Coronaepidemie in Deutschland: Infektionen steigen, Wachstum sinkt
Die jüngsten Zahlen zu den Corona-Infektionen bestätigen, dass das Wachstum langsamer wird. Ein Grund zur Entwarnung ist das aber keineswegs.
Absolut war die Zahl der Neuinfizierten damit so stark wie nie zuvor an einem Tag. Der relative Anstieg lag mit 16 Prozent hingegen auf einem ähnlichen Niveau wie in den letzten Tagen. Im Schnitt der letzten 7 Tage betrug er 17 Prozent. Im Vergleich zu den Vorwochen hat sich das prozentuale Wachstum damit deutlich verlangsamt: Eine Woche zuvor lag der durchschnittliche tägliche Anstieg noch bei 24 Prozent, vor 2 Wochen waren es 27 Prozent.
Die Wachstumskurve verläuft damit nicht mehr exponentiell, sondern hat ihren Anstieg etwas abgeflacht. Das könnte ein Hinweis sein, dass die ersten Maßnahmen, die Deutschland vor 2 Wochen beschlossen hat – die Absage von Großveranstaltungen und das Schließen der Schulen – die Ausbreitung bereits etwas verlangsamt haben.
Die weitergehenden Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen, die seit dem letzen Wochenende gelten, können dagegen noch keinen Einfluss auf die Zahlen haben, weil von einer Infektion bis zur Meldung einer bestätigten Meldung etwa 10 Tage vergehen.
Ein Grund zur Entwarnung ist diese Verlangsamung des Wachstums aber keineswegs. Denn wenn es bei der aktuellen Wachstumsrate von 17 Prozent pro Tag bliebe, läge die Gesamtzahl der bestätigten Infizierten in 4 Wochen schon bei 3,4 Millionen. Die Zahl der etwa 30.000 Betten auf Intensivstationen würde damit keinesfalls ausreichen, um alle schweren Fälle dort zu behandeln.
Weitere Verlangsamung notwendig
Um das zu verhindern, muss sich das Wachstum deutlich stärker verlangsamen. Selbst wenn der tägliche Anstieg in Deutschland sich sofort auf 10 Prozent halbieren würde – diesen Wert hat Italien in der letzten Woche erreicht – läge die Gesamtzahl der bestätigten Infizierten in Deutschland in 4 Wochen bei über 600.000. Die für die Versorgung entscheidende Zahl der gleichzeitig Infizierten wäre allerdings geringer, weil bei einem langsameren Wachstum die Zahl der bereits Genesenen einen deutlich größeren Anteil ausmacht.
Deutlich stärker als die Zahl der Infizierten steigt in Deutschland derzeit die Zahl der am Corona-Virus Verstorbenen. Nach Angaben des Robert-Koch-Insituts vom Freitag lag sie bei 253; der tägliche Anstieg lag im Schnitt der letzten Woche bei 36 Prozent. Weil von der Infektion bis zum Tod im Schnitt 3 Wochen vergehen, kann ein Effekt der ersten Gegenmaßnahmen hier noch nicht erwartet werden.
Der Anteil der Todesfälle an der Zahl der Infizierten lag in Deutschland zuletzt bei 0,6 Prozent. Das ist weitaus weniger als in den meisten anderen Ländern, aber fast dreimal so viel wie vor einer Woche.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen