Comeback-Sieg von Borussia Dortmund: Nachhaltig Haltung zeigen

Borussia Dortmund ringt Eintracht Frankfurt nieder und verkürzt den Rückstand zum FC Bayern auf sechs Punkte. Geht da am Ende doch noch was?

Dortmunder Spielertraube unter dem Kopf von Erling Haaland

Große Freude: Die Spieler von Borussia Dortmund bilden nach dem 3:2-Siegtreffer eine Traube Foto: ap

FRANKFURT AM MAIN taz | Marco Rose sah ein bisschen so aus wie einer, der gerade eine wilde Schneeballschlacht mit seinen Jungs im verschneiten Frankfurter Stadtwald gewonnen hatte. Zu seinem verschmitzten Grinsen passte die olivgrüne Pudelmütze, die der Trainer von Borussia Dortmund selbst bei der digitalen Pressekonferenz nach einer spektakulären Aufholjagd bei Eintracht Frankfurt (3:2) noch trug.

Dabei hatte der Hausmeister gar nicht die Heizung abgeschaltet. Der gesamte Bereich unter der Haupttribüne war wohltemperiert, weil 250 Logengäste den ersten Dortmunder Auswärtserfolg in der Mainmetropole seit dem 1. September 2013 erleben konnten. Rose hätte sich allerdings eine deutlich stattlichere Kulisse gewünscht, denn: „Ohne Fans fehlt in diesem Sport eigentlich alles!“

Tatsächlich wäre das Spiel wie gemacht gewesen, in der Pandemie entfremdetes Publikum mal wieder zu erfreuen. Eintracht-Coach Oliver Glasner sprach gleich mehrfach von einem „absoluten Spitzenspiel“ – und übertrieb keineswegs: Die in der ersten Halbzeit bärenstarke Eintracht hätte sogar höher führen können als 2:0, doch am Ende jubelte der zur zweiten Hälfte erwachte BVB nach Toren des eingewechselten Thorgan Hazard (71.), Jude Bellingam (86.) und Mahmoud Dahoud (89.).

Plötzlich ist der Rückstand auf den FC Bayern auf sechs Punkte verkürzt. Darüber wollte Rose gar nicht viel sagen, außer: „Wir würden gerne die Bundesliga spannend machen, wissen aber auch, was die Bayern zu leisten imstande sind.“

Und wo war Haaland

Es kann Dortmund indes nur helfen, zumindest für einen Spieltag die Abhängigkeit von Tormaschi­ne Erling Haaland widerlegt zu haben. Der für seine Verhältnisse blasse Norweger hatte sich mit einer Vorlage begnügt und ansonsten nur unpräzise Abschlüsse zu bieten, ehe er sich ein heftiges Gerangel und Wortgefecht mit dem Frankfurter Haudegen Martin Hinteregger um das Spielgerät lieferte, das Haaland nach dem 2:2 flugs zum Anstoßkreis tragen wollte.

Dass sich der BVB-Stürmerstar wegen seiner Schimpfkanonade eine Gelbe Karte einhandelte (87.) und später auch noch bedrohlich vor Doppeltorschütze Borré aufbaute, wertete sein Trainer als Beleg für den Ehrgeiz aller. Nach den Rückschlägen gegen den FC Bayern und Hertha BSC (jeweils 2:3) zum Ende der Hinrunde war genau eine solche Trotzreaktion vonnöten, um die lästigen Mentalitätsdebatten nicht gleich in der Rückrunde fortzusetzen.

„Geiler Sieg“

Wortführer Mats Hummels sprach von „einem geilen und emotionalen Sieg“, wobei der nach eigenem Bekunden wieder vollständig fitte Abwehrchef das „ganz große Thema“ nicht vergaß: „Die Stabilität müssen wir uns ganz oben auf die Fahne schreiben, wenn wir etwas erreichen wollen. Und wenn wir was gewinnen wollen diese Saison, brauchen wir das Energielevel der zweiten Hälfte über 90 Minuten.“ Der Fußballlehrer konnte seinem Klassensprecher nur beipflichten. Gegentore nach Standards (wie beim 0:1) oder Ballverlusten (erst Thomas Meunier, dann Marco Reus vor dem 0:2) gehörten endlich abgestellt.

Rose vertiefte ansonsten sein Grundsatzreferat über Nachhaltigkeit: „Das war ein Beispiel dafür, wie es aussehen kann und soll.“ Bloß nicht resignieren, predigte der 45-Jährige fürs neue Jahr. Trotz der vielen einfachen Ballverluste: keiner habe abgewunken, jeder den anderen unterstützt. „Dass wir das Spiel gedreht haben, sollte den Jungs zeigen, dass sich das Thema Haltung sehr lohnt. Bei diesem Thema fordere ich auch Nachhaltigkeit“, sagte Rose. „Ein Einstellungsthema haben wir sowieso nie: Wir sind wieder 123 Kilometer gelaufen, haben über 260 Sprints gemacht. Daher sollte uns das Spiel was geben.“ Nun sei er selbst gespannt.

Die nächsten drei Bundesligaspiele stehen gegen die unmittelbaren Verfolger SC Freiburg (Freitag), TSG Hoffenheim (22. Januar) und Bayer Leverkusen (6. Februar) an. Besteht die junge BVB-Gruppe da, geht vielleicht auch noch was in Sachen Meisterschaftskampf. Denn den am Freitag patzenden FC Bayern plagen derzeit größte Coronasorgen. Gleichwohl wäre der BVB gut beraten, den geglückten Start ins neue Fußballjahr nicht zu hoch zu bewerten. Dafür lieferte ihr Auftritt letztlich zu viele sachdienliche Hinweise, dass auch 2022 eine schwarz-gelbe Gratwanderung wird. Der gefeierte Kraftakt gelang ja nur, weil die Eintracht am Ende ohne Struktur, ohne Power und ohne Mumm spielte.

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