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China schafft Ein-Kind-Politik abJetzt gilt eine Zwei-Kind-Politik

35 Jahre lange hat die chinesische Führung ihren Bürgern nur ein Kind erlaubt. Nun rückt sie von dieser Politik ab und gestattet zwei Kinder.

In Schanghai feiert man die Geburt des ersten Sohnes unter der Ein-Kind-Politik. Foto: reuters

Peking taz | Die Meldung von Chinas amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua ist sehr knapp gehalten. Doch bei Danone löste sie ein Kursfeuerwerk aus. Die Aktienkurse des französischen Lebensmittelkonzerns legten am Donnerstag zwischenzeitlich um mehr als vier Prozent zu. Der Grund: Anleger aus aller Welt gehen davon aus, dass der Weltmarktführer von Babynahrung den Absatz seines ohnehin schon erfolgreichen China-Geschäfts in der nächsten Zeit ausweiten wird. Der Grund: Am Donnerstag hat die chinesische Führung das Ende der Ein-Kind-Politik verkündet.

„Alle Paare dürften künftig zwei Kinder haben“, teilte das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei über Xinhua am Donnerstagabend mit. Auch die Begründung dieser Entscheidung fiel kurz aus: Überalterung der Gesellschaft und drohender Arbeitskräftemangel, schrieben die chinesischen Staatszeitungen. Die Kehrtwende ist Teil des 13. Fünfjahresplans, der Chinas Entwicklung von 2016 bis 2020 festlegt.

Mehr als 35 Jahre lang hatte die chinesische Führung eine grausame und von Anfang an höchst fragwürdige Familienpolitik durchgesetzt. Wer ein zweites Mal schwanger wurde, musste mit drakonischen Strafen rechnen. Millionen Frauen wurden einer Zwangsabtreibung unterworfen.

Die Logik: Nur wenn auf jedes Paar höchstens ein Kind kommt, lässt sich eine Bevölkerungsexplosion verhindern. Auf den ersten Blick schienen die Zahlen der chinesischen Führung Recht zu geben. Die Geburtenrate fiel von durchschnittlichen acht Kindern in den sechziger Jahren auf heute 1,4 pro Frau. Die Partei brüstet sich damit, auf diese Weise 400 Millionen Menschen verhindert zu haben. Bis heute ist China mit 1,38 Milliarden Menschen das bevölkerungsreichste Land der Welt.

Völlig unnötige Grausamkeiten

Unabhängige Forscher bezweifeln jedoch bereits seit einiger Zeit diese Zahl. Denn in Wahrheit ging die Geburtenrate schon vorher drastisch zurück. Sie lag bereits Ende der siebziger Jahre, also vor Einführung der drakonischen Strafen, nur noch bei knapp über zwei Kindern pro Frau.

Ausschlaggebend für den Geburtenrückgang sei wie in anderen sich entwickelnden Ländern der zunehmende Wohlstand gewesen, fand der in den USA lebende chinesische Demografie-Experte Cai Yong von der University of South California heraus. „Nicht die Ein-Kind-Politik war ausschlaggebend für Chinas Geburtenrückgang, sondern die ökonomische Entwicklung, sagt der Soziologe. „Die Grausamkeiten hätte sich die chinesische Führung also sparen können.“

Auf 100 Frauen kommen 117 Männer

Längst ist es in China so, dass die meisten Paare gar keine großen Familien mehr wollen. Die 1980 so plötzlich eingeführte Ein-Kind-Politik hatte zur Folge, dass China vor einem demografischen Abgrund steht. Die Zahl der Einwohner im arbeitsfähigem Alter geht seit 2011 sprunghaft zurück, während im gleichen sprunghaften Maße mehr Rentner versorgt werden müssen.

Und auch auf das Geschlechterverhältnis wirkt sich die Ein-Kind-Politik verheerend aus. Weil viele Paare lieber einen Jungen zur Welt bringen wollten, ließen sie weibliche Embryone abtreiben. Auf 100 Frauen kommen heute 117 Männer.

Um diese Missstände zu mildern, hat die chinesische Führung bereits vor zwei Jahren die Ein-Kind-Politik gelockert. Jedem Paar wurde ein zweites Kind erlaubt, sofern mindestens ein Elternteil selbst Einzelkind war. Doch der Erfolg blieb aus. In Peking hat seitdem gerade jede fünfte Mutter im gebärfähigen Alter, auf die diese Regelung zutrifft, von diesem Recht Gebrauch gemacht.

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