piwik no script img

Christoph Schmidt-Lunau über den Prozess gegen Peter FeldmannMiserables Timing

Dass der Korruptionsprozess gegen den Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann zeitgleich mit der Abstimmung der BürgerInnen über die Abwahl des OB läuft, ist unglücklich. Doch die Mehrheit aus Grünen, CDU, SPD, FDP und Volt in der Stadtverordnetenversammlung hat nicht abwarten wollen, bis ein Gericht entschieden hat. Nun wird verhandelt, während gleichzeitig Feldmanns GegnerInnen auf der Straße und in den Kneipen gegen ihn mobil machen.

Die Stadt müsse schnell wieder handlungsfähig werden, so die Argumentation der Stadtverordneten für die Abstimmung schon im November. Bis dahin ist der Strafprozess mit Sicherheit nicht beendet. Ob man Feldmann nachweisen kann, dass er sich bewusst für die Arbeiterwohlfahrt (AWO) eingesetzt hat, weil die Verantwortlichen seine Ehefrau allzu gut versorgt hatten, ist keineswegs ausgemacht. Schon vor dieser privaten Liaison war der Sozialpolitiker der AWO beruflich und politisch verbunden.

Das blieb auch so, nachdem die Beziehung zu seiner Frau längst in die Brüche gegangen war. Die Strategen der Alle-gegen-Feldmann-Front im Frankfurter Römer hoffen nun, dass bei der Abstimmung am 6. November das nötige Quorum erreicht wird.

30 Prozent der Wahlberechtigten müssen aktiv für die Abwahl stimmen. Erst danach können die Parteien ihre OB-KandidatInnen für die dann fällige Neuwahl im März bestimmen. Soll das die versprochene neue Handlungsfähigkeit sein? Wird dagegen am 6. November das nötige Quorum verfehlt, kann Feldmann bis zum Ende seiner regulären Amtszeit 2024 im Amt bleiben, selbst wenn er verurteilt wird.

Auch dann dürfte das Gezerre weitergehen. Beide Seiten, sowohl der eigenwillig, eigenmächtig und mitunter peinlich agierende OB als auch seine kompromisslosen GegnerInnen im Römer, haben sich in eine Sackgasse begeben. Ein prominenter Kritiker hat diese Abläufe mit der „Römerblase“ erklärt, in der die Außenwelt kaum noch wahrgenommen werde. Handlungsfähigkeit entsteht so sicher nicht, eher Politikverdrossenheit.

inland

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen