piwik no script img

DFB-Team fährt zur WM 2026Wieder ganz groß

Die DFB-Elf qualifiziert sich nach einem furiosen Spiel gegen die Slowakei für die WM 2026 – und macht all die dürftigen Auftritte davor vergessen.

Eleganz und Wucht vereint: Der zuvor stark kritisierte Leroy Sané erzielt das 4:0 Foto: Christian Charisius/dpa

Es gibt wohl kaum eine deutsche Organisation, die so große Stimmungsschwankungen auslösen kann wie die DFB-Auswahl. So war es dann auch am Montag in Leipzig. „Es war ein geiler Auftritt von unserer Mannschaft“, fasste Serge Gnabry den Abend zusammen und prognostizierte: „Wenn wir so spielen wie heute, dann haben wir Chancen, etwas Großes zu erreichen.“

Gewiss, während die ganze WM-Qualifikationsphase als unerwartete Zitterpartie bezeichnet werden kann, war diese letzte sportliche Auseinandersetzung mit der Slowakei um ein direktes Ticket zur Weltmeisterschaft hoffnungsspendend. Beim 6:0-Kantersieg überzeugte das Team von Julian Nagelsmann in aller Deutlichkeit – erstmals in den vergangenen Monaten. Trotz des massiven Drucks und der turmhohen Erwartungen, die auf dem Team lasteten.

„Wenn wir so spielen wie heute, ist es egal, ob der 46. der Weltrangliste kommt oder der 1. Dann können wir jeden Gegner schlagen. Wir sind immer noch Deutschland. Wir wollen etwas erreichen. Ich will zur WM fahren, um das Ding zu gewinnen“, erklärte demonstrativ breitbrüstig Nico Schlotterbeck. Gefühlt ist Deutschland fast schon wieder Weltmeister.

Wenige Tage ist es erst her, da präsentierte Nagelsmann sein Team noch als fragiles Gebilde. Nach der verkrampften torlosen ersten Hälfte gegen Luxemburg erklärte er, eine rein sachliche Halbzeitansprache gewählt zu haben, weil es seinem Eindruck nach „die Mannschaft gerade nicht verträgt, wenn man super draufhaut“. Schon nach der 0:2-Auftaktniederlage der WM-Qualifikation in der Slowakei warfen etliche Expertinnen und Experten die Frage auf, ob sich diese DFB-Elf überhaupt einen Platz für das WM-Turnier in den USA, Kanada und Mexiko ergattern könne.

Perfektes Gegenpressing

Nun ist die DFB-Elf wie 47 andere Nationen im Lostopf, wenn darin am 5. Dezember im John F. Kennedy Center for the Performing Arts in Washington gerührt wird, und wird doch wieder für eine ganz besondere Loskugel gehalten. Zumindest kurzzeitig sind die Debatten vergessen, ob es nicht den 40-jährigen Manuel Neuer wieder im Tor braucht, um wettbewerbsfähig sein zu können.

Beeindruckend war fraglos, wie das angezählte deutsche Team von der ersten Minute an forsch die Slowaken kaum aus ihrer eigenen Hälfte kommen ließ und bei Ballverlust umgehend ein nahezu perfektes Gegenpressing spielte. Besonders beeindruckend war der vitale Auftritt des vom eigenen Trainer exklusiv angezählten Leroy Sané, dessen zuweilen etwas lethargischere Phasen deutsche Fans zur Weißglut bringen. Weil er zudem noch zwei Treffer erzielte und gegen Luxemburg einer der wenigen Spieler war, die überzeugten, ist er dem WM-Kader in Abwesenheit der verletzten Spieler Jamal Musiala und Kai Havertz deutlich näher gerückt.

Ganz neu in diesen Kandidatenkreis spielte sich der 19-jährige Assan Ouédraogo hinein, der bei seinem Länderspieldebüt nur 114 Sekunden nach seiner Einwechslung den sechsten deutschen Treffer erzielte.

An Weltklassespielern mangelt es Julian Nagelsmann etwa im Vergleich zu Spanien und Frankreich, aber im gehobenen Segment dahinter tut sich eine Breite auf, die dem Bundestrainer noch Kopfzerbrechen bereiten dürfte. Wohin etwa mit dem allgegenwärtigen Serge Gnabry, der sich in den vergangenen Monaten dank einer bis dahin ungekannten Konstanz einen Stammplatz erarbeitete? Weil Nagelsmann eh gerade auf das Selbstbewusstsein der Profis vom FC Bayern setzte, musste Angelo Stiller trotz guter Auftritte beim VfB Stuttgart dieses Mal von zu Hause aus zuschauen. Schließlich hatte Nagelsman noch Felix Nmecha auf der Bank.

Auch das bald zu erwartende Comeback von Antonio Rüdiger wird den Konkurrenzkampf in der Defensive verschärfen. Vorerst müssen sich die Nationalspieler über ihre Vereine empfehlen. Das nächste Länderspiel findet erst am 30. März gegen die Elfenbeinküste statt. Zudem ist bereits ein Test gegen Finnland (31. Mai) terminiert. Von einer eingespielten Nationalelf mit einem klaren Gerüst kann man bislang nicht sprechen. Und spätestens nach einer Niederlage gegen Finnland würde vermutlich die Debatte eröffnet werden, ob dieses Team überhaupt die WM-Vorrunde überstehen kann.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Gegen die Weltklasse der Slowakei wahrlich ein überzeugender Auftritt. Ein Jammer, dass das nächste Woche schon wieder vergessen ist.