Corona-Informationen an Schulen: Ohne Deutsch verloren
Die Schulpolitik in der Pandemie ist unverständlich genug. Es wäre das Mindeste, aktuelle Infos in verschiedenen Sprachen anzubieten.
![Ein Schüler führt am Morgen vor Unterrichtsbeginn einen Corona-Schnelltest durch Ein Schüler führt am Morgen vor Unterrichtsbeginn einen Corona-Schnelltest durch](https://taz.de/picture/4785031/14/nformationspolitik-Schulen-deutsch-1.jpeg)
Das Schulministerium von Nordrhein-Westfalen hält seine Website vorbildlich aktuell. Man findet dort eine Schulmail von Ministerin Yvonne Gebauer mit Informationen zum Unterricht nach Ostern (vom 3. April), Merkblätter zum Umgang mit positiven Covid-19-Tests und zum Einsatz der Schnelltests an Schulen (je undatiert), einen Erlass der Landesregierung zur Auslieferung der Schnelltests (vom 3. April) und eine Widerspruchserklärung für Eltern, die ihr Kind nicht freiwillig testen lassen wollen. Kurzum: wichtige Informationen für Mütter und Väter mit Kindern im schulpflichtigen Alter.
Das Problem ist nur: Alle diese Dokumente sind auf Deutsch – lediglich die Widerspruchserklärung steht in 12 weiteren Sprachen zum Download bereit. Und die hat – nach der mittlerweile beschlossenen Testpflicht an Schulen in NRW – bald auch keinen Nutzen mehr.
Wer nicht Deutsch spricht, kann zwar auf dem „Landesportal“ in 18 verschiedenen Sprachen die Coronaschutzmaßnahmen des Landes nachlesen. Infos zu Schnelltests an Schulen beispielsweise sucht man dort aber vergeblich.
Ähnlich exklusiv ist die Informationspolitik auch im Rest des Landes. Manche Bildungsministerien bieten immerhin aktuelle Schulinfos in verschiedenen Sprachen an. Leider sind auch die oft veraltet. Beispiel Bayern: Wer in Kehlheim wohnt (oder einem anderen von der Testpflicht betroffenen Ort), kein Deutsch versteht und eine Tochter in der vierten Klasse hat, kann schwerlich wissen, dass diese ab Montag ohne negatives Testergebnis nicht mehr ihre Schule betreten darf.
Ausgrenzende Informationen
Außer natürlich, die Schule hat sich während der Osterferien die Mühe gemacht, alle Eltern abzutelefonieren, und dabei etwaige Sprachbarrieren erfolgreich umschifft. Die alte Formel „Wenn die Kinder Deutsch sprechen, können sie ja übersetzen“, wie man sie von klassischen Elternabenden kennt, ist jedoch zu wenig für ein Land, in dem ein Drittel der Schulkinder eine Migrationsgeschichte hat.
Natürlich gibt es den Pionier Berlin, der selbst Video-Anleitungen zu Schnelltests in 11 Sprachen bereitstellt. Überhaupt sind Erklärvideos eine gute Sache, wenn es woanders hapert.
Die Handpuppe Torben, die vormacht, wie man sich das Stäbchen in die Nase steckt, verstehen Hamburger Kinder auch ohne sein Geschwätz. Ausgrenzend ist die Informationspolitik trotzdem.
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