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Daniel Bax über den „Beraterkreis politischer Islam“Dobrindts Kampfansage

Die Union will den Kulturkampf. Das zeigt die Neubesetzung des „Expertengremiums“, das Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) künftig im „Kampf gegen Islamismus“ beraten soll. Dobrindt hat dieses Gremium komplett ausgetauscht beziehungsweise etablierte Namen durch eine ganze Reihe umstrittener Figuren ersetzt, von denen sich viele auf dem Feld der „Islamkrititik“ einen Namen gemacht haben. Dabei handelt es sich in der Regel um pseudoaufklärerisch verbrämte Ressentiments. Nicht nur Radikale – die meisten Muslime dürften diese Personalien deshalb als Kampfansage verstehen.

Bereits die Begriffe „Islamismus“ und „politischer Islam“ sind fragwürdig und in der Wissenschaft umstritten. Denn für Extremisten, die sich auf andere Religionen berufen, gibt es keine vergleichbaren Bezeichnungen, obwohl die Phänomene vergleichbar sind.

Mit dem Begriff Islamismus werden Terroristen, die sich auf den Islam berufen, mit konservativen Muslimen in einen Topf geworfen, die zwar gesellschaftspolitisch konservative Überzeugungen vertreten, aber Gewalt ablehnen. Neue Wortschöpfungen wie „legalistischer Islamismus“ ebnen diese Unterschiede erst recht ein. Der Weg zur Verschwörungstheorie ist da oft nicht weit: etwa, wenn die Publizistin und Neuköllner Integrationsbeauftragte Güner Balcı ohne jeden Beleg öffentlich raunt, die SPD sei „durch Islamisten unterwandert“. Oder wenn der Bestsellerautor Ahmed Mansour jede Gelegenheit nutzt, um Alarmismus zu verbreiten – und viel Geld mit „Präventionsprojekten“ verdient, die keiner wissenschaftlichen Prüfung standhalten, wie Correctiv jüngst in einer Recherche nachwies.

Selbstverständlich braucht es Strategien und Maßnahmen gegen religiöse Radikalisierung. Der Kampf gegen Extremisten kann aber nur mit der Mehrheit der Muslime geführt werden – nicht gegen sie. Der Konfrontationskurs dieser Regierung wird gesellschaftliche Spannungen dagegen nur verstärken.

tagesthema

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