Coronapandemie in Frankreich: Fast eine Impfpflicht
In Frankreich wird der sogenannte Gesundheitspass zum Impfausweis. Ein negativer Test genügt künftig nicht mehr, um ein Café oder Kino zu besuchen.
Zusätzlich darf in den betroffenen Lokalen oder Verkehrsmitteln der Personalausweis kontrolliert werden. Die Prüfung der Identität kann aber aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht systematisch angeordnet werden. Sie erschien den Behörden dennoch als notwendig, weil zu viele Franzosen und Französinnen auf ihren Mobiltelefonen oder in Papierform Zertifikate anderer Personen vorgewiesen haben, ohne dass diese wirklich geprüft werden konnten. Laut einer Schätzung des Innenministeriums zirkulierten Ende 2021 rund 400.000 gefälschte „Gesundheitspässe“.
Mit den neuen Regelungen wird für alle über 16-Jährigen die vollständige Impfung zur Voraussetzung für dieses Zertifikat. Seit 16. Januar ist zudem für die über 18-Jährigen eine Booster-Impfung sieben Monate nach der zweiten Injektion – und ab 15. Februar vier Monate danach – erforderlich. Das kommt einer allgemeinen Impfpflicht schon verdächtig nahe.
Eine Ausnahme wird indes weiterhin gemacht für Menschen, die erst kürzlich von Covid-19 genesen sind oder mit ärztlichem Attest bescheinigen können, dass für sie eine Impfung aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist. Das oberste Verfassungsgericht hat gegen diese neuen gesetzlichen Bestimmungen nur in einem Punkt sein Veto eingelegt. Der Impfausweis darf zur Wahrung der demokratischen Rechte für den Besuch von politischen Veranstaltungen im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen Mitte April nicht obligatorisch sein, sondern allenfalls fakultativ verlangt werden.
Verlockende Lockerungen
Wie schon seit Monaten haben auch am letzten Samstag Zehntausende im Land gegen den Gesundheits- und nun Impfpass demonstriert, ihre Zahl sinkt aber stetig. Außerdem hat der französische Premierminister Jean Castex am Vorabend der am Montag in Kraft getreten Bestimmungen bereits Perspektiven einer baldigen Lockerung erwähnt: Ab 2. Februar sollen Sport- und Kulturveranstaltungen wieder ohne zahlenmäßige Einschränkungen organisiert werden dürfen. „Wir gehen davon aus, dass wir Mitte Februar die Omikronwelle überstanden haben“, meinte Gesundheitsminister Olivier Véran.
In den letzten Tagen allerdings herrschte in den Testzentren Hochbetrieb: Im Durchschnitt wurden pro Tag mehr als 350.000 Menschen positiv getestet. Die Zahl der Patienten in den Intensivstationen der Krankenhäuser dagegen sinkt. Das genügt der Regierung als Hoffnungsschimmer, um auch angesichts der anstehenden Präsidentschaftswahlen ein baldiges Ende der Covid-19-Restriktionen in Aussicht zu stellen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml