Corona-Eindämmung in Schweden: Vertrauen und Konsens
Schweden fährt eine sanfte Strategie im Kampf gegen das Coronavirus. Man folgt dem Rat der Gesundheitsbehörde.
V iele mutieren derzeit zu Hobbyepidemiologen. Das Interesse, das Coronavirus und die aktuelle Lage zu verstehen, zeigt sich in den schier unendlichen Beiträgen zu Corona. Dabei besteht eine hohe Unsicherheit über die weitere Entwicklung und ob die restriktiven Maßnahmen ausreichen. Da verwundert der Blick in den Norden und nach Schweden.
Denn hier läuft das Leben scheinbar normal weiter. Die Skigebiete sollen erst Ende dieser Woche geschlossen werden. Dass keine Normalität trotz offener Geschäfte und Restaurants herrscht, merkt man allerdings am eigenen Alltag. Ich treffe meine Freunde mittlerweile zum After-Work-Bier digital über Zoom. Wer kann, arbeitet im Homeoffice und hilft älteren Verwandten bei den Einkäufen, so wie es die Gesundheitsbehörde rät. Deren Strategie ist auch hier die Abflachung der Infektionskurve und der Schutz von Risikogruppen.
In Schweden funktioniert die Gesellschaft anders, selbst anders als bei seinen nordischen Nachbarn, die schon früh restriktive Maßnahmen eingeführt haben. Schweden ist stark konsensorientiert; das gegenseitige Vertrauen und Eigenverantwortlichkeit werden betont. Es ist weniger die Regierung, sondern der Rat der Gesundheitsbehörde, deren Anweisungen befolgt werden. Dies ist Teil des schwedischen Systems, bei dem Behörden weitreichende Entscheidungs- und Durchführungskompetenzen erhalten und deren Rat die jetzige Regierung folgt.
Meike Büscher
arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Stockholmer Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung für die nordischen Länder.
In den letzten Tagen haben sich allerdings die Todeszahlen weiter erhöht, und die Gesundheitsbehörde reagiert trotzdem weiterhin nicht mit mehr Restriktionen, sondern mit erweiterten Verhaltensanweisungen zum „Social Distancing“.
Wegen des schon jetzt überlasteten und zuletzt niedergesparten Gesundheitssystems können wir nur hoffen, dass die Maßnahmen wirken und die Situation mit den landesspezifischen Besonderheiten von den Experten richtig eingeschätzt wird. Denn ich kann es als neue Hobbyepidemiologin selbst nicht einschätzen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade
ifo-Studie zu Kriminalitätsfaktoren
Migration allein macht niemanden kriminell