Chiles umstrittene Frauenministerin: Rücktritt nach 34 Tagen
Schon der Amtsantritt von Frauenministerin Macarena Santelices wurde in Chile von Protesten begleitet. Auch die Nachfolgerin wird kritisiert.
Santelices' Nominierung war von verschiedenen Seiten kritisiert worden. Als Großnichte von Augusto Pinochet hat sie dessen Militärherrschaft (1973–1990) stets verteidigt. Außerdem sagte sie nach ihrer ersten Amtswoche, es gebe feministische Bewegungen, „die Chaos, Zerstörung und Disqualifikation anstreben“. Damit reagierte die 42-Jährige auf die Frauenproteste, die jeden ihrer öffentlichen Auftritte begleiteten, und auf die über 22.000 Tweets, die sich bereits innerhalb weniger Stunden nach ihrer Vereidigung unter dem Hashtag #NoTenemosMinistra (Wir haben keine Ministerin) angesammelt hatten.
Vergangene Woche hagelte es abermals Proteste, als ihr Ministerium einen Videoausschnitt aus einer Kampagne gegen Gewalt gegen Frauen veröffentlichte. Darin werde ein Gewalttäter als vermeintliches Opfer dargestellt, kritisierten Frauenverbänden den Ausschnitt. Santelices zog das Video zwar zurück, wälzte aber die Verantwortung auf die Direktorin der Gleichstellungsbehörde ab.
Dass Santelices den Journalisten Jorge Ruz, der für die sexistischen Titelseiten der Zeitung La Cuarta bekannt ist, für einen wichtigen Posten im Ministerium verpflichtete, brachte das Fass zum Überlaufen. „In nur 34 Tagen hat sie gezeigt, was wir vorher wussten: dass sie den Frauen, die Gewalt erlitten haben, den Rücken zukehren wird“, kommentierte Javiera Manzi, Sprecherin vom Bündnis Coordinadora Feminista 8M, Santelices' Abgang.
Auch die Nachfolgerin gehört der Rechten an
Mit Mónica Zalaquett hat Präsident Piñera bereits die Nachfolgerin vereidigt. Die 58-Jährige war zuvor Unterstaatssekretärin im Tourismusministerium. Zalaquett gehört wie ihre Vorgängerin der rechten und pinochet-freundlichen Unabhängigen Demokratischen Union (UDI) an. Mit ihr wahrt Piñera den Proporz in seiner Drei-Parteien-Regierungskoalition.
„Wir wissen, dass uns die [politische, Anm. d. Red.] Rechte niemals vertreten wird, aber gerade im Kontext der Ausgangssperre wegen der Covid-19-Pandemie brauchen Frauen und LGBTIQ-Menschen eine Institution, die auf geschlechtsspezifische Gewalt reagiert und gegen sie vorgeht“, kommentierte Camila Aguayo, Sprecherin der Asamblea Feminista Plurinacional, die Vereidigung der neuen Ministerin. Auch sie hat Jorge Ruz bisher nicht entlassen.
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