Datenschutzabkommen zwischen EU und USA: Kalkuliertes Scheitern
Washington und Brüssel verhandeln darüber, wie viele Daten US-Plattformen aus Europa sammeln dürfen. Die Nutzer:innenrechte? Nebensache.
E uropäische Union und USA demonstrieren gerade gemeinsam ein gehöriges Maß an Lernresistenz. Und zwar beim Transfer von Nutzer:innendaten aus der EU in die USA. Der politische Prozess darum ist angesichts der weltpolitischen Lage verständlicherweise etwas in den Hintergrund geraten, aber dennoch wichtig: Die meisten großen Online-Plattformen, Cloud-Provider, Mailversand-Anbieter und andere Dienstleister, derer sich europäische Nutzer:innen und Unternehmen so gerne bedienen, sind US-Konzerne.
Was in dem Datenschutzdeal von EU-Kommission und US-Regierung beschlossen wird, betrifft also die allermeisten von uns in beträchtlichem Ausmaß – und zwar, was die ganz alltägliche digitale staatliche Überwachung angeht. Dürfen etwa US-Geheimdienste einfach massenhaft zugreifen oder nur im Einzelfall? Haben Nutzer:innen in der EU Rechtsmittel dagegen? Und wenn ja, welche?
Nun macht es den Eindruck: Der Datentransfer ist too big to fail – zu wichtig, um darauf zu verzichten. Die beiden Vorgängerbeschlüsse hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits gekippt: zu grenzenlos die Überwachungsrechte, zu schmal bis nicht vorhanden die Rechte europäischer Nutzer:innen. Nun ist Beschluss Nummer 3 in der Mache.
Und der Erlass, den der US-Präsident jüngst als Basis dafür herausgegeben hat, sieht nach Kosmetik aus: Ja, es stehen ein paar Worte drin von dem, was der EuGH als Anforderungen aufgestellt hat, die so einen Datentransfer überhaupt vereinbar machen würden mit den EU-Grundrechten. Aber: Das sind nur andere Worte. Dass sich an den faktischen Überwachungsabläufen in den USA etwas ändert, ist nicht absehbar.
Es wirkt, als wäre das gerichtliche Scheitern der gerade im Werden befindlichen Nummer 3 bereits einkalkuliert. Ist ja auch bequem: Nach einem EuGH-Urteil dauert es immer ein paar Jahre, bis die neue Vereinbarung fertig und in Kraft getreten – und wieder vom Gericht gekippt ist. Und dann kommt eben wieder die nächste. Hauptsache, es muss sich nichts ändern für die US-Geheimdienste und die Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks. Die Nutzer:innen? Nebensache.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge