piwik no script img

DAS BAFÖG-KONZEPT DER FDP STAMMT VOM DEUTSCHEN STUDENTENWERKFremde Lorbeeren

Cornelia Pieper wird gerne als eines jener Politsternchen präsentiert, die der FDP den Weg leuchten könnten – nicht etwa in Richtung historischer Abgrund, sondern alsbald wieder zur Macht. Gestern hat Frau Pieper diese hoffnungsfrohe Porträtierung vollauf gerechtfertigt. Sie hat im Bundestag ein durchdachtes Konzept für das marode Bafög so vorgetragen, dass man meinen konnte, es stamme von der FDP. Was falsch ist.

In Wahrheit hat Piepers „Bafög für alle“ mit der FDP nur in einer Hinsicht zu tun: Liberale Exbundesbildungsminister wie Jürgen Möllemann oder Rainer Ortleb sind dafür verantwortlich, dass heute nur noch ein Fünftel der Studierenden beim Studium staatlich unterstützt wird. Den Hochschulen bereitet das einige Probleme: Eine Vielzahl ihrer Studis ist mehr mit dem Geldverdienen befasst als mit dem Studium. Ein Bafög für alle, das so genannte Drei-Körbe-Modell des Deutschen Studentenwerks, könnte dem abhelfen. Zudem würde so die Reform der Unis erleichtert, weil diese ihr Ausbildungsangebot endlich wieder auf Vollzeitkräfte ausrichten könnten und nicht auf Jobber.

Schuld daran, dass das nicht so klappen wird, ist die SPD. Die macht es gerade umgekehrt wie die FDP-Pieperin: Die Spezialdemokraten verleugnen jenes Drei-Körbe-Modell, das das Bafög revolutioniert hätte – obwohl sie es doch immer wieder koalitionsvereinbart und regierungserklärt hatten. Gestern machte die SPD gar das Bundesverfassungsgericht verantwortlich, weil deren Richter die elternunabhängig bezahlte Studienförderung verunmöglicht hätten. Auch das war geschwindelt. Denn verantwortlich dafür, dass die große Bafög-Reform nicht zustande kam, ist allein der Kanzler.

Es war Gerhard Schröder, der die teure Reform verhindert hat – mit dem Hinweis, die Eigenheimfinanzierung der Eltern sei ihm wichtiger als die des Studiums. Auf mittlere Sicht mag das politisch dumm gewesen sein. Für die Tagespolitik hat der Kanzler damit jedoch zweifellos einen in der Bevölkerung weit verbreiteten Konsens wiedergegeben: Alles ist wichtig, bloß die lahmen Studis sind es nicht. Auch das war populistisch. Aber Schröder hat einen Vorteil: Er musste für seinen Populismus nicht lügen. CHRISTIAN FÜLLER

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen