Das war die Woche in Berlin II: Auf in Runde zwei!
Andrej Holm: Er darf Staatssekretär für Wohnen bleiben, die Koalition wartet die Prüfung seines Falls durch die Humboldt-Universität ab.
Andrej Holm hatte alle Chancen gehabt, in die Geschichte einzugehen: als Berliner Staatssekretär mit der kürzesten Dienstzeit. Der 46-Jährige war gerade vier Tage im Amt, da musste wegen Holms Umgang mit seiner Stasi-Vergangenheit der rot-rot-grüne Koalitionsausschuss zum ersten Mal tagen – auch das dürfte übrigens geschichtsbuchreif sein: Der Regierende Bürgermeister war erst acht Tage zuvor gewählt worden.
Doch der Mietaktivist und Stadtsoziologe Holm überstand überraschend die kontroverse Sitzung am Freitagabend vor einer Woche: Er darf Staatssekretär für Wohnen bleiben, die Koalition wartet die Prüfung seines Falls durch die Humboldt-Universität (HU) ab.
Holm hatte bei seiner Einstellung 2005 an der Uni falsche Angaben gemacht über seine hauptamtliche Stasi-Mitarbeit – und dies nach seiner Ernennung zum Staatssekretär auch zugegeben. Deswegen fragen sich selbst wohlwollende Beobachter, was die HU da überhaupt prüfen will.
Seine Unterstützer nutzen das überraschende Zeitfenster, bis das Ergebnis der Uni feststeht: Gleich mehrere offene Briefe und Aufrufe von namhaften Wissenschaftlern und linken Initiativen wurden in der vergangenen Woche veröffentlicht. Die Berliner Jusos und Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) ergriffen Partei für ihn.
Bausenatorin Lompscher wagte sich weit vor
Holms Chefin, Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke), wagte sich besonders weit vor: Sie hätte ihn wohl auch aufgestellt, wenn sie von Holms hauptamtlicher Stasi-Tätigkeit gewusst hätte, sagte sie der taz am Montag. Und fügte hinzu: „Ich habe Andrej Holm als anerkannten Fachmann für Wohnungs- und Mietenpolitik vorgeschlagen, weil er dazu beitragen kann und will, eine soziale Wohnungspolitik in der Stadt umzusetzen.“ Holms Unterstützer verweisen zudem darauf, dass er bei Beginn seiner viermonatigen Stasi-Karriere erst 18 Jahre alt war.
Die HU will nach Aussage eines Sprechers im Januar eine Entscheidung treffen. Egal, wie die ausfällt: Die Personalie Holm wird, selbst wenn die Zahl der Unterstützer steigt, dann noch einmal eine Belastungsprobe für die junge Koalition werden.
Dass die Atmosphäre zwischen SPD, Linken und Grünen noch lange nicht stimmt, hat das Verhalten einiger Teilnehmer des Koalitionsausschusses gezeigt: Dessen Ablauf war am Sonntag teilweise wortwörtlich in einer Zeitung zu lesen. „Durchgestochen“ heißt das im Journalistenjargon. So was kann tödlich sein für die Zusammenarbeit.
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