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Corona in ItalienWirtschaft ist kein Selbstzweck

Kommentar von Finn Mayer-Kuckuk

Die Quarantäne in Norditalien ist hart für Mensch und Wirtschaft. Dennoch ist jede Maßnahme richtig, um die Ausbreitung von Sars-CoV-2 einzudämmen.

Fußball ohne Fans. Im Mailänder Stadion San Siro bleiben die Sitze leer Foto: Daniele Mascolo/reuters

D ie Aktion ist drastisch, und sie bringt das öffentliche Leben in einer der wichtigsten europäischen Wirtschaftsregionen zum Erliegen. Italien hat ein Gebiet mit 16 Millionen Einwohnern abgeriegelt, um die Ausbreitung von Sars-CoV-2 zu verlangsamen. Für die ohnehin angeschlagene italienische Volkswirtschaft ist die Anordnung ein Schock – und doch ist sie sinnvoll, um möglichst viele Leben zu retten.

Gerade unter denen, die die Seuche gelassener sehen, steht die Frage im Raum: Wenn das Coronavirus bei vielen Patienten nur Erkältungssymptome auslöst, lohnt es dann, sich das Bruttoinlandsprodukt zu zerschießen? Italien ist die viertgrößte Volkswirtschaft der EU – und die produktivsten Regionen des Landes liegen in der Sperrzone. Die Frage ist für Deutschland hochrelevant. Was China, Südkorea und Italien jetzt erleben, kommt auf andere hoch vernetzte Länder ebenfalls zu.

Die weitere Ausbreitung lässt sich nach derzeitigem Kenntnisstand nicht aufhalten. Momentan ist jede Maßnahme gerechtfertigt, die deutlich dazu beiträgt, die Ausbreitung zu verzögern. Auch wenn das Geld kostet. Unsere hochgezüchteten Volkswirtschaften sind kein Selbstzweck, sondern sie dienen dem Wohl der Menschen. Wenn wir eine Epidemie so verlangsamen, dass die Betroffenen eine gute Chance auf angemessene Behandlung haben, dann dient das ebenfalls der Wohlfahrt.

Wenn alle gleichzeitig krank werden, dann gibt es nicht genug Plätze in der Intensivmedizin für Senioren und vorbelastete Patienten. Wenn sich dagegen der Verlauf über viele Monate streckt, dann reichen die Ressourcen, um viel mehr Leben zu retten. Die Auswirkungen auf die Wirtschaft werden vermutlich am Ende nicht so katastrophal sein, wie es scheinen mag. In den großen Wirtschaftsräumen von China über die Eurozone bis in die USA ist zudem die Bereitschaft groß, Wachstumsschwächen mit Konjunkturförderung zu überwinden.

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Wenn die Schwerpunkte der Programme sozial und nachhaltig gesetzt sind, könnten sie die Wirtschaft sogar in einem besseren Zustand hinterlassen als vor der Krise. Unsere Gesellschaft muss gerade jetzt, in der Anfangsphase einer Pandemie, die Chancen nutzen, die uns die Wissenschaft im Umgang mit Krankheiten bietet. Die Seuchen – der alte, geheimnisvolle Feind – sind nicht mehr von Aberglauben umwoben, sondern weitgehend verstanden.

Die Verbreitungsmechanik von Sars-CoV-2 wird transparenter, je mehr Daten die Forscher über das Virus und seine Wirkung zusammentragen. Schon genaue Informationen geben uns ein nie da gewesenes Maß an Kontrolle über den Verlauf einer Epidemie. Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das Nötige auch getan wird.

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12 Kommentare

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  • Uija, diese Grippe-Hysterie ist überhaupt DAS gefundene Fressen für alle "Kapitalismus"-Kritiker...die blöde Wirtschaft ist eh nur überflüssiger Popanz und endlich kann eine staatliche Behörde in alle Privatbereiche seiner Bürger regulierend eingreifen....dumm nur, dass von einer möglichen Weltwirtschaftskrise am meisten nicht wir hier in der Wohlstandsfuzziregion betroffen sein werden, sondern die Menschen in Schwellenländern, deren ohnehin schwache Gesundheitsversorgen Schaden nehmen wird.

    • @Tom Berger:

      so ist es leider. Hoffen wir einmal, dass di Maßnahmen überzogen sind. Dann kann man sie - wenn es wärmer wird und das Virus weniger widerstandsfähig ist - wieder zurücknehmen.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Monika Frommel :

        Falls für Sie der große Virologie der Carité eine kompetente Adresse ist: vergessen Sie es. Bei diesem Virus zählt das nicht.

        Es geht an's Eingemachte: die eigenen Ängste - und den Umgang damit.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Tom Berger:

      Welch brilliante Analyse.

      Mich hat es gejuckt, hier eine andere Schreibweise zu benutzen ...

  • Die "Wirtschaft" müsste vor allem dazu veranlasst werden, Produktionsmittel für Schutzbekleidung und Beatmungsgeräte nebst Sauerstoffflaschen vermehrt zu produzieren.



    Vielleicht ist es aber auch besser, die Regierung mischt sich da erst gar nicht ein...

    Meines Wissens gibt es nicht mal Ausnahmen von Arbeitszeitrecht für derartige Aktivitäten.

  • In Anbetracht der Tatsache, dass bis zu diesem Zeitpunkt, Montag, 12.30 Uhr, Bundesligaspiele in NRW noch immer nicht abgesagt wurden, habe ich den Eindruck, dass Sars-CoV-2 noch immer nicht sehr ernst genommen wird.



    In vielen Nachrichten und Kommentaren stehen die Auswirkungen von Sars-CoV-2 für die Wirtschaft im Vordergrund und nicht die Frage, ob genug getan wird.



    Hausärzte sind teilweise überfordert, es fehlt an Hygiene- bzw. Schutzausrüstung, Gesundheitsämter sind telefonisch schwer erreichbar usw. usw. Wer ein ernsthaftes Problem hat, benötigt u.U. mehr als einen Tag, um zu erfahren, wann und wo ein Test möglich ist.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Rolf B.:

      Aus dem unterschiedlichen Umgang offizieller Stellen mit der Bedrohung in Italien und Deutschland lässt sich gut ableiten, wer oder was im Fokus steht: in Itallien die gefährdeten Menschen, in Deutschland die Wirtschaft. Funktionaltät vor Humanität. Deutsch halt.

      Abgerundet wird das unappetitliche Schauspiel durch Turbo-Gebläse-Subventionen "bedrohter Unternehmen".

      Mein Befund: klassische Hirnmassendeformierung bei selektiver Wahrnehmung. Offenbar nicht heilbar.

    • @Rolf B.:

      Und wenn man versucht, ganz nüchtern und sachlich zu erklären, warum dieses Virus ein Riesenproblem werden wird, stößt man sofort auf Vorwürfe von "Panikmache". Augen zu, Klappe halten und auf ein Wunder hoffen scheint gerade das ausgewiesene Motto zu sein. Wie am Anfang in Wuhan, da wurde auch vergeblich geschwiegen, vertuscht und gelogen, daraus hätte man ja eigentlich lernen können.

      Hier mal eine ganz nüchterne Kalkulation über die Belastungsgrenzen von Krankenhäusern bei dieser Epidemie in verschiedenen Ländern:

      medium.com/@trentm...rmany-a06cf2835f89

      • @Mustardman:

        Danke für den Link. Ich kann leider nicht so richtig die Seriosität dieser Prognosen beurteilen.

        Zyniker könnten behaupten, dass der Klimawandel und die damit verbundene Erwärmung für ein schnelles Abflauen der Epidemie/Pandemie sorgen wird bzw. die zu erwarteten höheren Temperaturen im Frühling/Sommer für ein vorläufiges Ende sorgen werden.

        Beunruhigend ist die Tatsache, dass Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen ab einem bestimmten Zeitpunkt und Ausmaß der Entwicklung in größerer Anzahl Opfer werden würden. Das wäre nämlich dann eine Frage der Quantität intensivmedizinischer Kapazitäten.

      • @Mustardman:

        Testen lassen kann man sich, ohne andere anzustecken, indem man eine gesunde Kontaktperson eine Probe überbringen lässt, die dann im Labor untersucht wird.



        Ist man schwer krank, genügt eine Kreislauf stärkende Spritze zu Hause durch irgendeinen Arzt/Ärztin.

  • Der Autor wollte wohl der Erste sein, der die regierungsamtliche und parteipolitische Propaganda Sprachregelung einführt: "Wir werden aus der Krise stärker heraus kommen, als wir hineingeraten sind" Traut sich zur Zeit ja nicht einmal die Regierung und faz!

    Da Regierungssprecher Seibert vermutlich im nächsten Jahr mit Merkel ausscheidet, sollten schon mal ein paar Bewerbungsschreiben (nicht nur taz-Kommentare) entworfen werden!

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Die geltenden Paradigmen scheinen zwischen Rom und Berlin doch mächtig zu differieren.