Das Amt des Hohen Repräsentanten: Ein Relikt des Bosnienkrieges
Mit dem Posten soll der Frieden in Bosnien und Herzegowina gewahrt werden. Denn die Zentralregierung in Sarajevo hat kaum Macht.
Die Außengrenzen des Landes wurden zwar durch die internationalen Mächte garantiert, damit Serbien und Kroatien sich „ihre“ Gebiete nicht einverleiben. Der Gesamtstaat wurde allerdings schwach gehalten. Die Zentralregierung in Sarajevo hat kaum Macht. Mehr Macht haben die Regierungen der Entitäten. Hinzu kommen noch die „Völkerkammern“, die jegliche Gesetze der Parlamente stoppen können.
Um den Friedensprozess zu überwachen, gaben sich die Garantiemächte von Dayton den Peace Implementation Council (PIC) mit über 50 Mitgliedern, der den Hohen Repräsentanten der Internationalen Gemeinschaft bestellt und unterstützt, als eine Art Aufseher über den Gesamtstaat. Der Hohe Repräsentant wurde mit den sogenannten Bonn-Vollmachten ausgestattet, die es ihm ermöglichen, Gesetze per eigener Vollmacht durchzusetzen. Er kann Entscheidungen der Parlamente korrigieren und Politiker absetzen. Doch zuletzt hat der Hohe Repräsentant stark an Einfluss verloren. Serbische Nationalisten fordern, den serbischen Teilstaat an Serbien anzugliedern. Kroatische und serbische Nationalisten blockieren seit Jahren jegliche gemeinsame Gesetzgebung.
Die Teilung steht auch im Friedensvertrag
Historisch war Bosnien seit Jahrhunderten multiethnisch und multireligiös. Jahrhundertelang lebten Katholiken, Orthodoxe, Juden und Muslime zumeist friedlich zusammen. Im Zweiten Weltkrieg kämpften antifaschistische Serben, Kroaten und Muslime gemeinsam und bestätigten nach dem Sieg 1945 den multinationalen Charakter der Republik Bosnien-Herzegowina. Aber mit dem Zerfall Jugoslawiens in Nationalstaaten ab 1991 beanspruchten serbische und kroatische Nationalisten die Alleinkontrolle.
Zunächst besetzten 1992 serbische Truppen große Teile Bosniens und vertrieben die nichtserbische Bevölkerung, vor allem die muslimische (bosniakische) Mehrheit. Ab 1993 gingen Kroaten ähnlich gegen Nichtkroaten vor. Den ethnischen Säuberungen fielen insgesamt mehr als 100.000 Menschen zum Opfer. Der Frieden von Dayton beendete den Krieg, aber schrieb die ethnische Teilung fest.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos