Dänische Probe aufs Exempel: Der Klimabürgerrat hat geliefert
In Dänemark hat der Zusammenschluss von 99 zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern die ersten Ergebnisse vorgestellt.
Es ist eine Mischung geworden. Teils bekannte Forderungen, wie die nach Einführung einer CO2-Abgabe, der Elektrifizierung aller öffentlichen Verkehrsmittel oder einer Begrenzung der Fleischproduktion in der Landwirtschaft und einer Renaturierung und Wiederbenässung von landwirtschaftlich genutzten Flächen. Aber auch weniger diskutierte Ideen: Klima als Unterrichtsfach schon in der Volksschule oder ein reformiertes Mülltrennungs- und Recyclingkonzept, das eine laufende Information der Öffentlichkeit über praktische Wirkungsweisen und Effekte umfassen soll.
Gleich ob von ExpertInnen und PolitikerInnen schon länger debattierte Vorschläge oder neue Ansätze, sagt der Kopenhagener Soziologe Anders Blok: Entscheidend sei, dass diese Ideen eine größere Legitimität bekommen könnten, wenn sie erst „den Drucktest in dieser Miniöffentlichkeit durchlaufen“ hätten, die der Bürgerrat sei, und sich damit deren Resonanz in einer breiteren Bevölkerungsgruppe zeige. Was insgesamt auffalle, sei der Appell an die PolitikerInnen: Seid mutiger, lasst euch davon leiten, was notwendig ist, und schielt nicht immer auf die nächsten Wahlen.
Besser ausgebildete Beteiligte sind überpräsentiert
„Beeindruckt von den guten und sorgfältig erarbeitenden Vorschlägen“ zeigte sich Dänemarks sozialdemokratischer Klimaminister Dan Jørgensen, als er den 96-seitigen Vorschlagskatalog entgegennahm. Jørgensen war es auch, der im Sommer 2020 das schon länger diskutierte Projekt eines Klimabürgerrats als Teil des dänischen Klimagesetzes verwirklichte. Hierzu war erst eine zufällige Auswahl von 5.000 Menschen kontaktiert worden. Aus den positiven Rückmeldungen wurden dann 99 Personen ausgesucht, die einen möglichst repräsentativen Ausschnitt der Bevölkerung widerspiegeln sollten. Beim Alter und der regionalen Verteilung klappte das gut, der besser ausgebildete Bevölkerungsteil ist aber mit 24 Prozent doppelt so stark repräsentiert, wie es dem Bevölkerungsdurchschnitt entspräche.
Jetzt muss sich zeigen, was die Politik mit den Empfehlungen anfängt. Minister Jørgensen versprach, die Vorschläge in die Überlegungen zu neuen klimapolitischen Maßnahmen, die Regierung und Parlament im Sommer beschließen wollen, „einfließen zu lassen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen