem Modell von Markt und Leistungskonkurrenz (um)gestalten will.

Mittlerweile ist der Neoliberalismus eine Weltanschauung, ja eine politische Zivilreligion geworden, welche die Hegemonie, das heißt die öffentliche Meinungsführerschaft, erobert hat. „Globalisierung“ fungiert als Schlüsselkategorie und darüber hinaus – neben dem demografischen Wandel und der Digitalisierung – als dritte große Erzählung unserer Zeit, die Neoliberale benutzen, um ihre marktradikale Ideologie zu verbreiten und den „Um-“ bzw. Abbau des Sozialstaates zu legitimieren.

Ökonomisch verwertbar und gewinnträchtig

Neoliberale reduzieren den Menschen auf seine Existenz als Marktsubjekt, das sich im Tauschakt selbst verwirklicht. Letztlich zählt für sie nur, wer oder was ökonomisch verwertbar und gewinnträchtig ist. Aufgrund dieses ausgeprägten Utilitarismus, seines betriebswirtschaftlichen Effizienzdenkens, seiner Leistungsfixierung und seines Wettbewerbswahns bietet der Neoliberalismus ideologische Anschlussmöglichkeiten zum Rechtspopulismus.

Populistisch ist jene Gruppierung innerhalb des Rechtsextremismus wie des Brückenspektrums zwischen diesem und dem (National-)Konservatismus zu nennen, die besonders das verunsicherte Kleinbürgertum anspricht, dessen Vorurteile gegenüber dem Wohlfahrtsstaat nährt, dabei wirtschaftsliberale Ziele verfolgt, Minderheiten abwertende Stammtischparolen aufgreift, den Stolz auf das eigene Kollektiv, die Nation beziehungsweise deren Erfolge auf dem Weltmarkt (Standortnationalismus) mit rassistischer Stimmungsmache oder sozialer Demagogie verbindet und die verständliche Enttäuschung vieler Menschen über das Parteien- beziehungsweise Regierungsestablishment für eine Pauschalkritik an der Demokratie schlechthin nutzt.

Mit der Globalisierung werden der Um- und Abbau des Sozialstaates legitimiert

Die wichtigste Schnittmenge zwischen Neoliberalismus und Rechtspopulismus liegt in der Überzeugung, dass man auf den „Wirtschaftsstandort D“ stolz sein und ihn stärken müsse, um den Wohlstand aller zu mehren. Durch seine Fixierung auf den Leistungswettbewerb mit anderen Wirtschaftsstandorten schafft der Neoliberalismus einen idealen Nährboden für Standortnationalismus, Sozialdarwinismus und Wohlstandschauvinismus.

Das in der Bundesrepublik Deutschland stärker lals in den meisten anderen Ländern verbreitete Bewusstsein, auf den internationalen Märkten einer „Welt von Feinden“ gegenüberzustehen und durch (den sprichwörtlichen deutschen) Erfindungsgeist, besondere Tüchtigkeit, größeren Fleiß und noch mehr Opferbereitschaft die Überlegenheit des „eigenen“ Wirtschaftsstandorts unter Beweis stellen zu müssen, bildet die Basis des Standortnationalismus.

Je stärker die Menschen unter der sozialen Kälte einer Markt-, Hochleistungs- und Konkurrenzgesellschaft leiden, umso mehr sehnen sie sich nach emotionaler Nestwärme, die ihnen Rechtspopulisten im Schoß der Traditionsfamilie, der eigenen Nation und der „Volksgemeinschaft“ versprechen.

Da spielt es auch keine Rolle, dass sich die „Alternative für Deutschland“ als Partei der „kleinen Leute“ zu profilieren sucht, obwohl sie die seit 1997 nicht mehr erhobene Vermögensteuer und die Erbschaftsteuer abschaffen will, was ausschließlich dem „großen Geld“ nützen sowie die auch von ihr beklagte Kluft zwischen Arm und Reich noch vertiefen würde.

Wenn die Analyse des Verhältnisses von Neoliberalismus und Rechtspopulismus zutrifft, muss diesem mittels einer anderen Arbeitsmarkt-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik das materielle Fundament entzogen, die Standortlogik widerlegt und eine überzeugende Alternative zum Neoliberalismus entwickelt werden.

Konkurrenzgesellschaft oder soziale Bürgergesellschaft

Letztlich ist die Beantwortung der Frage entscheidend, in welcher Gesellschaft wir künftig leben wollen: Soll es eine Konkurrenzgesellschaft sein, die Leistungsdruck und Arbeitshetze weiter erhöht, Erwerbslose, Alte, Kranke, Drogenabhängige und Behinderte ausgrenzt sowie Egoismus, Durchsetzungsfähigkeit und Rücksichtslosigkeit eher honoriert, sich jedoch gleichzeitig über den Verfall von Sitte, Anstand und Moral wundert, oder eine soziale Bürgergesellschaft, die Kooperation statt Konkurrenzverhalten, Mitmenschlichkeit und Toleranz statt Gleichgültigkeit und Elitebewusstsein fördert? Eignet sich der Markt tatsächlich als gesamtgesellschaftlicher Regelungsmechanismus, obwohl er auf seinem ureigenen Terrain, der Volkswirtschaft, ausweislich einer sich verfestigenden Massenerwerbslosigkeit kläglich versagt?

Darauf die richtigen Antworten zu geben heißt, den Neoliberalismus mitsamt seinem Konzept der „Standortsicherung“, aber auch den Rechtspopulismus wirksam zu bekämpfen.

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32 Kommentare

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  • Neoliberalismus, Merkantilismus (jeder produziert nur fuer sein Land), Keynesianismus (der Staat investiert in der Talsohle), - alles hat irgendwo seinen Platz. Indien hat seine Maerkte erst einmal abgeschottet, um die nationale Oekonomie zu entwickeln. Mit den Wirtschaftsvoraussagen ist es wie mit der Regenfallentwicklung im Rahmen der Klimaerwaermung: Nichtsoeinfach.

  • Mit dem Kapitalismus meinen Sie die soziale Marktwirtschaft. Jetzt hat man die paradoxe Situation, dass die kommunistische Partei Chinas den Kapialismus eingefuert hat, und das Ganze ein ziemliches Erfolgsprojekt ist.

  • Das dümmste Argument gegen die herrschende Ordnung ist folgendes:"Ja, aber was gibt es denn für eine Alternative zur Marktwirtschaft?" Das wurde bereits nach 1949 in dem wahnhaften Antikommunismus der BRD verbreitet. Damals war es verständlich, weil fast alle Deutschen sich dem Antikommunismus in die Arme warfen um ihre Verstrickungen in die Verbrechen des Nationalsozialismus zu verbergen.

     

    Die heutige Fortführung der Argumentation dient einerseits deutscher Traditionspflege und andererseits zugleich des Erstickens möglicher Tendenzen zum Umbau dieses Wirtschaftssystems.

     

    Wer den Neoliberalismus anschauen möchte, der betrachte die faschistische Diktatur des Pinochet-Regimes in Chile. Die Allende-Regierung ist systematisch von den USA unterwandert worden, weil es dieses Experiment auf dem eigenen Hinterhof der USA nicht geben durfte, wie zuvor in Guatemala. Nachdem der Putsch gelungen war, reisten die Chcago-Boys, jene von bundesdeutschen BWL-Studenten, inclusive der Herren Hüther und Sinn, angebeteten Götter nach Chile um einen neoliberalen Musterstaat aufzubauen. Der Erfolg dieses Unternehmens zeigte sich in der ökonomischen Kapitulation des Regimes und seiner nachfolgenden Marionetten.

     

    Das sei einmal diesen Nachplapperern

    ins Stammbuch geschrieben. Natürlich schreiben Journalisten im neoliberalen Sinne. Anders könnten sie doch ihren schizophrenen Beruf gar nicht ertragen. Als Freischaffende müssen sie ihre Existenz sichern und das heißt: "mit den Wölfen heulen". Die einfachen Leute auf der Straße bezahlen sie nicht. Deshalb findet man dann in Talkrunden diese Mietmäuler wieder, wo sie von "Arbeitslosigkeit kann auch eine Chance sein", faseln und ihr eigenes Leben aufhübschen, weil sie heimlich nebenher doch noch Leistungen zur Grundsicherung beziehen.

     

    Der Neoliberalismus ist ein sich selbst zerstörendes System - doch dazu bedarf es der Beschäftigung mit der Mathematik und der Physik.

    • @achterhoeker:

      Chile steht nicht schecht da. Die Wirtschaftspolitik der UsA nach der Bankenkrise was keynesianisch, nicht neoliberalistisch.

    • @achterhoeker:

      Zum Stand und zur Aussagekraft bzw. zur ideologischen Verstrickung der deutschen Wirtschaftswissenschaftskaste sei hier nur mal wieder an ein paar Gedanken aus dem Umfeld kritischer Ökonomen (wie Heiner Flassbeck oder Rudolf Hickel) verwiesen.

       

      Immer mal wieder lehrreich zur Einordnung. (Hintergrund war die Inthronisation von C. Fuest als ifo-Präsident) „Der neue ifo-Präsident: Alle Vorurteile dieser Welt"

      https://freihandelpressespiegel.com/2016/04/20/der-neue-ifo-praesident-alle-vorurteile-dieser-welt/

  • Im ganzen Artikel kommt nicht ein mal der Begriff 'Kapitalismus' vor . Dabei meint der Begriff 'Neoliberalismus' doch nichts anderes als den Kapitalismus als Quasi-Religion , als in den Hirnen (bewußt-unbewußt) fest verdrahtete REALMETAPHYSIK .

    Das System Kapitalismus selbst wird sich nicht durch Wunschdenken und Gesundbeten (Richtung "soziale Bürgergesellschaft") verändern bzw. abschaffen lassen . Absehbar ist vielmehr die weitere Brutalisierung der Gesellschaft im Kampf der Konkurrenzsubjekte um die weniger werdenden Arbeitsplätze , die ärmlicher werdenden Futterplätze .

    Zu besichtigen ist das in der sog. Aufklärung konzipierte , zu seiner Erkennbarkeit kommende "autonome Subjekt" ... im Stande seiner Abwrackung .

    Die AfD ist seine Sumpfblüte .

    • @APOKALYPTIKER:

      "Zu besichtigen ist das in der sog. Aufklärung konzipierte , zu seiner Erkennbarkeit kommende "autonome Subjekt" ... im Stande seiner Abwrackung . " Das autonome Subjekt ist in Bedrängnis, der manipulierte Mensch ist aber auch nur die halbe Wahrheit.

  • Ich wunder mich ein wenig. Waren es nicht etwa die SPD mit den Grünen: Agenda 2010, Hartz? Zeitarbeit war einst etwas für Spezialkräfte, ich kannte das aus dem Holzhandwerk. War es nicht der Super Minister, genau, Super Minister Wolfgang Clement unter dem Genossen der Bosse (der mit der Zigarre), der von der Zeitarbeit schwärmte, diese zur modernen Sklavenarbeit ausbaute? Die breite Masse der Arbeiter sind heute Gehetzte, ständig mit einem Fuß in der Kündigung, bzw. auf zum nächsten "Projekt" zumindest als Leiharbeiter. Unter den Studenten spricht keiner mehr von der Generation Praktikum, denn, es ist normal. Also die Linken hatten Jahrzehnte Zeit ihre tollen Ideen umzusetzen. In NRW, da kommt auch der Superminister her, wo der Putz von den Wänden fällt, like West-DDR, da lassen sich die Wunderwerke schauen. Wuppertal, wo der Kompanion Marx' herkam. Immerhin ne Schwebebahn... Allet jut da. Bochum, ein Träumchen. Immer eine Reise wert. Nu ja, Sozialist Hollande wird's schon noch reißen, wie einst der Superminister. Oder wie heißt die Neue mit dem Hund? Darauf eine dicke Zigarre.

  • 3G
    33324 (Profil gelöscht)

    Man konnte fast den Eindruck gewinnen, dass die AfD bei der taz so gar keine Freunde hat. Und jetzt kommt hier auch noch das vernichtende Urteil des Politikwissenschaftlers Christoph Butterwegge. Hmm ... was nun ?

  • 2G
    25726 (Profil gelöscht)

    "welche die Gesellschaft nach dem Modell von Markt und Leistungskonkurrenz (um)gestalten will."

     

    Sie sind ca. 30 Jahre zu spät, Herr Butterwegge: welche die Gesellschaft nach dem Modell von Markt und Leistungskonkurrenz umgestaltet hat - was, glauben Sie denn, läßt die bei den TAZ-Redakteuren inzwischen mit Heiligenschein versehene Kanzlerin folgenlos von einer "marktkonformen Demokratie" schwafeln?

    • 6G
      628 (Profil gelöscht)
      @25726 (Profil gelöscht):

      Der Sozialstaat als eine der größten gesellschaftlichen Errungenschaften überhaupt (wenigstens meiner bescheidenen Meinung nach) ist derzeit sicher von der Zerstörung bedroht und wurde in den letzten Jahrzehnten schwer beschädigt. Dennoch ist da noch so einiges, was halbwegs intakt ist und neoliberale Kräfte wie die AfD zerstören können (und auch werden, wenn sie die Möglichkeit dazu haben), womit jeder Einzelne, der nicht reich geerbt hat, einem noch viel höherem Leistungsdruck ausgesetzt wäre, da es ja nun gar keine Sicherheit mehr gäbe. Dabei sollte man ruhig davon ausgehen, dass die AfD diesbezüglich noch sehr viel weniger Hemmungen hat, als die wenigstens ein bisschen staatstragende FDP (wobei fairerweise angemerkt sein soll, dass sich die letzte schwarz-gelbe Regierung sehr viel weniger mit der Zerstörung des Sozialstaats befasst hat, als die letzte rot-grüne Regierung).

    • @25726 (Profil gelöscht):

      och, die AfD könnte beim Thema Markt- und Leistungskonkurrenz schon noch den Druck wesentlich erhöhen wenn sie mal in die Regierung käme z.B. durch weitere Einschränkungen der Leistungen der Arbeitslosenversicherung, des Kündigungsschutzes, der Koalitionsfreiheit, der Kinderbetreuung (Abschaffung von Ganztagsschulen und u3 Kindergärten) längere Wochen- und Lebensarbeitszeiten, Einführung von Karenztagen im Krankheitsfall bzw. noch stärkere Betonung der Eigenverantwortung für Alter und Krankheit...

      ...ich muss immer ob der Naivität (Zynismus!?) schmunzeln wenn um einer knackige Pointe willens so getan wird als sei der jetzige sozialstaatliche Status Quo schon lange nichts mehr wert.

      • 1G
        10236 (Profil gelöscht)
        @Waage69:

        "...so getan wird als sei der jetzige sozialstaatliche Status Quo schon lange nichts mehr wert."

         

        Der jetzige Status Quo ist an sich nur eine Punktbetrachtung einer Entwicklung. Und die ist eindeutig (s. Vermögens/Einkommensverteilung, Armutsgefährdungsquote, Bildungsmobilität etc).

        Die oft angeführte Sozialquote taugt schlecht als Argument. Da sind v.a. Versicherungsleistungen enthalten, die zwar auch eine gewisse Umverteilungskomponente beinhalten (progressive Beiträge, Steuerzuschüsse,) aber in Großem und Ganzen keine Leistungen des Staates sind.

        • @10236 (Profil gelöscht):

          Dann kann also die AfD kaum noch was kaputtmachen? Das wäre ja beruhigend ;-)

           

          Der Sozialstaat ist tatsächlich, vor allem durch Rotgrün (ideologisch getrieben aber auch von der FDP und damals noch Merkel/Merz) auf seine Rudimente zurückgedräng (@Cosmo) und hat heute tatsächlich, wie Sie es sagen keinen hinreichenden Einfluss mehr auf "Vermögens/Einkommensverteilung, Armutsgefährdungsquote, Bildungsmobilität".

           

          Es ist aber jetzt die Frage ob auch die letzten solidarischen Rudimente durch einen von AfD und Co. (oder aus Angst vor der AfD im vorrauseilenden Gehorsam s.o. Rotgrün) kommenden neoliberales Kehraus weggefegt werden oder aber für einen späteren, besseren Neuausbau erhalten bleiben.

           

          Wenn einmal die allgemeine Krankenversicherung weg ist kommt sie nur schwer wieder ebenso wie die paritätische Finanzierung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern die ohne Not noch vor einigen Jahren unter Beteiligung der SPD aufgegeben wurde was man ihr gar nicht dick genug aufs Butterbrot schmieren kann damit sie es möglicht bald (vor allem "Führung") mal begreift.

           

          Es hilft nix: was wir noch haben muss verteidigt werden und das geht nur gegen die AfD.

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    Neoliberalismus ist eben per se faschistisch. Und die AfD hat das erkannt.

  • Die Inhalte der AFD sind reaktionär und gegen die Schwachverdiener gerichtet und somit eigentlich unwählbar für die Unterschicht.

     

    Was die AFD erfolgreich macht ist es das Gefühl zu vermitteln die unbefriedigenden Lösungen in den Migrationsfragen so zu drehen das sie als einzige Partei die richtige Antwort darauf hat - Deutsche haben Vorrang.

     

    Von daher ist die AFD der türkischen AKP sehr ähnlich - hätten sie ein Zugpferd wie Erdogan würden sie evtl. sogar vergleichbare Ergenisse erzielen.

  • Mh, eigentlich eine interessante Betrachtung, wenn man sie nicht so verengen würde.

     

    Ebenso bleibt der Artikel halt zum einen eine Alternative und zum anderen auch einen direkten Nachweis der "neoliberalen" Ideen in der Afd schuldig. Nur eine Ablehnung von Erbschafts und Vermögenssteuer ist keine strikt neoliberale Politik (genauwo wie übrigens auch das dafür eintreten keine revolutionäre Eigenschaft ist, es ist lediglich ein Präferenzunterschied, gewöhnlich um eigene Wählerschichten zu pampern, am Marktdogma ändert sich nichts).

  • Der Marktliberalismus der AfD ist die Chance der Linken mit Wagenknecht die Schäfchen zurück zu holen. Ich habe trotz und gerade wegen der nicht enden wollenden Medienschelte immer gesagt, ich werde AfD wählen und für gänzlich ausgeschlossen halte ich es immer noch nicht. Nichtsdestotrotz ist der sich auch gegen deutsche Mitbürger richtende Sozialdarwinismus mir ein Dorn im Auge (auch schon vor diesem Beitrag). Bleibt Wagenknecht hart und kann ihren Kurs durchsetzen und dauerhaft etablieren und vielleicht sogar ausbauen, wähle ich die Linke.

    • @Beinemann:

      Um die inneren Probleme kleben wir uns erst kümmern wenn wenn diese von außen nichtmehr verstärkt werden.

  • 7G
    73176 (Profil gelöscht)

    Ich hätte gern einmal einige Artikel (hier in der taz) gelesen, welche sich ernsthaft mit den Alternativen zum Neoliberalismus beschäftigen. Auch hier im Artikel gilt, dass zwar die Probleme des Neoliberalismus benannt werden und notwendigen Eigenschaften des nachfolgenden Systems. Allerdings schafft es der Autor nicht, konkret Alternativen aufzuzeigen.

    Zentral: Letztendlich geht es in einer Volkswirtschaft um die effiziente Allokation von Resourcen (ob Kapital, Arbeit, Konsumgüter, etc.). Hierfür nutzen die allermeisten Nationen den Markt.

    "Eignet sich der Markt tatsächlich als gesamtgesellschaftlicher Regelungsmechanismus (...)". Der Autor kritisiert den Markt als ineffiziente Möglichkeit zur Verteilung von Allokationen (als Beispiel wird die Massenarbeitslosigkeit aufgeführt). Ich hätte aber gerne einmal konkrete Gegenvorschläge zum Markt. D.h. wie wollen wir unsere Resourcen verteilen - ob nun Arbeit, Kapital, Konsum, Land, Öl, etc..

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    AfD ist weniger wegen, sondern vielmehr trotz ihrer neoliberalen Ausrichtung erfolgreich. Die national-konservative Komponente ist in der medial Darstellung so dominierend, dass die sozioökonomische Ausrichtung der Partei fast gänzlich verschwindet.

     

    Es ist sicherlich das Feld auf dem die AfD hervorragend angreifbar wäre. Wird aber von den Medien nicht aufgegriffen. Zum einen, weil diese ganze Volk-Flüchtlinge-und-Familie-Problematik so neu und spannend ist, zum anderen aber, weil Neoliberalismus in den Medien und in der Politik Mainstream ist und AfD sich evtl. als nationalkompatibler FDP-Ersatz in der Zukunft als nützlich erweisen könnte.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Ich spinne den Gedanken mal weiter, weil die Vorahnung stimmt. 2021: Angenommen eine agenda-geläuterte SPD mit anderem Spitzenpersonal rauft sich mit der weiterhin klassisch-linkssozialdemokratische Positionen vertretende “Linke” zusammen. Beide können die mittlerweile fast vollkommen neoliberal ausgerichteten Grünen auf ein sozialpolitisch wieder eher links der Mitte zu verortenden Kurs bringen und mit ins Boot holen. Die Wahl verschafft ihnen zu einer sehr knappen Mehrheit.

       

      Nach monatelangen Koalitionsverhandlungen, die BILD, BamS, BDI, Prof.H.-W.-(Un-)Sinn mit Weltuntergangsarien medial begleiten & Siegmund Gottlieb in BR-Kommentaren den Tiefpunkt journalistischer Standards allabendlich neu absteckt, gelingt es trotzdem, dass die SPD-Kandidatin die Kanzlermehrheit zusammenkriegt. Rot-rot-grün steht. Ein ambitionierter Koalitionsvertrag wartet auf die Umsetzung.

       

      So und dann geht das Gewürge und Dauerfeuer weiter. Bei passender Gelegenheit würden CDU & FDP keine Sekunde zögern eine AfD, die nach den 12 % von 2017 wg erwiesener Inkompetenz auf 6 % in 2021 abgestürzt war, als marktradikale Helfershelfer mit einzuspannen beim Versuch Kanzlerin Schwesig per Misstrauensvotum zu stürzen. Medial und parteipolitisch seitens CDU/FDP würde die AfD plötzlich hofiert 24/7, weißgewaschen von morgens bis abends, hoch und runter. Selbst erste BILD-Leser sind bereits von den täglichen Petry-mit-Kätzchen-im-Arm-Fotos genervt.

       

      Irgendwelche SPD-Seeheimer würden gefunden werden, Johannes Kahrs aus HH fallt mir spontan ein, die ihr “Gewissen” entdecken, um mit CDU-FDP-AfD dem “Spuk” ein Ende zu bereiten. Jens Spahn, CDU wird zum ersten schwulen Kanzler einer Turbokapitalismus-Koalition aus schwarz-gelb-blau/braun.

       

      FDP-Lindner kann der AfD im letzten Moment noch den Außenministerposten abjagen, aber die Störchin wird mit dem Finanzministerium abgefunden. Bleibt alles in der Familie, schließlich hat Opa ja schon dem Fööhrrer immer das Zahngold für die Reichsstaatskasse verbucht.

  • Danke, Herr Butterwege, für diesen Kommentar. Ich finde die Begriffe "Standortnationalismus" und "Wohlstandschauvinismus" sehr hilfreich, um den Zusammenhang zwischen Neoliberalismus und Rechtspopulismus zu verstehen.

  • Ich war mir bisher eigentlich ganz sicher, dass die AfD letztlich daran scheitern wird weil ihr neben dem nationalen das sozialistische Element fehlt, bzw. dieser Weg auch wenn gewollt konsequent unmöglich wäre da von Rechts gegangen mit zu vielen Fallstricken verbunden und für alle offensichtlich schlichtweg toxisch wäre.

     

    Wenn die AfD das aber, wie Herr Butterwegge schlüssig darlegt, gar nicht erst nötig hat und weiterhin als rein chauvinistisch/borniert/nationallibertäre Partei auch bei den "kleinen Leuten" punkten kann - ja dann gute Nacht.

    • 6G
      628 (Profil gelöscht)
      @Waage69:

      Ich persönlich habe zunehmend den Eindruck (der auch täuschen kann), dass sich das Verhältnis der Deutschen zum Sozialstaat ganz allgemein verschlechtert. Indizien dafür sind die zunehmende Feindseligkeit gegenüber Erwerbslosen, oder der Hass, dem ein Claus Weselsky beim letzten Bahnstreik entgegengeschlagen ist.

      Insofern ist schwer abzuschätzen, ob die krasse Sozialstaatsfeindlichkeit der AfD wirklich ein Malus ist. Zumal sie sich dadurch mittelfristig der Unterstützung vonseiten der Eliten und weiten Teilen unserer grandiosen Journalisten sicher sein kann.

      • 6G
        628 (Profil gelöscht)
        @628 (Profil gelöscht):

        PS: Mit der aktuell überall rumgeisternden Meldung, wie viel Ausländer von Hartz IV leben lässt sich z. B. auch ohne größere Mühen Stimmung gegen den Sozialstaat machen.

        • @628 (Profil gelöscht):

          Da können Sie recht haben.

           

          Besonders "Insofern ist schwer abzuschätzen, ob die krasse Sozialstaatsfeindlichkeit der AfD wirklich ein Malus ist."

           

          ...das meinte ich mit "ja dann gute Nacht."

  • Soweit so richtg, lieber Herr Butterwegge, hilfreich zur Orientierung ist ihre Analyse. Doch wäre es auch wichtig zu analysieren, was schief läuft bei denen, die eine soziale und ökologisch ausgerichtete Gesellschaft anstreben. Welche Versäumnisse und Fehler macht die "Linke" z.B. bei der der Vorstellung von "internationale Solidarität" bei der gleichzeitig nicht !! gestellten Frage nach der "nationalen Identität" ? Wo sind die überzeugend einfach darzulegenden Belege, dass der Mensch nicht des Menschen Wolf ist? Vielleicht wäre es mal gut darzulegen, dass die Gattung Homo sapiens in der Evulotion erst dadurch zum Menschen wurde, dass sie das Prinzip "survival of the fittest" umkehrte zu "survival of the unfittest". Welche Antworten gibt es auf den "Markt" ? Dass seine Entstehung gewaltsam initiiert wurde, wird selten erwähnt. Und warum nicht das Bremer Modell eines Marktwächters mal vorschlagen, einen wie "Roland", der die Bremer vor dem Markt beschützt, indem er Markt eisern kontrolliert ?

    • @Eigensinn:

      Ja, so könnte eine Antwort aussehen!

  • Neoliberalismus-Verlierer wählen eine neoliberale Partei. Viel Spaß beim Schaufeln des eigenes Grabes.

    • @vøid:

      Richtig. Darin liegt das Hauptproblem der AfD. Sie ist eine Arbeitgeberpartei, die sich der Dummheit mancher Arbeitnehmer bedient, um ihre Ziele zu erreichen. Ihre Positionen bezüglich Islam, Terrorismus und Flüchtlingen sind soweit tragbar, wie sie nicht in Rassismus abdriften. Allerdings zeichnen sich Teile der AfD auch durch totalitäre Tendenzen aus, wie etwa durch Versuche, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und Freiheit der Kunst einzuschränken.

       

      In der Gesamtheit überwiegen daher die negativen Aspekte dieser Partei, aber das wird so manchen deutschen Michel nicht davon abhalten, ihr zu folgen.

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        "Ihre Positionen bezüglich Islam, Terrorismus und Flüchtlingen sind soweit tragbar, wie sie nicht in Rassismus abdriften."

         

        Die driften nicht dahin ab, die kommen daher. Und meistens erkennt man den Stallgeruch.