Christian Wulff feiert 60. Geburtstag: Mit der Bild nach oben und zurück
Erst Schwiegermutterfänger und CDU-Hoffnung, dannn Ex-Bundespräsident und Scheidung. Christian Wulff hatte es nicht leicht. Jetzt hat er Geburtstag.
Es ging ihm wie Ronald Schill oder Gerhard Schröder: „Wer mit der Bild-Zeitung im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten“. So formulierte es Springer-Chef Mathias Döpfner zu der Zeit, als die Bild begann, den damaligen Ministerpräsidenten Niedersachsens zum beliebtesten Politiker des Weltalls aufzubauen.
Für einen aktenfressenden Regionalpolitiker und Anwalt aus Osnabrück ist das eigentlich unmöglich. Aber Wulffs Spindoctor hatte das Boulevardblatt zum Public Viewing des legendären WM-Spiels gegen Polen (1:0, Oliver Neuville in der Nachspielzeit) auf den Waterlooplatz nach Hannover gelotst.
Hier knipsten Reporter den angeblich supersoliden Wulff mit seiner neuen Flamme Bettina Körner, die er einmal heiraten und zweimal verlassen sollte. Es war der Beginn einer amour fou mit den Medien, zu deren Höhepunkt der hochtalentierte, leicht näselnde Wulff 2010 zum Bundespräsident aufsteigen sollte. Es bleibt der Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“. Aber schon im Dezember 2011 berichtete Bild, die Wulffs hätten sich bei Unternehmern 500.000 Euro für ihr Privathaus geliehen.
Gesponsertes Bobbycar
Das hatte Wulff aber bei einer Befragung im Landtag so nicht gesagt. Dann ging es um fremdbezahlte Urlaubsreisen nach Sylt oder ein gesponsertes Bobbycar im Schloss Bellevue, 21-mal sollte sich Wulff Vorteile erschlichen haben. 2014 endete ein Verfahren gegen ihn mit einem Freispruch.
Und heute? Er ist Vorsitzender des Deutschen Chorverbands. Im Januar redete er in einem Einkaufszentrum in Langenhagen über die Demokratie und sang „Die Gedanken sind frei“. „Es heißt, Helene Fischer rettet das deutsche Liedgut. Bei ihrer Geburt hieß sie aber Jelena Petrowna Fischer“, sagte Wulff. Es ging um die russischen Wurzeln der Schlagersängerin. Am 19. Juni wird Wulff 60. Glückwunsch, altes Haus!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen