Chinas Staats- und Militärchef: Volkskongress bestätigt Xi Jinping
Am Samstag gab es keine Gegenstimme für den Mann, der nun ohne Amtszeitbegrenzung regieren kann. Sein Vize wird der gefürchtete Politiker Wang Qishan.
![Ein rotes Buch auf einem Pult mit Mikrofon. Eine Hand liegt darauf. Man sieht nur den Arm des Mannes Ein rotes Buch auf einem Pult mit Mikrofon. Eine Hand liegt darauf. Man sieht nur den Arm des Mannes](https://taz.de/picture/2618084/14/XiJinpingsHandaufderVerfassung.jpeg)
Vor einer Woche hatte der Volkskongress dem Präsidenten den Weg frei gemacht, unbegrenzt viele Amtszeiten regieren zu können. Es gibt aber Kritik an der unbeschränkten Macht des „starken Mannes“. So ging es am Samstag darum, demonstrativ ein Signal der Geschlossenheit zu senden, indem auch wirklich keiner der 2970 Delegierten gegen den 64-Jährigen stimmte oder sich enthielt. Normalerweise wird eine zumindest geringe Zahl von Gegenstimmen und Enthaltungen gezählt.
Während die Ergebnisse sonst auch nicht in den Staatsmedien berichtet werden, wurde das einstimmige Votum diesmal sogar live im Fernsehen übertragen. Schon bei der Aufhebung der Begrenzung der Amtszeiten auf zweimal fünf Jahre hatte sich der Volkskongress mit nur zwei Gegenstimmen und drei Enthaltungen selten einig gezeigt, obwohl eine unbegrenzte Herrschaft von Xi Jinping auf viele Bedenken stößt. Der letzte Führer, der so viel Macht in den Händen gehalten hatte, war Staatsgründer Mao Tsetung, der das Land in Chaos geführt hatte.
Als wichtiger Verbündeter steht Xi Jinping weiter der gefürchtete Politiker Wang Qishan zur Seite. Der 69-Jährige stand bisher an der Spitze des Anti-Korruptions-Kampfes, mit dem sich der Staats- und Parteichef auch seiner Gegner entledigt hatte. Trotz seines Pensionsalters zählt Wang Qishan jetzt weiter zum engsten Führungszirkel, obwohl er sich aus dem höchsten Machtgremium, dem Ständigen Ausschuss des Politbüros, zurückgezogen hat.
Wang Qishan gilt als USA-Kenner
Beobachter sehen eine wichtige Allianz zwischen Xi Jinping und Wang Qishan. „Sie haben das Gefühl, dass sie sich gegenseitig brauchen“, sagte der kritische Historiker Zhang Lifan. „Xi Jinping ist relativ isoliert im System und hat andere Fraktionen vor den Kopf gestoßen.“ Nur Wang Qishan könne ihm helfen und den Widerstand auffangen, meinte der Kommentator. Der in Ungnade gefallene frühere Vizechefredakteur eines Magazins der Parteischule, Deng Yuwen, sagte, Xi Jinping schätze Wang Qishan als „fähigen und verlässlichen Verbündeten“.
Im Amt des Vizepräsidenten soll der erfahrene Krisenmanager nicht nur die Stellung von Xi Jinping stärken, sondern sich angesichts der unberechenbaren Politik von US-Präsident Donald Trump und der Handelsspannungen auch um die Beziehungen zu den USA kümmern. Wang Qishan genießt den Ruf eines USA-Kenners, weil er früher als Vizepremier den strategischen Wirtschaftsdialog zwischen China und den USA geleitet hatte, den Trump aber abgeschafft hat.
Familienplanungskommission hat ausgedient
Mit zwei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen billigte der Volkskongress auch die größte Umbildung der Regierung seit langem. Die Zahl der Ministerien und Aufsichtsbehörden im Rang eines Ministeriums wird von 34 auf 26 zusammengestrichen. Ausgedient hat die Familienplanungskommission, die über Jahrzehnte für die Umsetzung der mittlerweile abgeschafften Ein-Kind-Politik zuständig war.
Die wichtigste Änderung ist die Zusammenlegung der Finanz- und Bankenaufsicht. Die neue Superbehörde soll die tief verzweigte Finanzbranche ohne Gezanke um Zuständigkeiten besser kontrollieren, um riskante Kreditvergaben und die hohe Verschuldung der Unternehmen einzudämmen. Beobachter sahen ein Zeichen, dass Peking den Kampf gegen Finanzrisiken verschärfen will. Erst im Dezember hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) China aufgefordert, entschiedener gegen die hohen Schulden heimischer Firmen vorzugehen.
Der Umbau der Regierung dient nach Angaben von Liu He, wichtigster Wirtschaftsberater von Xi Jinping, auch dazu, „tief verwurzelte Machtverhältnisse und Interessengruppen aufzurütteln“, wie ihn die Nachrichtenagentur Xinhua zitierte. „Es gibt jetzt eine kleinere Regierung, wodurch es einfacher ist, alle zu kontrollieren“, sagte auch der Historiker Zhang Lifan. „Das Ziel dahinter ist die Erhaltung des Regimes und der Partei.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!