Coronapolitik in Italien: Keine Zeit für Spielchen
Italien steht vor weiteren harten Coronamaßnahmen. Schuldzuweisungen aus den Regionen weiß Ministerpräsident Conte zu verhindern.
D as muss man Giuseppe Conte erst mal nachmachen: Da verkündet der italienische Ministerpräsident am Montag vor dem Parlament einen ganzen Strauß weiterer harter Restriktionen für Bürger*innen und Gewerbetreibende. Und schafft es, nicht ein Mal das Wort Lockdown in den Mund zu nehmen.
Dabei wird für das ganze Land wenigstens eine nächtliche Ausgangssperre gelten, wahrscheinlich von 21 Uhr bis 6 Uhr. Wer dann noch vor die Tür will, muss, wie im Frühjahr, wieder eine Selbstbescheinigung mit sich führen, auf der er die „triftigen Gründe“ erläutert. Künftig sollen ganze Städte, Provinzen, Regionen automatisch in den Lockdown geschickt werden, sobald sie wichtige Parameter bei der Infektionskurve und der Überlastung der Krankenhäuser überschreiten.
Wie dramatisch die Lage ist, beschrieb Conte nur zu klar. Noch Anfang Oktober konnte es scheinen, als ob Italien diesmal ein Drama erspart bleiben könnte. Doch dann schoss die Zahl der täglichen Neuinfektionen raketengleich nach oben, auf nunmehr über 30.000.
Klar war deshalb, dass es jetzt einschneidender Maßnahmen bedurfte. Bizarr jedoch ist die Tatsache, dass diverse Regionspräsidenten, die sonst immer auf ihre Autonomie pochen, jetzt eine „nationale Lösung“ fordern. Vorneweg Attilio Fontana, rechter Lega-Politiker und Präsident der Lombardei, die erneut am härtesten von der Pandemie getroffen ist, würde so gerne der Zentralregierung den Schwarzen Peter für die Zumutungen zuschieben, die jetzt wieder auf die Bürger*innen zukommen.
Keine nationale Lösung, wohl aber ein nationales, auf klaren Kriterien basierendes Raster für lokale Lösungen: Auf diese Weise hat Giuseppe Conte das verantwortungslose Spiel der zum Großteil von der Rechten kommenden Regionspräsidenten durchkreuzt. Und er hat einen weiteren wichtigen Pflock im Kampf gegen Corona eingeschlagen. Die jeweiligen Differenzen in der Antwort auf die Coronakrise hängen nicht mehr vom Kalkül der Regionspräsidenten ab, sondern von der unterschiedlichen Entwicklung der Pandemie in den Regionen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!