Chicagos neue Bürgermeisterin: Schwarze lesbische Frau an der Macht
Lori Lightfoot ist die neue Bürgermeisterin Chicagos. Sie ist Schwarz und lesbisch – eine doppelte Premiere für die amerikanische Stadt.
Das war es allerdings nicht, was der 56-Jährigen schließlich zum klaren Sieg verhalf. Nach der Ankündigung des langjährigen Bürgermeisters und ehemaligen Obama-Stabschefs Rahm Emanuel, nicht erneut anzutreten, kämpften ganze 14 Kandidat*innen in den Vorwahlen um die Nachfolge. Lightfoot und Preckwinkle blieben übrig. Lightfoot, die ihre politischen Positionen selbst als „fortschrittlich“ beschreibt, galt dabei als Underdog. Aber genau das, dass sie nämlich nicht bereits viele Jahre in politischen Ämtern hinter sich hatte, gab schließlich den Ausschlag.
Lightfoot ist in Ohio geboren, studierte Politikwissenschaft und später Jura. Ein paar Jahre lang arbeitete sie in einer Gemeinschaftskanzlei, übernahm zu Beginn der 2000er-Jahre Posten in der Justiz in Chicago. So war sie einige Jahre dafür zuständig, die wegen rassistischer und gewalttätiger Übergriffe bekannte Polizei zu überwachen und Vorschläge zu ihrer Reform zu unterbreiten.
In US-Medienberichten wird der Wahlkampf als recht einzigartig beschrieben. Spielt in Chicago sonst die Hautfarbe und ethnische Zugehörigkeit eine große Rolle, bildeten sich diesmal vollkommen neue Allianzen der Anhänger*innen der beiden Demokratischen Kandidatinnen.
Auf Unterstützung von Trump braucht sie nicht zu hoffen
Den Ausschlag gab offenbar, dass es Lightfoot eher zugetraut wurde, die jahrzehntelange Verfilzung innerhalb der Stadtregierung aufzubrechen – etwas, was sie auch im Wahlkampf zum zentralen Thema erhob. Preckwinkle, die angesichts der massiven Haushaltsprobleme Chicagos gerade ihre Erfahrung in Stellung brachte, kam dagegen nicht an.
Lightfoot lieferte Vorschläge für neue Steuereinnahmen – etwa durch die Legalisierung und Besteuerung von Marihuana, wie es in anderen Bundesstaaten, allen voran Colorado, seit einigen Jahren erfolgreich praktiziert wird. Ein wirklich schlüssiges Konzept aber, wie die Finanzen der Stadt zu sanieren und die immer größeren Verdrängungseffekte bei städtischem Wohnraum zu beseitigen seien, hatte auch sie nicht zu bieten, meinen Kritiker*innen. Allerdings: Das hatte genau genommen niemand.
Auf große Unterstützung aus dem Weißen Haus darf Lightfoot nicht hoffen. Chicago gilt für Präsident Donald Trump schon seit Jahren eher als Beispiel für alles Schlechte und Verkommene in den USA, ja mithin als Zerrbild für jenes von Demokraten und Gewerkschaften heruntergewirtschaftete Amerika, das es „wieder groß“ zu machen gelte. Eineinhalb Jahre vor der nächsten Präsidentschaftswahl setzt der Sieg Lightfoots auch ein Zeichen in Richtung Washington: Wie sich das aber auswirkt, wird von ihrem Erfolg abhängen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!