Clubkultur in Berlin: Nachhaltig durch die Nacht
Der Verein Clubliebe möchte das Feiern umweltfreundlicher machen. Energiesparlampen und Recyclingklopapier sollen ein Anfang sein.
Wenn es nach dem Verein Clubliebe geht, der das Projekt “Clubtopia“ bereits kurz vor Corona gestartet hat, dann ist die Antwort klar: möglichst anders als bisher. Der Verein hat sich in Kooperation mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz und der Clubcommission und mit Fördergeldern des Berliner Senats einem Thema verschrieben, das vor der Pandemie kaum einen umtrieb, das nun, etwa eineinhalb Jahre später jedoch ziemlich nahe liegt: der Nachhaltigkeit des Clubbetriebs.
Umweltschutz ist endgültig zum Megathema geworden, das zeigt auch der aktuelle Wahlkampf. Berlin hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 zur klimaneutralen Stadt zu werden und deswegen, so findet Clubliebe, sollten sich nun auch die hedonistischen Partyläden langsam mal Gedanken machen, wie sie einen Teil dazu beitragen könnten, dieses Ziel zu erreichen.
Im Garten des Clubs “Zur Wilden Renate“ wurde nun präsentiert, was genau “Clubtopia“ ist und wie man sich die Transformation der Clubkultur hin zu einer grünen, umweltfreundlichen und nachhaltigen Branche vorstellt – und das dann möglichst weit über die Grenzen Berlins hinaus.
Grüner Leitfaden
Der Verein hat dazu den “Green Club Guide“ erstellt, einen dicken Leitfaden, der den Clubs dabei helfen soll, sich möglichst einfach und niedrigschwellig ökologisch bewusster aufzustellen. Vorgestellt wurde er als “von der Szene für die Szene“. Herzstück der Veranstaltung war dann die feierliche Unterzeichnung eines “code of conduct“, einer “freiwilligen Selbstverpflichtung“ der ersten Berliner Clubbetreiber, die sich mit ihrer Unterschrift damit dazu bekennen sollen, in Zukunft nachhaltiger zu wirtschaften.
Laut Clubliebe ist der “Green Club Guide“ ein “kostenfreies Nachhaltigkeitskonzept“ für die Clubs. Kostenfrei: das mag bei Tipps wie dem Verzicht auf WC-Steine in den Toiletten oder der Mahnung, darauf zu achten, dass die Wasserhähne nicht tropfen, zutreffen. Doch schon bei der Anmerkung, dass ein energiesparender Kühlschrank für Getränke sicherlich umweltfreundlicher ist als einer, der ziemlich viel Strom zieht, könnte die Konsequenz ja recht schnell lauten: ein neuer Kühlschrank muss gekauft werden.
Auch die Befolgung der zig weiteren, teilweise banal klingenden, deswegen aber sicherlich nicht unnötigen Vorschläge, würde in der Summe dazu führen, in Zukunft etwas mehr Geld in die Hand nehmen müssen, um sich ökologischer aufzustellen. Recycling-Klopapier kostet ein wenig mehr als normales, wassersparende Strahlregler für die Wasserhähne müsen auch erst einmal bezahlt werden, genauso wie LED-Röhren, die gegebenenfalls die Leuchtstoffröhren ersetzen sollen. Ein Vogelkasten, mit dem auch ein Club einen Beitrag zum Naturschutz leisten könnte, so Clubtopia, lässt sich immerhin zur Not noch selber basteln.
Am Ende könnte es also doch ein recht ambitioniertes Unterfangen werden, seinen Club umweltfreundlicher zu gestalten. Ob es daran liegt, dass bislang relativ wenige Clubs bereit sind, Teil von “Clubtopia“ zu werden, wurde bei der Veranstaltung auch diskutiert. Der Yaam-Club, das Suicide und die Rummelsbucht sollen mit zu den Erstunterzeichnern des “Code of conduct“ gehören.
Feierlich seine Unterschrift unter diesen setzte am Ende in der Renate freilich erst einmal nur der Geschäftsführer des Schwuz. Der Vertreter des Yaam ließ sich für diesen Akt entschuldigen, der der Rummelsbucht saß anscheinend in der U-Bahn fest.
Was aber ist mit Clubs wie dem About-Blank oder dem Mensch Meier, wurde gefragt, dezidiert linken Läden, denen man doch ein wenig Umweltbewusstsein zutrauen könnte? Ist Öko doch noch leicht uncool in der Feiergesellschaft, besteht dort die Angst, in die unhippe Gutmenschenecke gestellt zu werden? Die Vertreterinnen von Clubtopia gaben sich zuversichtlich, hier noch etwas Überzeugungsarbeit leisten zu können. Man sei im Austausch mit vielen Clubs, einige seien noch dabei, sich zu hinterfragen oder würden es sich aktuell nicht zutrauen, dem “Code of conduct“ auch wirklich folgen zu können.
Über das Entscheidendste, was sich bei der Entwicklung hin zu einer nachhaltiger Clubkultur ändern muss, wurde jedoch in der Renate nur ganz kurz gesprochen. Und auch im “Green Club Guide“ ist dazu nichts zu lesen. Solange die sprichwörtlichen “Easy-Jet-Raver“, die mit ihren Billigfliegern für ein Partywochenende in Berlin absteigen, so wichtig für die Berliner Clubs sind, wird deren Ökobilanz, zumindest indirekt, weiterhin verheerend sein. Aber die Forderung “Easy-Jet-Raver, wir wollen euch nicht“ im “Code of Conduct“ hätte wahrscheinlich auch niemand unterschreiben wollen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!