Coming-Out eines US-Fußballers: „Ich bin ein freier Mann“
Der frühere US-Nationalspieler Robbie Rogers bekennt sich zu seiner Homosexualität. Danach beendet er seine Fußball-Karriere.
„Hab mir grade etwas Sch*ße von der Seele geschrieben.“ Diesen Satz hat Robbie Rogers am Freitagabend per Twitter in die Welt gesendet und dabei auf seinen Blog verlinkt. Dort hat der Fußballer, der 18-mal für die US-Nationalmannschaft gespielt hat, einen beeindruckenden Eintrag gepostet, in dem er mitgeteilt hat, dass er schwul ist.
Er schreibt: „Ich dachte immer, ich könnte das Geheimnis bewahren. Der Fußball war mein Fluchtweg, meine Bestimmung, meine Identität. Der Fußball hat mein Geheimnis versteckt.“ Die Zeit des Versteckens ist vorbei. Vorbei ist aber auch die Zeit des 25-Jährigen als Fußballer. Er beendet seine Laufbahn. „Ich bin ein freier Mann“, schreibt er am Ende seines Blogeintrags.
Rogers’ Coming-out hat viele beeindruckt. Dass der junge Mann, der zuletzt in Englands dritter Liga bei Stevenage gespielt hat, indes verkündete, seine Karriere zu beenden, stimmt auch nachdenklich. Kasey Keller, der lange Zeit Torwart der US-Auswahl war, twitterte: „Ich hoffe, er merkt, dass er nicht aufzuhören braucht. Er wird mehr unterstützt werden, als er denkt.“
Keller war nicht der einzige aus dem Nationalteam, der Rogers zu seinem Mut beglückwünschte. Brian Ellner, der Bürgerrechtler, dessen Engagement für gleichgeschlechtliche Ehen in New York so erfolgreich war, spricht nach den überwiegend positiven Reaktionen auf Rogers’ Blogeintrag gar von einem „Wendepunkt“. Ellner, der sich im Vorstand von Athletes Ally, einer Sportlervereinigung gegen Homophobie, engagiert, meinte in einer Stellungnahme: „Es ist offensichtlich, dass sich die Kultur in Sport verändert.“
Kein Stimmungswechsel
Und doch gibt es in keiner der großen Ligen in den USA Profis, die sich als schwul geoutet haben. Ein Stimmungswechsel lässt sich allenfalls an kleinen Details erkennen. So hat Kobe Bryant, einer der Topstars in der National Basketball Association, in der vergangenen Woche auf Twitter einen Fan zurechtgewiesen, der einen anderen mit dem Satz „Du bist schwul“ verunglimpfen wollte.
Als Bryant darauf hingewiesen wurde, dass er selbst noch vor zwei Jahren zu einer Geldstrafe von 100.000 Dollar verdonnert worden war, weil er einen Schiedsrichter mit einem homophoben Ausdruck beleidigt hatte, antwortete der Superbasketballer: „Das war nicht cool, sondern ignorant von mir. Ich weiß das und lerne daraus und erwarte das Gleiche auch von anderen.“
Auch in Europa hat der von immer mehr Profis und Funktionären demonstrierte gute Wille nicht dazu geführt, dass sich Profis outen. Dabei weiß der englische Fußballverband FA von schwulen Kickern, die das leidige Versteckspiel einem Outing vorziehen. „Sie haben noch nicht den Mut“, sagt der Generaldirektor der FA, Gordon Taylor. „Aber das kommt hoffentlich, wenn der Rest der Welt zivilisierter wird.“ Noch sei die Fußballwelt indes nicht weit genug. Taylor: „Wir haben schwule Spieler, die sich nicht sicher genug für ein Outing fühlen.“
Hoffnung auf Karriere begraben
Auch Rogers erwägt nach seinem Bekenntnis keine Rückkehr auf das Feld. Er hat ein Praktikum beim Männermagazin Men’s Health in London angefangen und die Hoffnung auf die ganz große Fußballerkarriere schon vor Längerem begraben. Die hat in Kalifornien begonnen, ging über die Niederlande, führte zurück die USA und endete beim FC Stevenage, der Rogers vom Zweitligisten Leeds United ausgeliehen hat.
Fußballerisch war Rogers, der 2011 in Jürgen Klinsmanns erstem Länderspiel als US-Coach noch ein Tor geschossen hat, beinahe in Vergessenheit geraten. Seit seinem Coming-out fliegen ihm viele Herzen zu. Auch Fifa-Boss Sepp Blatter sieht eine neue Zeit gekommen: „Es ist 2012. Danke“, ließ er zwitschern. Rogers zeigte sich überrascht von so viel Zuspruch. „Vielen Dank allen für die Unterstützung und die Liebe. Das habe ich nicht erwartet“, twitterte er am Samstag.
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