Corona in Russland: Wieder neue Spitzenwerte
569 Tote werden an nur einem Tag gemeldet. Ein Drittel aller Infektionen entfällt auf die beiden Metropolen Moskau und Sankt Petersburg.
Moskaus Bürgermeister Sergei Sobjanin verlängerte die einschränkenden Maßnahmen für die Bevölkerung bis Mitte Januar. Demnach sind ältere Menschen ab 65 Jahren angehalten, sich weiter in Selbstisolation zu begeben. Auch das Drittel der Arbeitnehmer, das bislang zu Hause tätig war, soll im Homeoffice bleiben.
Bildungsminister Walerij Falkow verfügte überdies auch für die Hochschulen in Moskau und Sankt Petersburg Fernunterricht bis zum 6. Februar. Der Unterricht für Schüler von der 6. bis zur 11. Klasse ist in Moskau vorerst bis Dezember auf Fernunterricht umgestellt.
Auch wenn sich die zweite Welle in der Provinz zurzeit deutlicher zeigt, entfällt trotzdem noch etwa ein Drittel aller Infektionen auf Moskau und Sankt Petersburg. Traten in Petersburg Anfang November täglich 1.000 Fälle auf, haben sich die Infektionen bis Monatsende mit 3.700 Fällen fast vervierfacht.
Knapper ausgerüstet
Grundsätzlich sind die regionalen Gesundheitseinrichtungen schlechter und finanziell knapper ausgerüstet. Die Vizeministerpräsidentin Tatjana Golikowa gab erst in der vergangenen Woche alarmierende Einblicke in die Lage der Provinzen.
In der Republik Mordwinien, in Orlow, in Sankt Petersburg, in der Republik Komi und in Iwanowo sei die Lage angespannt, sagte sie. Dort sind mehr als 90 Prozent der Intensivbetten von Corona-Infizierten belegt. Im Landesdurchschnitt sind es 78 Prozent.
Bereits im Frühjahr waren Studenten in Coronakliniken als Praktikanten eingesetzt worden. Auch diesmal sind Praktikanten wieder an der Coronafront. Sie sollen für die Arbeit im November und Dezember monatlich jedoch um die 100 Euro erhalten. Auch Berufsschülern im Medizinwesen wurde eine Vergütung von 80 Euro monatlich zugesichert.
Etwa 100 Millionen Euro seien an die Regionen überwiesen worden, um Coronamaßnahmen zu finanzieren, sagte Golikowa. Wenn es beim offiziellen Impfvorhaben bleibt, können bis Jahresende rund 80.000 Soldaten mit dem russischen Serum Sputnik V versorgt werden.
Anlass zu Zweifel
Die offiziellen Sterbezahlen geben Anlass zu Zweifel: Auf der offiziellen Website stopkoronavirus.rf erscheinen Werte, die um das Vier- bis Fünffache im Landesdurchschnitt unter der realen Sterberate liegen. Die lässt sich anhand der offiziellen Statistik von Rosstat ermitteln, deren Daten jedoch erst verzögert erscheinen.
Journalisten des Portals Meduza deckten auf, dass viele Regionen die realen Zahlen auch in öffentlich nicht zugänglichen Datenbanken nicht führen. Daraus erklären sich Abweichungen, mit denen auch die föderalen Behörden arbeiten müssen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen