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Christian Schmidt über Präsident Dodik„Es gibt kein Vertrauen der Wähler“

Welchen Einfluss hat die Militärparade in der Republika Srpska, der serbischen Entität in Bosnien-Herzegowina, auf EU-Beitrittsverhandlungen? Schmidt nennt die rote Linie.

Milorad Dodik (Mitte) bei der Parade zum 32. Jahrestag der Republika Srpska in der bosnischen Stadt Banja Luka, am 9. Januar 2024 Foto: Radivoje Pavicic/ap
Erich Rathfelder
Interview von Erich Rathfelder

taz: Herr Schmidt, am 9. Januar ließ der Präsident der serbischen Entität in Bosnien und Herzegowina, Milorad Dodik, mit einer Parade bewaffneter Einheiten militärisch und politisch die Muskeln spielen. Sie haben letztes Jahr gesagt, dass so ein Feiertag nicht mehr erlaubt sein würde. Trotzdem fand er statt. Die Begeisterung für Dodik war allerdings sehr begrenzt, es kamen weniger als 1.000 Leute. Kann man nach dieser Vorstellung die Drohung Dodiks noch ernst nehmen, die serbische Teilrepublik aus Bosnien zu lösen?

Christian Schmidt: Das mit dem Ernstnehmen ist wohl die schwierigste Frage, da kann man richtig oder falsch liegen. Ich sehe, dass er nach wie vor eine Autonomie in der Rechtsordnung vorbereitet, beim Wahlrecht auch. Sein Vorgehen schließt ein Referendum für die Loslösung seiner serbischen Entität von Bosnien ein, er hat ein NGO-Gesetz und ein Gesetz gegen freie Meinungsäußerung in Banja Luka durchgesetzt.

Bild: Felix Zahn/imago
Im Interview: Christian Schmidt

Der CSU-Politiker überwacht seit August 2021 als Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina die Umsetzung der zivilen Aspekte des Friedensvertrages von Dayton.

Das alles gipfelt im Angriff auf bestehende Institutionen im Gesamtstaat, dem Verfassungsgericht und sogar die Institution des Hohen Repräsentanten. Ich sehe auch, dass die EU sich dessen bewusst ist. Man muss die Institutionen winterfest machen, das heißt so stabilisieren, dass sie nicht durch einen Windstoß aus Banja Luka umgeworfen werden können. Wenn es im März zu Verhandlungen mit der EU über die Integration kommen sollte, dann muss das mit einer Loyalitätserklärung von Milorad Dodik zu dem Staat Bosnien und Herzegowina verbunden werden.

Was passiert, wenn nicht?

Alle wollen ja jetzt die Verhandlungen, auch er hat das kürzlich betont. Dann heißt das, wenn die EU-Bedingungen stellt, dann müssen die auch erfüllt werden. Vor allem bei Themen wie Funktionalität des Verfassungsgerichtshofs.

Müssen die Bedingungen erfüllt sein, bevor es zu Verhandlungen kommt oder sind die ergebnisoffen?

Ich gehe davon aus, dass Dodik versuchen will, Deals zu machen über das eine oder andere. Es muss aber klar sein, dass es Bedingungen gibt, die nicht verhandelbar sind. Dazu gehört das Verfassungsgericht, dazu gehört die Funktionalität des Staates, einschließlich der Außenpolitik, Akzeptanz der bisherigen Regelungen …

Vor wenigen Jahren noch haben in Banja Luka Zehntausende Menschen gegen Dodik demonstriert. Doch der hat es geschafft, die Bewegung zu zerschlagen, die Menschen einzuschüchtern. Er hat eine autokratische Struktur entwickelt. Für viele Menschen in Banja Luka ist klar, dass die letzten Wahlen gefälscht worden sind. Die internationale Gemeinschaft hat hier in Bosnien eine formale Demokratie anerkannt, unterhalb derer lauert aber nicht nur in der serbischen Teilrepublik eine Struktur autokratischer Kräfte, die jegliche Änderungen in Richtung Rechtsstaat abwehrt. Wie wollen Sie da ernsthaft das Wahlgesetz ändern können?

Bei allem Respekt vor allen politischen Parteien, die Integrität der Wahlen muss gesichert werden. Es muss Wahlbetrug durch Identifizierung der Wähler verhindert werden. Es gibt kein Vertrauen der Wähler, die Skepsis ist groß, wir müssen ein Zeichen setzen, seit 15 Jahren wurde über das Wahlrecht gesprochen, Europarat und OSZE habe sich bemüht, es ist aber nichts dabei rausgekommen. Wir haben das Interesse, dass die wahren Meinungen im politischen System abgebildet werden. Die Wähler müssen registriert, die berechtigten Stimmen sicher ausgezählt werden. Wir dürfen das nicht mehr verschieben. Auch die Wahlvorstände müssen sauber sein, Fake Parteien, die nur gegründet werden, um im Wahlvorstand repräsentiert zu sein, darf es nicht mehr geben.

Gibt es noch eine rote Linie?

Ich sage, Finger weg vom Verfassungsgericht, da gibt es keinen Spielraum dafür, Gesetze müssen umgesetzt werden. Rechtsstaatlichkeit, die Zusammenarbeit mit Europa, stehen ganz oben. Ich denke auch, dass endlich die Urteile des Europäischen Gerichtshofs, wie das von Finci-Sejdić und die anderen Urteile über die notwendigen Verfassungsänderungen in Bosnien und Herzegowina, respektiert werden müssen.

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