Clubs in Berlin machen wieder auf: Tanzen? Aber sicher!
Dank eines Pilotprojekts konnten am Wochenende rund 2.000 Partypeople in Clubs ohne Maske und Abstand feiern – zum ersten Mal seit 18 Monaten.
Und da sind zum anderen die Politik und Clubbetreiber, die gespannt auf dieses Wochenende schauen. Mit dem dreitägigen Pilotprojekt „Reboot Clubculture“ sollen der international gefeierten Berliner Clubszene nach 18 Monaten im Corona-Aus neue Perspektiven aufgezeigt werden.
Clubs zählten zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 zu den Orten, auf die größere Corona-Ausbrüche zurückgeführt werden konnten – die sogenannten Superspreading-Ereignisse. Eines davon ereignete sich Ende Februar 2020 unweit des „Metropols“ in der „Trompete“.
Beim damaligen Clubleben konnten einige Faktoren zusammenkommen, die wohl als ideale Bedingungen für ein Virus gelten dürften, das sich auch über feinste, längere Zeit in der Luft schwebende Tröpfchen verbreitet: eine große Zahl von Feiernden, die sich über Stunden hinweg durchmischt. Dazu Tanzen dicht an dicht, bei manchmal stickiger Luft. Wegen der Musik muss man laut sprechen oder sich anschreien, teils wird laut mitgesungen – das setzt mehr Aerosole frei als stille Tätigkeiten.
Klaus Lederer
Mit dem Pilotprojekt soll nun herausgefunden werden, wie und ob in einer Pandemie auch drinnen sicher getanzt werden kann – draußen tanzen ist unter Einhaltung der Hygieneregeln seit Ende Juni wieder erlaubt. An dem Projekt beteiligten sich neben dem „Metropol“ fünf weitere Clubs, wie das Kitkat, SO36 oder Festsaal Kreuzberg. Sie boten in den beiden Nächten zwischen Freitag und Sonntag Veranstaltungen mit rund 40 Künstlern an. Die 25 Euro teuren Tickets waren in wenigen Minuten vergriffen.
Warten auf das Testergebnis
Die insgesamt 2.000 Clubgänger mussten einige Stunden vor Eintritt in drei eigens eingerichteten Testzentren einen PCR-Test machen. Einlass gab es nur mit negativem Ergebnis. Dabei sollte nicht unterschieden werden, ob Menschen schon geimpft sind. Maske und Abstände braucht es aber nicht.
Teil des Pilotprojekts ist auch ein zweiter PCR-Test eine Woche nach dem Feiern. Damit möglichst viele zu dem Test kommen, wurde vor allem Werbung in Berlin gemacht. Wer sich ein zweites Mal testen lässt, erhält 10 Euro des Ticketpreises zurück. Für die zweiten Tests hofft Florian Kainzinger von der Think.Health Hygiene Solutions auf eine Beteiligung von 70 bis 80 Prozent, um Rückschlüsse für weitere Schritte ziehen zu können.
Erleichtert nehmen Partygänger am Metropol am Freitagabend die Masken ab. Ein Mann umarmt seinen Begleiter, ein anderer tänzelt in den Club. „Ich fühl mich, als wenn ich heute die erste Party mache“, sagt Veranstalter Bork Melms.
Beim Start ist auch Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke) dabei. Der Senat unterstützt das Pilotprojekt. Lederer zeigt sich optimistisch: „Ich glaube, dass wir hier alle Sicherungsleinen eingezogen haben, die man einziehen konnte“, sagt Lederer. Lutz Leichsenring von der Clubcommission sagt: „Die nächsten Tage sind sehr entscheidend für die Clubszene.“
, Pamela Schobeß, Clubcommission
Eigene Testzentren für das Projekt
Am Kitkat, wo sich eines der drei eigens für das Projekt eingerichteten PCR-Testzentren befindet, bildet sich bereits am frühen Abend eine lange Schlange. Insgesamt wurden am Freitag rund 2.200 PCR-Tests durchgeführt, sagt Lutz Leichsenring am Samstagmittag. Neben den 2.000 Gästen seien auch Künstler und Personal getestet worden. Sieben positive Tests habe es dabei gegeben. „Die betroffenen Personen sind kontaktiert und in Quarantäne geschickt worden“, sagt Leichsenring.
Nach Angaben von Lutz Leichsenring sind die Partys am Freitagabend gut besucht. Voll wurde es allerdings erst später, auch weil die Besucher zum Teil noch auf ihr Ergebnis warten mussten.
Die Infektionszahlen sind in Deutschland und auch in Berlin wieder im Anstieg, am höchsten sind die Werte bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Das sind Altersgruppen, in denen der Anteil an Geimpften geringer ist im Vergleich zu Senioren.
„Wir hoffen, dass es nicht die Zukunft ist“, sagt Pamela Schobeß von der Clubcommission mit Blick auf das aufwendige Verfahren mit den PCR-Tests. „Aber es wäre eine Möglichkeit für den Herbst.“
Am Sonntag zog die Clubcommission ein positives Fazit. „Nachdem man die sehr aufwendige Registrierung und Testung überstanden hatte, war es für die Teilnehmenden tatsächlich eine Clubnacht wie vor der Pandemie“, sagte Lutz Leichsenring, Vorstandsmitglied und Sprecher der Vereinigung am Sonntag. „Dieses Gefühl von körperlicher Nähe, vibrierendem Bass und Unbefangenheit haben wir alle seit eineinhalb Jahre stark vermisst.“
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