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Corona in ÖsterreichLockdown gegen die Mutationen

Österreich verschärft die Maßnahmen und führt in Geschäften FFP2-Maskenpflicht ein. In Wien demonstrieren Impfgegner*innen mit Rechtsextremen.

Wien am Samstag: Auch in Österreich regt sich Widerstand gegen die Corona-Maßnahmen Foto: Georg Hochmuth/dpa

Wien taz | Statt zu lockern, verschärft Österreich ab Montag den aktuellen Lockdown. Außerdem werden die Maßnahmen bis zum 7. Februar, also um zwei Wochen, verlängert. Grund ist die britische Mutation B1.1.7 des Coronavirus, die sich in Österreich bereits verbreitet hat.

Die Mutationen aus Großbritannien und auch die aus Südafrika „verschärfen für uns die Situation noch einmal deutlich“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Sonntag auf einer Pressekonferenz. Die Maßnahmen „machen uns nicht glücklich und sind alles andere als populär“, gab er zu. Aber nach tagelangen Beratungen mit Expert*innen, europäischen Regierungschefs sowie Vertretern der Sozialpartnerschaft und sogar der Opposition gebe es keine Alternative.

Ganz ohne Selbstlob ging es nicht: Der Kanzler betonte, dass Österreich, das im November Rekordwerte an Infektionen gemeldet hatte, inzwischen in dem Drittel jener EU-Länder liege, „die das Infektionsgeschehen am besten unter Kontrolle haben.“ Mit rund 150 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner liege die 7-Tage-Inzidenz aber noch zu hoch. Weniger als 50 Ansteckungen sei das Ziel.

Als Verschärfung tritt eine strengere Maskenpflicht in Kraft. Ab dem 25. Januar müssen in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln FPP2-Masken getragen werden, die die Luft wesentlich besser filtern als der gängige Mund-Nasen-Schutz. Außerdem wird der Abstand, der zu haushaltsfremden Personen einzuhalten ist, von einem auf zwei Meter verdoppelt. Überall dort, wo es möglich ist, wird Homeoffice verpflichtend.

Am 8. Februar sollen Geschäfte, Anbieter körpernaher Dienstleistungen und Museen frühestens wieder öffnen. Hotelbetriebe und Gastronomie müssen bis Ende Februar warten. Die Schulen bleiben bis zu den Ferien Anfang Februar im Onlinebetrieb; danach soll es zunächst Schichtbetrieb geben. Einmal wöchentlich sollen dann möglichst alle Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte ihren Infektionsstatus mit einem einfachen Nasenschleimtest überprüfen.

„Es wird wärmer“

Gesundheitsminister Rudolf Anschober, der zuletzt wegen der schleppend anlaufenden Impfungen und wirrer Kommunikation kritisiert wurde, übernahm auf der Pressekonferenz am Sonntag den Part des Hoffnungsmachers: „In zehn Wochen haben wir Ende März, dann beginnt die Osterwoche. Es wird wärmer, das gefällt dem Virus nicht“. Bis dahin werde man die vulnerabelsten Gruppen geimpft haben.

Sollte demnächst das Vakzin von AstraZeneca zugelassen sein, würden bis Ende März 1,6 Millionen der rund 9 Millionen Menschen in Österreich geimpft sein. Allein mit den Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna wären es 600.000. Dann werde Corona nicht mehr ein Problem der Politik sein, ergänzte Oswald Wagner, Vizerektor der MedUni Wien, „sondern ein medizinisches Problem, wie jede andere Krankheit auch“.

Anschober verglich den Kampf gegen die Pandemie mit einem Marathon, auf dem die letzten zehn Kilometer die schwersten seien. Dort befinde man sich jetzt und habe durch die hochinfektiösen Mutationen zusätzlich heftigen Gegenwind bekommen.

Impfgegner*innen in der Wiener Altstadt

Dass die Bevölkerung schon die bisherigen Maßnahmen nur teilweise mitträgt, bewies die bisher größte Demonstration von Impfgegner*innen und Verschwörungsanhänger*innen, die am Samstag ohne Abstand und Mund-Nasen-Schutz durch die Wiener Innenstadt marschierte.

Neben vielen verunsicherten und durch soziale Medien aufgestachelten Menschen wurden auf der Demonstration bekannte Rechtsextreme gesehen, etwa der Neonazi Güttfried Küssel, Identitären-Chef Martin Sellner und auch Ex-FPÖ-Chef Heinz Christian Strache. Die Polizei schritt vor allem gegen linke Gegendemonstrant*innen ein, die den Marsch mit einer Sitzblockade auf der Ringstraße aufhalten wollten.

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