Das Profil linker Gewalttäter: Jung, männlich, nicht vorbestraft

Der Berliner Verfassungsschutz legt ein Studie zu linker Gewalt vor. Demnach schlagen Täter dort zu, wo sie wohnen – in den Stadtteilen Kreuzberg, Friedrichshain und Pankow.

Blockadeversuch am Abend des 1. Mai 2009 in Berlin-Kreuzberg Bild: Reuters

Linke Berliner Gewalttäter sind jung, männlich, selten vorbestraft und recht gebildet. Das zumindest besagt die Studie „Linke Gewalt in Berlin“ des Verfassungsschutzes, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Die Behörde hat darin 835 Gewalttaten, die zwischen 2003 und 2008 von der Polizei als linke, politisch motivierte Taten eingestuft wurden, analysiert. Die Studie war mit Spannung erwartet worden, denn es ist das erste Mal, dass der Verfassungsschutz breites Zahlenmaterial zum Linksextremismus in der Stadt vorlegt.

Mit durchschnittlich 139 linken Gewalttaten pro Jahr belegt Berlin den bundesweiten Spitzenplatz – und übertrifft damit noch rechte Gewalttaten (72 pro Jahr). Mit einem feinen Unterschied: Sind 86 Prozent aller rechten Gewalttaten Körperverletzungen, beträgt dieser Anteil bei Linken 30 Prozent, mit fallender Tendenz. Daneben tut sich die linke Szene vor allem mit Brandstiftungen (28 Prozent) und Landfriedensbruch (27 Prozent) hervor.

Das Profil linker Tatverdächtiger wird in der Studie klar umrissen: Sie sind jung (87 Prozent aller Verdächtigen sind zwischen 18 und 29 Jahre alt), männlich (81 Prozent), nicht vorbestraft (84 Prozent) und zu großen Teilen in Antifa- und Autonomen-Gruppen organisiert. Mit Ausnahme Letzteren weise dieses Profil „Ähnlichkeiten zur unpolitischen Jugendgruppengewalt“ auf. Womöglich spielten deshalb „alters- und geschlechtsspezifische Verhalten eine wichtigere Rolle als die politische Motivation des Täters“, so die Studie.

Die komplette Studie "Linke Gewalt in Berlin" kann man auf den Internetseiten des Berliner Verfassungsschutzes als PDF runterladen.

Auffällig: Immerhin ein Viertel der Tatverdächtigen besitzt Abitur oder befindet sich im Studium – bei rechten Verdächtigen ist das gerade mal bei drei bis fünf Prozent der Fall. Auch werden linke Frauen (19 Prozent) häufiger tatverdächtig als rechte Frauen (7 Prozent). Und: Linke handeln vor allem aus Gruppen heraus – 87 Prozent aller Straftaten kommen so zustande. Das überrascht wenig, finden doch fast die Hälfte aller linken Gewalttaten auf oder im Umfeld von Demonstrationen statt – hier vor allem mittels Stein- und Flaschenwürfen.

Gewalt gibt es vor allem dort, wo die Linken laut Studie auch wohnen, sie ihre Szenetreffpunkte haben und Demos veranstalten: in Friedrichshain (155 Straftaten, hier vor allem rund um die Frankfurter Allee), Kreuzberg (146), Mitte (146) und Prenzlauer Berg (100). Zwei Drittel aller linken Taten werden in diesen vier der insgesamt 92 Stadtteile verübt, die als „verdichtete Räumen linker Gewalt“ bezeichnet werden müssten.

Hinzu kommt Lichtenberg: Hier liegen die Spitzenwerte der Delikte, die sich gegen Rechtsextremismus richten. 55 dieser Taten gab es im Bezirk, immerhin noch 38 waren es in Friedrichshain. Insgesamt wird einem Viertel aller linken Taten eine „gegen rechts“-Motivation zugeschrieben. Rund die Hälfte davon sind Körperverletzungen, in 91 Fällen sogar gefährliche Körperverletzungen. Gezielte Angriffe sind selten – in 82 Prozent der Fälle werden die Opfer zufällig angetroffen.

Bei Institutionen trifft linke Gewalt zu zwei Dritteln die Polizei, zu einem Viertel Wirtschaftsunternehmen. Angriffe gegen Personen überwiegen dabei leicht die Attacken auf Objekte.

Aber auch Auswärtige treiben die Statistik hoch: Bei Demonstrationen wird ein Viertel aller Straftaten von angereisten Nicht-Berlinern begangen. Beim 1. Mai verzeichnet der Verfassungsschutz regen „Krawalltourismus“: Hier gelten die meisten Taten heute als unpolitisch. Nur 79 aller 835 analysierten linken Gewalttaten werden dem 1. Mai zugerechnet.

Wenig erfährt der Leser hingegen über das momentan brennendste Problem in der Stadt: die Autobrandstiftungen. 268 politisch motivierte Brandanschläge hat es zwischen 2003 und 2008 gegeben, überwiegend in Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte und Pankow – mit sprunghaftem Anstieg seit 2007. Die Hälfte der Anschläge traf Autos und Gebäude von Unternehmen, die andere Hälfte fast immer Privat-PKW. Die Zahlen sind aber bereits Makulatur: Denn allein in diesem Jahr gab es bisher 128 politisch motivierte Autobrandstiftungen. Geschnappt wurden bis Ende 2008 lediglich 18 Tatverdächtige. Es sei von einem „nicht geschlossenen Täterkreis“ und einigen „Trittbrettfahrern“ auszugehen, heißt es lediglich.

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