Christian Rath über BND-Überwachung: Suche nach goldener Stecknadel
Der Frankfurter Internetknoten de-cix kann sich nicht auf die Grundrechte seiner Kunden berufen. Deshalb hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig nun eine Klage des Betreibers de-cix gegen die strategische Überwachung des Bundesnachrichtendienstes abgelehnt. Das Urteil kommt nicht überraschend. Die Leipziger Richter sind berüchtigt dafür, in Geheimdienstfragen die Rechtsschutz-Möglichkeiten möglichst eng auszulegen.
Bei der strategischen Überwachung wird ein Teil der Telekommunikation (Telefonate, E-Mails, SMS, Messenger) zwischen Deutschland und dem Ausland mit bestimmten Suchbegriffen gefiltert. Dabei sollen Erkenntnisse über Terrorismus, Waffenhandel und Cyberkriminalität gewonnen werden.
Mal wieder ruhen die Hoffnungen auf dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Dort will nicht nur de-cix weiterklagen. Es sind schon Klagen von Amnesty International und Reporter ohne Grenzen anhängig. Karlsruhe wird sich also (hoffentlich bald) mit der strategischen Überwachung und der jüngst legalisierten Ausland-Ausland-Überwachung beschäftigen.
Spannend ist dabei, ob das Bundesverfassungsgericht die gigantische Datenerfassung mit Blick auf ihren wohl recht geringen Ertrag überhaupt für verhältnismäßig hält. Bei der strategischen Überwachung gab es im ganzen Jahr 2016 nur rund 50 „nachrichtendienstlich relevante“ Funde.
Lange Zeit diente die strategische Überwachung auch als „Türöffner“, um in Frankfurt „Ausland-Ausland-Kommunikation“ abzugreifen und um diesen heimlich mit dem US-Geheimdienst NSA zu teilen. Dieser Trick ist nicht mehr nötig, weil der Bundestag unlängst dem Bundesnachrichtendienst die Zusammenarbeit mit der NSA ja ausdrücklich erlaubt hat. Berichtspflichten zum Umfang und Ertrag sind hier leider nicht vorgesehen.
Die Stecknadeln, die in diesen Heuhaufen gefunden werden, müssten aber schon golden sein, um die Verfassungsrichter zu überzeugen.
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