Das Portrait: Die Frau gegen McCarthy
■ Margaret Chase Smith
Margaret Chase Smith, erste Frau im US-Senat Foto: taz-Archiv
Nicht Madeleine Albright, nicht Hillary Clinton sind die mächtigsten US-Politikerinnen aller Zeiten. Dies war Margaret Chase Smith, die gestern vor 100 Jahren, am 14. Dezember 1897, in Maine an der Nordostküste der USA geboren wurde – 23 Jahre, bevor Frauen das Wahlrecht bekamen.
Sie wurde 1948 als erste Frau in den Senat gewählt. Sie ist die Frau mit dem längsten Mandat im Kongreß: 32 Jahre, davon 8 im Repräsentantenhaus und 24 im Senat. Sie nahm als Verteidigungsexpertin nachhaltigen Einfluß auf die Politik ihres Landes. Präsident Eisenhower nannte sie seinen bevorzugten Senator, ihr berühmt-berüchtigter Kollege, der antikommunistische Hexenaustreiber Joe McCarthy nannte sie den Beweis, daß Frauen nicht in die Politik gehen sollten und daß es zu viele Frauen im Senat gäbe – sie war die einzige.
McCarthy hatte allen Anlaß, Smith zu hassen. Zwar war sie, wie er, eine konservative Republikanerin und eine harte Antikommunistin. Aber zugleich besaß sie Unabhängigkeit und den Mut, für ihre Überzeugung einzustehen. Am 1. Juni 1950 erhob sie sich im Senat und sicherte sich mit ihrer „Declaration of Conscience“ ihren Platz in der Geschichte: „Ich rede als Republikanerin“, begann sie, „Ich rede als Frau. Ich rede als Senatorin. Ich rede als Amerikanerin.“ Ihre Partei sollte nicht „zum politischen Sieg als die vier Apokalyptischen Reiter der Verleumdung reiten – Furcht, Unwissenheit, Engstirnigkeit und Denunziation“. Dann griff sie direkt diejenigen an, die aus der Sicherheit des Senates heraus, „die Prinzipien mißachten, die uns zu Amerikanern machen: das Recht, zu kritisieren; das Recht, unpopuläre Meinungen zu vertreten; das Recht, zu protestieren, und das Recht zum unabhängigen Denken“.
Jeder wußte, wer gemeint war. McCarthy stürmte aus dem Sitzungssaal und versuchte in den folgenden Jahren, Margaret Smith politisch zu zerstören. Es gelang ihm nicht. 1954 wurde sie gegen eine Marionette McCarthys triumphal wieder nominiert, und einen Tag nach dieser Vorwahl erwachten auch ihre männlichen Kollegen. McCarthy wurde zum verachteten Outsider im Senat.
Als Margaret Smith 1972 einem Demokraten unterlag, widmete sie sich dem Aufbau einer nach ihr benannten Bibliothek sowie Vorlesungen und Reden. Am 29. Mai 1995 starb sie mit 97 Jahren. Michael Dreyer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen