China-Bericht von Amnesty International: Umerziehungslager ändern nur Form

Chinas KP-Führung kündigte eine Abschaffung der „Umerziehung durch Arbeit“ an. Amnesty International warnt vor Etikettenschwindel.

Lager zur „Umerziehung durch Arbeit“ in Kunming, Provinz Yunnan. Bild: Reuters

BERLIN taz | Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) fürchtet, dass die von China verkündete Abschaffung der berüchtigten „Umerziehungslager“ nur kosmetisch ist. „Die Behörden verstärken jetzt schon andere Formen politischer Verfolgung“, berichtet Amnesty.

Die Abschaffung des Systems „Umerziehung durch Arbeit“, in China als „laojiao" benannt, war am 15. November nach einem Plenum des KP-Zentralkomitees bekanntgegeben worden. Der international begrüßte Schritt war schon länger erwogen worden.

AI veröffentlicht am Dienstag in London einen Bericht, der die seit 1955 bestehende Praxis der „Umerziehungslager“ untersucht. „Die Abschaffung des Systems der Umerziehung durch Arbeit ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt AI-China-Expertin Corinna-Barbara Francis. Doch geschehe sie nur oberflächlich.

„Klar ist, dass die zugrunde liegende Politik, Menschen für politische Aktivitäten oder religiösen Glauben zu bestrafen, sich nicht verändert hat. Missbrauch und Folter gehen weiter, nur auf andere Art“, so Francis.

Laut dem AI-Bericht gab es landesweit 321 „Umerziehungslager“ mit etwa 400.000 Insassen. Chinas Behörden können willkürlich ohne Richterbeschluss Menschen für drei Jahre in solche Lager stecken und die Haft eigenmächtig um ein Jahr verlängern. In den Lagern gibt es Zwangsarbeit, Misshandlungen und Folter.

Mehr als 60 Betroffene befragt

AI hat für den Bericht in verschiedenen Provinzen mehr als 60 Betroffene interviewt. Sie waren aus politischen und religiösen Gründen oder wegen persönlicher Aktivitäten eingesperrt. Solche Personen würden jetzt zunehmend auf andere Arten bestraft, so AI.

So wären Umerziehungslager teilweise nur umbenannt oder zu Rehabilitationszentren für Drogenabhängige geworden. Dort gebe es als Therapie dann neben Zwangsbelehrungen oft nur das gleiche Programm aus Zwangsarbeit und mieser Behandlung wie in den bisherigen „Umerziehungslagern“.

Stärker genutzt würden jetzt auch sogenannte „Gehirnwäschezentren“ und „schwarze Gefängnisse“, also informelle und illegale Gefangeneneinrichtungen. In „Gehirnwäschezentren“ kämen vor allem Anhänger der verbotenen sektenartigen Falun-Gong-Bewegung, wo sie neben der harten Arbeit zwangsbelehrt würden.

In „schwarze Gefängnisse“ würden potenzielle Petenten gesperrt, deren Eingaben die für Fehler verantwortliche Kader in ein schlechtes Licht rücken würden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.