piwik no script img

Coronaleugner und PolizeiCaptain trifft Officer

Coronaleugner Captain Future zeigt sich in einem Video vertraut mit einem Polizisten. Nun will er Proteste in Brandenburg anstacheln.

Innige Beziehung: Captain Future und die Polizei Foto: dpa

Berlin taz | „Verhaftung unter Freunden“ lautet der Titel eines Videos, das der Berliner Coronaleugner Michael Bründel – bekannt als Kunstfigur Captain Future – von seiner Teilnahme an den Coronaprotesten am Samstag in Berlin verbreitet hat. Das allerdings entspricht nur zur Hälfte der Wahrheit, denn verhaftet wird Bründel nicht, anders als bei unzähligen früheren Versammlungen des Querdenken-Spektrums. Einen freundschaftlichen Umgang aber pflegt der Dauerprotestierer darin ausgerechnet mit einer Gruppe Polizisten.

In dem insgesamt 13-minütigen Video, das am Sonntag auf Bründels Kanälen veröffentlicht wurde, ist zu sehen, wie er von Polizisten überaus wohlwollend behandelt, gar mit Handschlag begrüßt wird. Dabei ist Bründel ein Provokateur; einer, der verbotene Aufmärsche koordiniert und die Polizei seit anderthalb Jahren immer wieder zum Narren hält. Zudem distanziert er sich szenetypisch nicht von extremen Rechten, tritt mit AfDlern und Rechtsextremisten auf. Mit seiner Gruppierung Freedom Parade tanzt sich der selbst ernannte Captain Future zudem immer wieder maskenlos durch Supermärkte oder Bahnen und belästigt Passant:innen.

Nach dem Verbot einer Demonstration durch Kreuzberg war Bründel am Samstag mit seinem Auto am Startpunkt eines Autokorsos der Ver­schwö­re­r:in­nen in Friedrichsfelde – und wurde dort von Polizisten festgesetzt. Dann erscheint zu seiner großen Freude ein Beamter der 35. Einsatzhundertschaft: „Ja, das ist der Nette. Geil, Jackpot. Mein Freund und Helfer ist da.“

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Es folgt ein Gespräch, in dessen Verlauf ihm der Polizist erst mitteilt, dass seine Ingewahrsamnahme geprüft werde, diese aber selbst als „Schwachsinn“ bezeichnet. Auf Bründels Frage: „Wann kommt ihr auf unsere Seite?“, reagiert der Beamte mit einem Lachen; nach der Aussage „Wer den Mund aufmacht, ist den Job los“, nickt er. Andere Polizisten nehmen bei der Durchsuchung seines Kofferraums eine Broschüre entgegen. Bründel kann sich daraufhin in den Autokorsos einreihen.

Alte Bekannte

Der Coronaleugner, im September angeblich selbst mit Corona infiziert und daraufhin polizeilich von einer Versammlung ausgeschlossen, scheint schon häufiger auf den von ihm so geschätzten Beamten getroffen zu sein. Ein anderes auf Twitter verbreitetes Video von Ende August zeigt ihn, wie er in eine Wanne geführt wird. Kurz darauf sieht man, wie Bründel dem Beamten gegenübersteht, mitteilt, dass er gleich „frei“ sei, dann auf den Polizisten zeigt und sagt: „Der ist super.“ Wieder laufen gelassen erzählt er, dass der Polizist seine erste „Freedom Parade“ im Mai 2020 begleitet habe. Auf taz-Fragen nach einer Bewertung des nun veröffentlichten Videos antwortete die Pressestelle der Polizei am Dienstag bis Redaktionsschluss nicht.

Neben dem Autokorso versuchten am Samstag wenige hundert Personen wiederholt sich zu Spontanaufzügen zusammenzuschließen. In Friedrichshain kam es dabei zu einem Angriff auf mehrere Journalisten, darunter den Tagesspiegel-Reporter Julius Geiler. Die Angreifer wurden inzwischen als Brandenburger Neonazis einer Gruppe namens „Division MOL“ identifiziert. Laut Angaben der Zeitung waren sie in der Vergangenheit wiederholt als Teilnehmer von Captain Futures Freedom Parade gesichtet worden.

Coronademos in Brandenburg

Seit vergangener Woche bemüht sich die Freedom Parade um eine Ausweitung der Coronaproteste nach Brandenburg mit lokalen Aufmärschen, wie sie auch in Sachsen derzeit überall stattfinden. Sie mobilisierte etwa über ihrem Telegramkanal zum zweiten Mal zu einer unangemeldeten Montagsdemo nach Oranienburg, die maßgeblich von der rechten Vereinigung „Oberhavel steht auf“ organisiert wurde. 600 Menschen beteiligten sich, fast dreimal so viele wie in der Woche zuvor, erneut aber ohne Eingreifen der Polizei.

Für den Dienstagabend hatte Captain Future seine erneute Teilnahme an einer Demonstration in Bernau angekündigt. Hier waren vor einer Woche bereits 500 Menschen dem Aufruf gefolgt.

Die nächste größere Versammlung im Rahmen der Anti-Coronamaßnahmen-Proteste in Berlin soll am Samstag am Brandenburger Tor stattfinden. Aufgerufen hat die Jugendorganisation der AfD, Junge Alternative. Ihr Motto: „Die Jugend steht auf.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.