DDR-Spionage: Die Stasi war scharf auf Waffen

Die DDR-Staatssicherheit interessierte sich für Bremen als Rüstungsschmiede. Der Spitzel mit dem höchsten gesellschaftlichen Rang war BSAG-Vorstand.

Sehr interessiert war die Stasi an Rüstungsprojekten aus Bremen, etwa Bestandteilen von Kriegsschiffen. Bild: DPA

Stasi in Bremen – das Thema hätte vor 20 Jahren große Säle gefüllt. Am Donnerstagabend war immerhin der Vortragsraum der Konrad-Adenauer-Stiftung überfüllt, als Helmut Müller-Enbergs von der Stasi-Unterlagenbehörde in Berlin auspackte. Sein überraschendes Fazit: Die Staatssicherheit der DDR hat sich in Bremen vor allem für die Rüstungs-Technologie interessiert. „Wie in einem Otto-Warenhauskatalog“ hätten DDR-Firmen Unterlagen über moderne Technologie-Entwicklungen bei der Stasi bestellt – und die lieferte.

Das ging so weit, dass die Stasi auflistete, welche Firmen die gewünschte Technik anboten – und danach entschied, wo man am besten zugreifen konnte. „Otto“ ist der Deckname eines Maulwurfs bei Atlas Elektronik, Jahrgang 1942. In den Jahren 1987 bis 1989 – dem Ende des Stasi-Regimes der DDR – notierte die Stasi 43 wertvolle Lieferungen von geheimen Rüstungsdokumenten. Pläne für ein „Feuerleitsystem für Kampfpanzer“ waren dabei, Minenräumungssysteme, Meerwasserentsalzungsanlagen, es ging um Techniken der „Ortung von Artilleriewaffen“ und Sensoren für Boden-Boden-Raketen.

Was die Stasi im Detail erhielt, wissen die Forscher nicht – die Stasi-Unterlagen für die West-Aufklärung wurden in den Monaten nach dem November 1989 zerrissen. 16.000 Säcke mit Papierschnitzeln warten in Berlin darauf, wieder zusammengesetzt zu werden. Offenbar taten die Abwehr-Systeme der westdeutschen Rüstungsfirmen und der Verfassungsschutz sich schwer, die Stasi-Spitzel zu enttarnen. Umgekehrt „bediente“ die Stasi die Agenten des Bundesnachrichtendienstes mit vermeintlichen Quellen in der DDR – 1989 musste der BND entsetzt feststellen, dass die meisten seiner DDR-Spione sich ihm im Auftrag der Stasi angedient hatten.

Um nicht ins Visier des Verfassungsschutzes zu geraten, mussten die Stasi-Agenten auch in Bremen – 1989 waren noch 21 „aktiv“ – jeden Verdacht vermeiden, dass sie irgendwie besonders „links“ seien. Ihre linken „Freunde“ ließ die DDR nicht bei der Staatssicherheit berichten, sondern in den SED-Schwesterbezirken, die ihre West-Genossen sehr intensiv „betreuten“.

Klarnamen wollte Müller-Enbergs nicht nennen – zu viele Betroffene bis hin zu Manfred Stolpe haben schon dagegen prozessiert und die Beweislage ist schwierig, wenn es nur eine Karteikarte gibt. Der Uni-Pressesprecher Wolfgang Schmitz (Tarnname „Mönch“) war sogar Agentenführer. Die Universität hatte die Stasi im Blick, um dort neue Mitarbeiter zu rekrutieren.

Kaum interessiert war die Stasi offenbar an den politischen Vorgängen in Bremen, und das, was ihre „Quellen“ lieferten, scheint auch nicht besonders aufregend gewesen zu sein – die „Quellen“ erhielten deutlich weniger gute Noten als „Otto“ von Atlas Elektronik. Mit Ausnahme vielleicht des SPD-Sprechers Werner Herminghaus, der jahrelang lieferte – nach seiner Enttarnung wurde er Pressesprecher der Linkspartei PDS.

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