Kommentar Polizeigewalt in den USA: Serienkiller in Uniform

Immer wieder sterben schwarze Männer durch Schüsse der Polizei. Dass Wut und Frustration ausbrechen, ist traurig, aber nicht überraschend.

Menschen mit Protestschildern, in der Bildmitte mit der Aufschrift „No justice no peace“

Unversöhnlicher Protest in Charleston Foto: ap

Es hört einfach nicht auf. Zwar sind die genauen Umstände des Todes von Keith Lamont Scott am Dienstag in Charlotte, North Carolina, noch ungeklärt. Der Frust und die Wut jener, die seither in den Nächten in Charlotte protestieren und dabei nicht immer friedlich bleiben, ist von dem konkreten Fall jedoch recht unabhängig.

Ihnen allen ist auch noch die Erschießung des 24-jährigen Schwarzen Jonathan Ferrell in Charlotte vor drei Jahren in Erinnerung. Ein Polizist hatte 12 Schüsse auf den unbewaffneten Mann abgegeben – verurteilt wurde er nicht. Und so ist es meistens.

Bis Mittwoch wurden allein 2016 in den USA 706 Menschen von der Polizei erschossen. Zum Vergleich: In Deutschland starben zwischen 1990 und heute 245 Menschen durch Polizeikugeln. Nach den Ausschreitungen in Ferguson, Missouri, im August 2014, die den polizeilichen Todesschüssen auf den Schwarzen Teenager Michael Brown gefolgt waren, hatte Präsident Barack Obama eine Task Force zusammengestellt. Sie sollte Reformvorschläge ausarbeiten, um das Verhältnis von Bürgern und Polizei zu verbessern und die Todeszahlen herunterzubringen. Kern: Fortbildungen, Deeskalationstraining, mehr Kontakt zur Bevölkerung durch Streifenpolizisten zu Fuß.

Dass das funktioniert, dafür gibt es Beispiele in den USA. Aber: Die Vorschläge wurden im Mai 2015 vorgestellt – doch nur wenige der rund 18.000 lokalen Polizeibehörden haben sie umgesetzt. Auch eine Body Camera trägt bis heute nur etwa jeder fünfte Polizist.

Und so hören die immer gleichen Nachrichten, manchmal gefolgt von veröffentlichten Videos, einfach nicht auf. Und jene Hochrisikogruppe schwarzer junger Männer, die in den Todesstatistiken überproportional vertreten ist, läuft weiter mit dem Gefühl durch die Straße, dass jeder Kontakt zur Polizei ein mögliches Todesurteil sein könnte.

Darüber, dass es dann in Charlottes Nächten kracht, kann niemand glücklich sein. Wundern muss sich aber auch niemand.

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Jahrgang 1965, Nicaragua-Aktivist in den 80ern, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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