Clubhouse, USA und Nawalny: Trumps Staffel ist abgelaufen

Es gibt eine neue „Digischwatz“-Plattform; Christian Drosten spricht für „Zero Covid“. Und Nawalnys Politik ist allen egal, Hauptsache gegen Putin.

Joe Biden steht vor einer Treppe am Rednerpult

Das langweilige Gute hat gesiegt: Staffelfinale mit Joe Biden Foto: Patrick Semansky/AP

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Rummel um Kamela Harris auf dem Vogue-Titel.

Und was wird besser in dieser?

Freu mich auf Olaf Scholz auf der Brigitte.

Ein neues soziales Medium ist aufgeploppt: Clubhouse. Eine Audioplattform, auf der man sich rund um die Uhr Talks zuhören oder veranstalten kann. Doch nicht jeder kommt da rein. Haben Sie eine Einladung bekommen?

Nee! Es scheint ein moderierter Turnschuh zu sein, also Verknappung, „Fear of Missing Out“. In der Test- oder „Beta“-Phase lauert hinter der harten Tür ein Algorithmus, der die Kontaktdaten der User ausbeint. Dafür dürfen sie Telefonkonferenzen abhalten im Kontakthof-Modus. Nachdem kein „soziales Netzwerk“ bisher als sonderlich sozial auffiel, könnten wir es vorerst unter „Digischwatz“ rubrizieren.

Donald Trump hat vergangene Woche nach vier langen Jahren das Weiße Haus verlassen, und Joe Biden wurde bei einer pompösen Feier als neuer US-Präsident vereidigt. Was war Ihr Höhepunkt der Inauguration?

Der schmucklose Moment, wenn der Bundespräsident der neuen Kanzlerin die Ernennungsurkunde in die Hand drückt. Das guckt kein Mensch, während die Biden-Show über alle Sender mehr als sieben Millionen Zuschauer fand. Trump hatte nur fünf, Obama allerdings zehn. Es hatte das Aroma eines Staffelfinales, wenn das langweilige Gute gesiegt hat und man jetzt aber auch eine Pause braucht.

Kremlkritiker Alexei Nawalny sitzt derzeit in Untersuchungshaft in Moskau. Zeitgleich hat sein Team ein Enthüllungsvideo über Wladimir Putins mutmaßlichen Palast veröffentlicht. Leben wie ein Zar, und das auf 17.500 Quadratmeter. Auch was für Sie?

De mortibus nihil nisi und erst recht nichts Schlechtes über Nawalny, der seine Ermordung überlebte. Allerdings ist Nowitschock auch kein Läuterungstrunk. Derzeit genügt es, dass er gegen Putin und der sehr gegen ihn ist; Nawalnys politische Positionen treten dahinter zurück. Er nannte sich „nationalistischer Demokrat“, sah die Krim als russisches Eigentum. 2011 schrieb die taz, er „schrecke nicht davor zurück, nationalistische Stimmungen für seinen Kampf zu instrumentalisieren.“ Klar, Putins Regime unterstützt vieles, was den Westen zu destabilisieren taugt. Und wir so?

Bis zum 14. Februar wurde der Lockdown in Deutschland vorerst verlängert. Virologe Christian Drosten prognostiziert in einem aktuellen Interview mit dem Spiegel einen harten Sommer. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hingegen sagte wenige Wochen zuvor noch, der Sommer werde „wahrscheinlich großartig sein“. Wem vertrauen Sie?

Der Lektüre. Drosten nennt es „absolut erstrebenswert, jetzt auf die Null zumindest zu zielen“ – also Verschärfung des Shutdowns Richtung „Zero Covid“. Lauterbach hiobt schon länger so ähnlich, denn „jetzt kommen die schlimmsten drei Monate der gesamten Pandemie“. Kurz: Beide wollen drastischere Maßnahmen. Der eine droht, der andere lockt.

Beim Mundnasenschutz gab es bei der letzen Bund-Länder-Sitzung auch eine Erneuerung: Die Menschen sollen jetzt medizinische Masken tragen. Bartträger müssen sich dafür aber rasieren, weil die FFP2-Maske ansonsten nicht effektiv schützt. Rechnen Sie mit Widerstand von den Bartträgern?

Kollege Tilo Jung lockte Ministeriumssprecher in der Bundespressekonferenz in ein brüskes Debakel – keine Ahnung, wie Menschen in Grundsicherung oder Hartz IV die Masken bezahlen sollten. Darauf erwachte die SPD, und Minister Heil verspricht nun einen Coronazuschlag. Jetzt muss er noch die Union rasieren.

Die Wirtschaft und ihre Vertreter bleiben derweil wehrhaft gegen Maßnahmen der Coronaprävention: BDI-Chef Siegfried Russwurm sagte in einem Interview, es sei Symbolpolitik, eine Schließung der Industrie zu erwägen. Was sagen Sie?

Wenn’s in München brennt, kann man die Feuerwehr zur Nordsee schicken: Da ist der Weg zum Wasser kürzer. Vulgo: transparente und den Behörden zugängliche Räume – Schulen, Unis, Heime – werden auf Infektionsgefahr geröntgt. Russwurm hingegen flötet, es gebe „keine Evidenz, dass Unternehmen signifikanten Anteil am Infektionsgeschehen haben“. Was damit zu tun haben könnte, dass erst untersucht wird, wenn der Schlachthof Schlachthof wurde. Derzeit muss man befürchten, dass nur da gelöscht wird, wo die Feuerwehr hindarf.

Und was machen die Borussen?

Kummer. Fragen: eaz, vag

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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