Corona-Reisebeschränkungen: Gefährdung der Solidarität
Eien Reisegrenze von 15 Kilometern um die Berliner Stadtgrenze hat nur einen Effekt: vollere Parks. Das ist nicht vermittelbar.

Gedränge bei Sonnenschein am Spreeufer Foto: dpa
Das Robert-Koch-Institut meldete in der vergangenen Woche wiederholt einen Höchststand an Corona-Toten, rund 1.400 Menschen sterben in Deutschland pro Tag an oder in Zusammenhang mit dem Virus. Die Intensivstationen in Berlin sind laut der Gesundheitsverwaltung zu mehr als einem Drittel mit Covid-PatientInnen überlastet. Und die 7-Tage-Inzidenz kratzt stetig an der Marke von 200 Neuinfizierten pro Woche pro 100.000 EinwohnerInnen.
Reißt sie diese, darf man man ab der Stadtgrenze nur noch in einem 15 Kilometer-Radius um Berlin herum unterwegs sein. Ab dem heutigen Samstag wird diese Bundesregelung auch in Berlin umgesetzt.
Und nun eine Beobachtung, nur eine Momentaufnahme, aber dennoch: In einem Immobilienbüro, an dem die Autorin dieser Zeilen in den vergangenen Tagen vorbeiging, saßen drei MitarbeiterInnen mit wenig Abstand und ohne Maske vor ihren Bildschirmen. Und natürlich fragt man sich da: Warum verkaufen mindestens zwei von ihnen ihre Wohnungen nicht vom heimischen Küchentisch – warum sitzen die da alle noch zusammen?
Ein Recht auf Homeoffice ist politisch nach wie vor nicht in Sicht, zugleich werden Eltern angehalten, ihre Kinder möglichst selbst zu beschulen und Kita-Kinder zu Hause zu betreuen. Die Verantwortung, solidarisch zu sein, liegt beim Einzelnen.
Unsinnige Regel
Und die 15-Kilometer-Beschränkung passt da gewissermaßen ins Bild: Für eine Metropole wie Berlin ist diese Regel unsinnig – denn bei dem Ziel, die Infektionszahlen zu drücken, dürfte sie nicht viel helfen. Vielleicht sogar im Gegenteil: Nimmt man den BerlinerInnen ihren Wochenend-Auslauf in menschenleeren Brandenburger Waldgebieten, drängeln sich jetzt eben noch mehr Eltern mit ihren Kindern auf Spielplätzen und in den Parks. Die 15-Kilometer-Regel ist nichts anderes als Symbolpolitik.
Wenn man sich aber schon nicht traut, an wichtigen Stellen – siehe Homeoffice – Entscheidungen zu treffen, sollte man man mit solcher nicht leichtfertig den Rückhalt in der Bevölkerung aufs Spiel setzen: Wirklich notwendige Anstrengungen wie den Verzicht auf Kontakte und die Entlastung der Kitas werden wir nämlich noch eine ganze Weile weiter solidarisch tragen müssen.
Corona-Reisebeschränkungen: Gefährdung der Solidarität
Eien Reisegrenze von 15 Kilometern um die Berliner Stadtgrenze hat nur einen Effekt: vollere Parks. Das ist nicht vermittelbar.
Gedränge bei Sonnenschein am Spreeufer Foto: dpa
Das Robert-Koch-Institut meldete in der vergangenen Woche wiederholt einen Höchststand an Corona-Toten, rund 1.400 Menschen sterben in Deutschland pro Tag an oder in Zusammenhang mit dem Virus. Die Intensivstationen in Berlin sind laut der Gesundheitsverwaltung zu mehr als einem Drittel mit Covid-PatientInnen überlastet. Und die 7-Tage-Inzidenz kratzt stetig an der Marke von 200 Neuinfizierten pro Woche pro 100.000 EinwohnerInnen.
Reißt sie diese, darf man man ab der Stadtgrenze nur noch in einem 15 Kilometer-Radius um Berlin herum unterwegs sein. Ab dem heutigen Samstag wird diese Bundesregelung auch in Berlin umgesetzt.
Und nun eine Beobachtung, nur eine Momentaufnahme, aber dennoch: In einem Immobilienbüro, an dem die Autorin dieser Zeilen in den vergangenen Tagen vorbeiging, saßen drei MitarbeiterInnen mit wenig Abstand und ohne Maske vor ihren Bildschirmen. Und natürlich fragt man sich da: Warum verkaufen mindestens zwei von ihnen ihre Wohnungen nicht vom heimischen Küchentisch – warum sitzen die da alle noch zusammen?
Ein Recht auf Homeoffice ist politisch nach wie vor nicht in Sicht, zugleich werden Eltern angehalten, ihre Kinder möglichst selbst zu beschulen und Kita-Kinder zu Hause zu betreuen. Die Verantwortung, solidarisch zu sein, liegt beim Einzelnen.
Unsinnige Regel
Und die 15-Kilometer-Beschränkung passt da gewissermaßen ins Bild: Für eine Metropole wie Berlin ist diese Regel unsinnig – denn bei dem Ziel, die Infektionszahlen zu drücken, dürfte sie nicht viel helfen. Vielleicht sogar im Gegenteil: Nimmt man den BerlinerInnen ihren Wochenend-Auslauf in menschenleeren Brandenburger Waldgebieten, drängeln sich jetzt eben noch mehr Eltern mit ihren Kindern auf Spielplätzen und in den Parks. Die 15-Kilometer-Regel ist nichts anderes als Symbolpolitik.
Wenn man sich aber schon nicht traut, an wichtigen Stellen – siehe Homeoffice – Entscheidungen zu treffen, sollte man man mit solcher nicht leichtfertig den Rückhalt in der Bevölkerung aufs Spiel setzen: Wirklich notwendige Anstrengungen wie den Verzicht auf Kontakte und die Entlastung der Kitas werden wir nämlich noch eine ganze Weile weiter solidarisch tragen müssen.
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Schwerpunkt Coronavirus
Kommentar von
Anna Klöpper
Leiterin taz.eins
Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.
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