Testpflicht für Einreisende aus China: Kein bisschen Panik in Italien

In Italien müssen Einreisende aus China einen Coronatest vorweisen – dennoc tickt das Land heute anders als 2020. Die EU berät am Mittwoch darüber.

Ein Mädchen mit Mundschutz lehnt an einem Absperrband

Eine halbgare Lösung: Nur wer aus China per Direktflug nach Italien kommt wird auf Corona getestet Foto: Jennifer Lorenzini/reuters

ROM taz | Wer immer aus Peking oder Schanghai nach Italien einfliegt, muss entweder einen noch in China durchgeführten aktuellen Covidtest vorweisen oder aber sich unmittelbar nach der Ankunft testen lassen. Italien war das erste Land in Europa, das verpflichtende Covidtests für alle verfügte, die per Flugzeug aus dem neuen globalen Coronahotspot China einreisen. Eine entsprechende Verordnung erließ der Gesundheitsminister Orazio Schillaci am 28. Dezember.

Aufgeschreckt hatte die Regierung in Rom das Ergebnis der Tests, die die Regionalregierung der Lombardei am Vortag bei den Passagieren von zwei in Mailand-Malpensa eingetroffenen Flugzeugen aus China hatte durchführen lassen: Stolze 50 Prozent waren infiziert.

Italien als erstes Land in Europa bei entschlossenen Anticovidmaßnahmen – hatten wir das nicht schon einmal? Ende Januar 2020 traten in Rom die ersten beiden Covid-19-Fälle auf, bei einem älteren chinesischen Ehepaar, das auf Italienreise unterwegs war. Sofort reagierte die damalige Regierung unter dem Ministerpräsidenten Giuseppe Conte, getragen von einer Koalition aus den Fünf Sternen und der gemäßigt linken Partito Democratico. Alle Flugverbindungen von und nach China wurden umgehend eingestellt.

Erst recht aber nahm Italien die europäische Vorreiterrolle ein, als dann am 20. Februar 2020 die Pandemie in Norditalien ausbrach und schnell auch die ersten Toten zu beklagen waren. Europa rieb sich die Augen: Da wurde, fast von einem Tag auf den anderen, ein ganzes Land dicht gemacht. Am 10. März kam der landesweite Lockdown. Und was Italien erlebte, war nicht bloß – wie etwa in Deutschland – eine Kontaktbeschränkung, sondern eine echte Ausgangssperre.

Corona-Regeln unter der Postfaschistin Giorgia Meloni

Jetzt also, nach knapp drei Jahren, ein Déjà-vu? Nicht ganz. Abgesehen von den Pflichttests für aus China Einreisende nämlich geht die Rechtsregierung unter Giorgia Meloni exakt in die entgegengesetzte Richtung. Ausgerechnet zum 1. Januar hat sie so gut wie alle Coronamaßnahmen fast auf null gedreht. Das beginnt bei der Quarantäne für positiv Getestete. Die dauert nur noch fünf Tage, und wer wieder raus will, braucht dafür keinen Negativtest mehr; es reicht, dass er oder sie sich selbst für symptomfrei hält. Auch die Ärzt*innen, die sich der Impfpflicht widersetzt hatten und deshalb ohne Bezahlung vom Dienst suspendiert worden waren, dürfen jetzt wieder, auch ungeimpft, an ihre Arbeitsplätze zurück.

Angesichts der Lockerung der Covid-19-Beschränkungen in China haben einige Experten die Sorge geäußert, dass die Wahrscheinlichkeit einer Mutation des Virus höher wird. Insgesamt 9 Untervarianten von Omikron sind in China im Umlauf. Das Land hat einen Arbeitsplan zur Überwachung der neuen Coronavirusvariantenstämme: drei „Sentinel-Krankenhäuser“ übernehmen die Überwachung, Kontrolle und Behandlung von Epidemien und Infektionskrankheiten in jeder Provinz. Jedes Sentinel-Krankenhaus erfasst jede Woche 15 Proben in Ambulanzen und Notaufnahmen, 10 schwere Fälle und alle tödlichen Fälle für die Genomsequenzierung und –analyse. Peking rückte Anfang Dezember radikal von seiner strengen Null-Covid-Politik ab. Seither hat das Land die meisten Coronabeschränkungen aufgehoben und die Zahl der Corona-Infektionen steigt massiv. Das Ende der Quarantänepflicht für Rückkehrer aus dem Ausland löste einen Ansturm auf Flugtickets aus. (ots, afp)

Popularitätsverluste muss Meloni deshalb nicht befürchten. Denn anders als 2020 herrscht gegenwärtig kein bisschen Panik in Italien, daran haben auch die Meldungen aus China nichts geändert. Zwar sterben weiterhin rund 100 Menschen täglich an oder mit Corona, doch die Lage in den Krankenhäusern, auf den Normal- ebenso wie den Intensivstationen, ist völlig entspannt. Meloni hatte schon im Wahlkampf, im letzten September, immer wieder gegen die Vorgängerregierungen unter Conte und dann unter Mario Draghi polemisiert. Sie warf ihnen „chinesische Methoden“ vor und meinte damit die Lockdowns und Vorschriften wie die 3G-Regeln und Impfpflicht für Medizinisches- und Sicherheitspersonal und für über 50-Jährige sowie die umfassende Maskenpflicht.

Von ihrem weichen Kurs weicht Meloni auch jetzt nicht ab. Selbst die Pflichttests für aus China Einreisende sind eine halb gare Lösung: Wer immer nicht per Direktflug kommt, sondern in einem Drittland umgestiegen ist, wird gar nicht erfasst. Bestätigt fühlen darf sich die Regierungschefin auch von den ersten Sequenzierungen der Tests, die in den letzten Tagen durchgeführt wurden. Vorerst hat sich die Befürchtung nicht bestätigt, aus China könnten neue Varianten hereinschwappen. Durch die Bank wurden bloß die diversen Omikronvarianten festgestellt, die auch jetzt schon in Europa zirkulieren.

Weltweit haben in den letzten Tagen mehrere Länder neue Regeln für Einreisende eingeführt. Am Mittwoch wollen Vertreter der EU-Staaten über eine einheitliche Reaktion auf die Coronaviruswelle in China beraten.

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