China und der Ukraine-Krieg: Kämpfen Chinesen für Russland?
Die ukrainische Armee hat zwei chinesische Soldaten gefangen genommen. Wahrscheinlich handelt es sich bei ihnen um „Freiwillige“.

Besonders heikel: Dies geschah auf ukrainischem Territorium nahe der östlichen Stadt Donezk. Zum Vergleich: Die nordkoreanischen Truppen, die Machthaber Kim Jong Un entsandt hatte, wurden vorwiegend um die ukrainisch besetzten russischen Gebiete rund um Kursk eingesetzt.
Ist Peking also nun direkt als Kriegspartei in den Konflikt eingetreten? Beim chinesischen Außenministerium winkt man ab. Selenskyjs Aussagen würden jeglicher Grundlage entbehren, sagte Sprecher Lin Jian am Mittwoch. Das bedeutet nicht, dass Peking die Existenz der Kriegsgefangenen abstreitet, wie einige Nachrichtenagenturen berichtet hatten. Das Dementi bezog sich lediglich auf die Behauptung der Ukraine, dass „noch deutlich mehr“ Landsleute ebenfalls für Russland kämpfen. Dies gilt tatsächlich als nicht gesichert.
Auch westliche Geheimdienste haben bisher keine Indizien für eine direkte Beteiligung der chinesischen Armee. Auszuschließen wäre dieser Fall zwar nicht, wahrscheinlicher ist jedoch, dass es sich bei den Chinesen um „Freiwillige“ handelt, die sich ohne staatlichen Segen Putins Armee angeschlossen haben.
Mit dem Einmarsch im 24. Februar 2022 begann der groß angelegte russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Bereits im März 2014 erfolgte die Annexion der Krim, kurz darauf entbrannte der Konflikt in den ostukrainischen Gebieten.
China unterstützt Russland vor allem wirtschaftlich
Chinas Parteiführung ist im Kern risikoscheu. Ihr ist bewusst, dass eine ganz direkte Einmischung einen vollständigen Bruch mit Europa zur Folge haben könnte. Dementsprechend spielt sie ein doppeltes Spiel: Nach außen gibt sie sich neutral, sogar als Friedensvermittler. In der Realität hat Peking seine Seite jedoch schon lange gewählt.
„Die russische Wirtschaft hätte ohne die Unterstützung von China niemals so gegen das Sanktionsregime standgehalten“, sagt der ukrainische Analyst Leo Litra, der am European Council on Foreign Relations forscht. Tatsächlich füllt die Volksrepublik quasi im Alleingang das Vakuum, das westliche Firmen in Russland hinterlassen haben. China exportiert sämtliche Güter des täglichen Lebens – von Autos bis Verbraucherelektronik. Zugleich liefert das Reich der Mitte einen Großteil der sogenannten Dual-Use-Güter, also Produkte, die sowohl zivil als auch militärisch eingesetzt werden – von Kugellagern über Navigationsgeräte bis hin zu Ersatzteilen für Kampfjets.
Über alldem steht Xi Jinping seinem „alten Freund“ Wladimir Putin politisch beiseite. Beide Regierungen sind in ihrem strategischen Ziel geeint, die westliche Dominanz zu durchbrechen und eine neue Weltordnung zu etablieren. Die chinesischen Staatsmedien beschallen ihre Bevölkerung fast ausschließlich mit prorussischer Propaganda, die ukrainischen Positionen kommen im offiziellen Diskurs praktisch nicht zur Wort – außer als angebliche Marionetten der USA.
Diese Botschaften verfangen bei vielen Chinesen und führen dazu, dass einige offensichtlich als „Freiwillige“ bereit sind, für Russland zur Waffe zu greifen. Fairerweise muss man sagen, dass Chinesen nicht die einzigen Ausländer innerhalb der russischen Truppen sind. Und: In mindestens einem Fall ist auch dokumentiert, dass ein Chinese für die Ukraine gekämpft hat.
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