: Das Straßenbild
Reklamerezension. Heute: Alternative Lockstoffe
Ein Mann, sagte Ernest Hemingway einmal, ein Mann müsse riechen wie ein Mann. Nun hat Hemingway viel gesagt, wenn der Tag lang und heiß war, zum Beispiel, dass echte Männer echten Rotwein aus echten Wasser-, nicht Weingläsern trinken sollten, wie es etwa in Spanien Sitte ist. Genutzt hat es ihm wenig, wie man weiß. Recht hatte er trotzdem: Ein Mann sollte riechen wie ein Mann, nicht wie eine Douglas-Filiale auf zwei Beinen oder eine frisch ausgewaschene Peepshowkabine.
Wer mit dergestalt gestählten Meinungen durchs Leben und die Stadt geht, der dürfte vor nebenstehendem Plakat kurz gestutzt haben: „MOODS – Ihr Duft ist grenzenlos.“ Wessen Duft? Der von Moods, den angepriesenen Zigarillos? Oder der des Rauchers, wenn er sich eine Moods ansteckt? Und überhaupt: Wird nicht radikal verbellt, wer sich in nichtrauchender Gesellschaft eine Fluppe entzündet? Nicht mit Moods, nein, denn die „macht aus Fremden Freunde“. Was ich nicht wirklich bestätigen kann. Selbst im Raucherwagen des ICE, eine der letzten Bastionen unbekümmerten Genusses, sind Zigarilloraucher alles andere als wohl gelitten. Qualm ja, „Duft“ nein.
Ganz gleich, welches Parfüm sonst noch so im Raum steht – mit Moods ist die olfaktorische Lufthoheit flugs erobert, denn der Tabak überdeckt alles andere. Und riecht ja auch wirklich besser als eine normale Zigarette. Sieht auch besser aus. Aber Freunde? Richtige Freunde? Gewinnt man die nicht eher mit dem verheißungsvollen, schweren Odeur eines fein zerbröselten Schwarzen Afghanen in der Selbstgedrehten? Zuverlässig verdeckt und überlagert wird der Drogenduft eigentlich nur noch von der abseitigsten, exotischsten und dekadentesten Blüte der Rauchkultur: der indonesischen Nelkenzigarette. Die ist zuckerwattensüß, erzeugt Sodbrennen und macht selbst aus Feinden Freunde – wenn man sie endlich ausdrückt. Dagegen kann keine Moods anstinken.
Der einzige mir bekannte bekennende Zigarilloraucher ist übrigens – eine Raucherin. Es handelt sich um eine aparte Journalistin, deren Vorliebe für das elegante Braun sie noch aparter macht. Sie arbeitet in einer Redaktion, wo das Rauchen Pflicht und der Aschenbecher immer voll ist. Zwar ist sie mir keine Fremde, ihr Freund bin ich aber noch nicht geworden – bis jetzt. Vielleicht muss ich mir eine Packung Moods kaufen. Dann können wir uns gegenseitig anduften. Und niemand, der noch bei Geruchssinnen ist, wird es wagen, uns zu stören.
ARNO FRANK
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen