piwik no script img

Coronapandemie in ArgentinienBuenos Aires macht wieder zu

Wegen steigender Infektionszahlen geht Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires in einen weiteren Lockdown. Auch das Impfen kommt nur langsam voran.

Ausgangssperre in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires Foto: Natacha Pisarenko/ap

Buenos Aires taz | Argentiniens Präsident Alberto Fernández hat die Notbremse gezogen. In einer Fernsehansprache gab der Präsident am Mittwochabend die Verhängung einer nächtlichen Ausgangssperre über die Hauptstadt und den Großraum von Buenos Aires bekannt.

Ab Freitag null Uhr darf in der Zeit von 20.00 bis 6.00 Uhr niemand mehr in den Straßen der Área Metropolitana unterwegs sein. Ausgenommen sind lediglich die Beschäftigten in den sogenannten essentiellen Arbeitsbereichen. „Wir werden die Einhaltung mit allen staatlichen Sicherheitskräften überwachen“, kündigte Fernández ein konsequentes Vorgehen gegen Verstöße an.

Ab Freitag müssen Restaurants und Ladengeschäfte bereits um 19 Uhr schließen. Alle religiösen und kulturellen Veranstaltungen in geschlossenen Räumen sind verboten, die Fitness- und Sportstätten bleiben geschlossen. Ab Montag findet dann auch kein Präsenzunterricht an der Schulen mehr statt.

Der Präsident reagierte damit auf den rasanten Anstieg der Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Personen. „Ich habe die Maßnahmen beschlossen, um die Aufrechterhaltung der Impfkampagne zu garantieren und um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern“, begründete Fernández die bis zum 30. April geltenden Restriktionen.

Impfkampagne kommt nur schleppend voran

Noch im März war die Zahl der täglich registrierten Neuinfizierten um die 8.000er-Marke gependelt. Seit Anfang April weist die Kurve jedoch immer steiler nach oben. Mit 27.000 positiv getesteten Personen innerhalb von 24 Stunden wurde letzten Dienstag eine neue Rekordmarke aufgestellt. Am Mittwoch wurden dann 25.157 Neuinfizierte gemeldet, aber mit 368 Todesfällen die zweithöchste Zahl in diesem Jahr.

Als Ursachen für den rasanten Anstieg gelten der uneingeschränkte Reiseverkehr über die Ostertage sowie die Ausbereitung der ansteckenderen brasilianischen und britischen Varianten des Virus. Vor allem der Großraum von Buenos Aires ist davon betroffen, aber auch die Hauptstadt selbst wegen der zahlreichen Pendler*innen.

Dagegen kommt die Impfkampagne nur schleppend voran. Von den 56 Millionen Dosen, die Argentinien gekauft hat, sind bisher nur rund 7,2 Millionen eingetroffen. Im Fall des russischen Vakzins Sputnik V sind von den zugesagten 20 Millionen Dosen gerade mal 4,5 Millionen angekommen, von den angekündigten 4 Millionen Dosen des chinesischen Sinopharm bisher die Hälfte.

Erst 5,1 der insgesamt 45 Millionen Ar­gen­ti­nie­r*in­nen sind bislang mit mit einer ersten Dosis geimpft. Davon haben erst knapp 770.000 auch die zweite Dosis erhalten.

Streitthema Präsenzunterricht

Nach der Fernsehansprache des Präsidenten kam es in mehreren Stadtvierteln von Buenos Aires zu spontanen Protesten. Auf Kochtöpfe schlagend lärmten die An­woh­ne­r*in­nen aus Fenstern und auf Balkonen. Auf den Straßen veranstalteten Au­to­fah­re­r*in­nen Hupkonzerte.

Der Protest richtete sich vor allem gegen die völlig überraschende Schließung der Schulen. Zwar war bereits seit Tagen öffentlich über neue Einschränkungen diskutiert worden, die Aussetzung des Präsenzunterrichts wurde aber stets als letzte Konsequenz gehandelt.

Davon überrascht wurde offensichtlich auch das Bildungsministerium der Hauptstadt. „Wir wurden weder gefragt noch vorab informiert“, lautete dort der Tenor. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Präsenzunterricht an den Schulen wegen der über sieben Monate verhängten Quarantäne nur einige wenige Wochen stattgefunden. Dagegen hatte sich Hauptstadtbürgermeister Horacio Rodríguez Larreta vehement für die Wiederöffnung eingesetzt. Offen ist denn auch, ob er die Schließungsanordnung des Präsidenten umsetzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!