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DIY im MuseumEinladung zum Selbst-Machen

Mit einem TechLab will das Technikmuseum Be­su­che­r*in­nen Lasercutter und 3D-Drucker näher bringen. Die Geräte seien inzwischen leicht zu bedienen.

Ein Lasercutter bei der Arbeit Foto: Uta Schleiermacher

BERLIN taz | Es riecht ein bisschen nach Lagerfeuer aus dem meterbreiten Lasercutter. Das liegt daran, dass die Maschine zuvor Formen aus einer Sperrholzplatte geschnitten hat. Die Räucheraromen von verschmortem Holz hängen noch im Material. Der kleinere Cutter daneben graviert währenddessen Muster in runde Holzplättchen. Bearbeiten könnten sie auch Plexiglas, Textilien oder Gummi. Die beiden Lasercutter sind die größten Maschinen im neuen TechLab des Technikmuseums. Und wie die dort ausgestellten 3D-Drucker, die Fräse und Schraubenzieher, sie sind explizit dafür da, dass Besuche­r*in­nen mit ihnen arbeiten.

Wer also dringend einen Plastikring als Ersatzteil braucht oder sich eine Handyhalterung bauen will, der kann mit diesem Anliegen nun ins Museum gehen. Interessierte sollen hier lernen, Dinge selbst zu entwerfen und herzustellen, und sich dazu anregen lassen, über die Zukunft der Produktion nachzudenken, sagt Nora Thorade. Sie ist Technik-Historikerin und leitet den Bereich Handwerk und Produktion am Technikmuseum. „Wir wollen hier auch zeigen: Reparieren ist sinnvoll und macht Spaß“, sagt sie. Was Reparieren bedeutet, das habe sich historisch geändert. „Lange ging es darum, Sachen zu flicken. Doch in der Moderne haben die Menschen angefangen, Ersatzteile herzustellen.“

Sogenannte FabLabs (dt. etwa: Laboratorien für Herstellung) entwickeln diese Idee weiter, erklärt Thorade. Sie sind vor rund 20 Jahren entstanden und gehen zurück auf einen Kurs an der Elite-Universität MIT in Boston. Der Titel war „How to Make (Almost) Anything“, also: „Wie Sie (fast) alles selbst herstellen“. „Es wurde der am meisten besuchte Kurs am MIT“, sagt Thorade. Daraus entstanden Werkstätten, teils an Unis, Schulen oder in Bibliotheken, in denen je­de*r Teile ausschneiden oder mit 3D-Druckern herstellen kann. Diese FabLabs sind global vernetzt und teilen ihre Anleitungen. „Sie nutzen dabei aber lokale Materialien und Ressourcen“, sagt Thorade. Damit würden sie Lieferketten im Prinzip ausschalten. „Das hat schon was Utopisches“, findet die Historikerin.

Das TechLab bringt diese Idee nun zum ersten Mal ins Museum. Finanziert wird es vom Förderverein des Technikmuseums. Die Idee hatten sie nach einer extrem erfolgreichen Ausstellung übers Reparieren vor etwa zwei Jahren. Ab Mai bietet das Museum auch Workshops im Reparieren, Entwerfen und Upcyceln für Schulklassen an. „Vor dem 3D-Druck kommt das Gestalten mit der Software“, sagt Marcel Jahre vom Technikmuseum. Doch auch die seien inzwischen leicht zu bedienen. Dafür wollen sie im Technikmuseum nun die Hemmschwelle nehmen – und gern als Türöffner für andere FabLabs in der Umgebung dienen.

Lösungen für Krisegebiete

„Wir fragen uns hier: Können solche Ideen dazu beitragen, dass Wissen gerechter verteilt wird? Können sie in Krisen Lösungen anbieten? Und verbessern sie Reparierbarkeit von Alltagsgegenständen?“, sagt Thorade.

Beispiele für lokalen Anwendungen sind etwa 3D-Drucker, mit denen Zi­vi­lis­t*in­nen in der Ukraine Bauteile für Drohnen in ihrem Wohnzimmer produzieren und zusammensetzen. Im Projekt Tolocar wiederum fährt ein mobiles FabLab durch die Ukraine. So können sich Menschen, die alles verloren haben, mit solchen Techniken wieder etwas aufbauen. „An solchen Beispielen zeigt sich, wie die Idee der FabLabs Hilfe zur Selbsthilfe bietet, auch in Situationen, wo Infrastruktur nicht mehr verfügbar ist“, sagt die Historikerin Thorade.

Daniele Ingrassia hat die Lasercutter, die jetzt im Technikmuseum stehen, selbst entworfen und gebaut. Auch er sagt, dass sie etwa nützlich seien, um in Kriegsgebieten Ersatzteile herzustellen, aber auch im zivilen Wiederaufbau. Auch seine Geräte würden für Tolocar in der Ukraine genutzt. Seine in Hamburg ansässige Firma wiederum werde auch von der Universität der Bundeswehr gefördert. Doch profitieren würden alle, betont er: Die Anleitungen seien frei verfügbar, jeder könne sich mit Teilen aus dem Baumarkt einen eigenen Lasercutter bauen. „Und sie lernen dabei noch eine ganze Menge“, sagt er.

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