Corona-Impfungen in Südafrika: Impfen vor dem „großen Knall“

Nach etlichen Problemen nimmt Südafrikas Impfprogramm an Fahrt auf. Gerade noch rechtzeitig vor einem erneuten Anstieg der Infektionen?

Menschen und medizinisches Personal sitzen in einer Halle an Tischen

Impfen im Akkord in Johannesburg, Südafrika Foto: Matthew Martin Brink/XinHua/dpa

AMSTERDAM taz | In Südafrika beginnt ab Montag endlich die zweite Phase der Impfkampagne gegen das Coronavirus. Über 60-Jährige und damit 5,5 Millionen Menschen sind dann impfberechtigt.

Doch bislang wurde viel Zeit verloren, sagt eine Ärztin aus dem größten Township bei Kapstadt mit mehr als einer Million Menschen: „Viele Menschen tun so, als hätten wir Corona im Griff. Genau wie in Indien vor dem großen Knall.“ Professor Francois Venter von der Witwatersrand-Universität bei Johannesburg ergänzt: „Wir könnten mehr als 500.000 Menschen mit hohem Risiko längst geschützt haben, wenn es nicht so viele Verzögerungen bei der Bestellung der Impfstoffe gegeben hätte.“

Die am 17. Februar begonnene Impfkampagne hat nach drei Monaten bislang nur ca. 440.000 Ärz­t*in­nen und Pflegekräfte erreicht. Dieser schwache Start hat auch damit zu tun, dass die Kampagne im April für mehr als zwei Wochen unterbrochen wurde, da es Sorgen um mögliche Nebenwirkungen des bisher einzigen genutzten Impfstoffes von Johnson & Johnson gegeben hatte.

Andere Länder Afrikas, allen voran Marokko, haben bereits viel mehr geimpft. Südafrika ist derzeit auf Platz 17 von 55 Staaten auf dem Kontinent. Gleichwohl stellen die bisher ca. 55.000 an Covid-19 Verstorbenen Südafrikas fast die Hälfte aller offiziell dokumentierten Coronatoten Afrikas dar. Die Dunkelziffer dürfte mehr als doppelt so hoch sein – der Medizinische Forschungsrat Südafrikas (SAMRC) schätzt sie auf 113.000 Tote.

Infektionen steigen im Winter

In Südafrika beginnt gerade der Winter. Letzte Woche warnte Südafrikas Gesundheitsminister Zweli Mkhize zum ersten Mal seit drei Monaten vor steigenden Infektionszahlen, die mit derzeit 3.000 Neuinfektionen pro Tag wieder deutlich steigen. Anfang Januar lagen sie während der zweiten Welle bei über 21.000. Südafrika hatte lange einen besonders strengen Lockdown: Strände waren geschlossen, Ausgangsbeschränkungen galten schon ab dem frühen Abend und Alkohol dufte nicht verkauft werden.

Doch die Impfkampagne soll an Fahrt aufnehmen. Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa erklärte, dass die Regierung nicht nur ausreichend Impfstoff gesichert hätte – 31 Millionen Dosen von Johnson & Johnson und 20 Millionen von Pfizer – es gäbe ab Montag auch 3.357 anerkannte Impfzentren im Land, die die tägliche Impfkapazität von bisher 12.000 auf 80.000 Dosen erhöhen.

Ärz­t*in­nen und Ak­ti­vis­t*in­nen fordern mehr. Mark Heywood, bekannt wegen seines jahrelangen Engagements für freien Zugang zu Anti-Aids-Medikamenten, erklärt: „Die Impfstoffe müssen jetzt sofort an alle Menschen gehen, die bereit sind. (…) Jede prinzipielle Priorisierung bedeutet nur weitere lebensgefährliche Verzögerungen.“

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