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Chefredakteurin in Ägypten festgenommenSisi geht gegen KritikerInnen vor

Die Chefin von Mada Masr, Ägyptens letztem kritischen Medium, ist vorrübergehend festgenommen worden. Sie hatte eine prominente Aktivistin interviewt.

Lässt sich nicht einschüchtern: Lina Attalah Foto: ap

Kairo ap/taz | In Ägypten ist die Chefredakteurin der unabhängigen Nachrichtenwebseite Mada Masr vorübergehend festgenommen worden. Lina Attalah sei abgeführt worden, als sie am Sonntag vor dem Kairoer Tora-Gefängnis die Mutter des inhaftierten Bürgerrechtlers Alaa Abdel Fattah interviewt habe, teilte Mada Masr mit. Die Strafverfolger verhängten eine Strafe von 2.000 Ägyptischen Pfund (117 Euro) und ordneten ihre Freilassung an.

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Zuvor hatte es geheißen, die Chefredakteurin solle am Montag von der Staatsanwaltschaft vernommen werden. Am Sonntagabend teilte Mada Masr mit, Attalah sei wieder frei. Seine Klientin sei beschuldigt worden, eine Militäreinrichtung gefilmt zu haben, sagte Attalahs Anwalt Hassan al-Ashari der Nachrichtenagentur AP. Dabei sei es wahrscheinlich um das Tora-Gefängnis gegangen, welches als militärische Einrichtung gilt.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nannte die Festnahme eine schockierende Entwicklung. Die Chefredakteurin war bereits im November kurzzeitig festgenommen worden, als Polizisten in die Redaktion eindrangen. Zuvor hatten Sicherheitskräfte Mada Masr-Redakteur Schady Salat festgesetzt.

Die Website ist eine von Hunderten, die die ägyptische Regierung in den vergangenen Jahren blockiert hat. Sie erscheint mit Hilfe von Mirror-Seiten – Duplikaten ihrer eigentlichen Webseite, die auf anderen Servern abgelegt werden. Die Nachrichtenseite hat Investigativgeschichten über den Geheimdienst, das Militär und Präsident Abdel Fattah al-Sisi geschrieben.

Menschenrechtler Abdel Fattah war nach Absitzen einer Haftstrafe im September erneut verhaftet worden und befindet sich seit mehr als einem Monat im Hungerstreik.

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3 Kommentare

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  • Beeindruckend

    Bei dieser Gelegenheit sei daran erinnert, daß General Sissi mit einem Militärputsch an die Macht gehievt wurde. Die „New York Times" nannte den blutigen Sturz des formal demokratisch gewählten Mursi-Regimes 2013 zutreffend eine „Konterrevolution“. Deren Akteure, die vom Pentagon alimentierte Mubarak-Armee und der übrige Sicherheitsapparat des Ancien Régimes, bedienten sich dabei clever der Propagandafigur des „War On Terrorism“. Noch vor seiner folgerichtigen Freilassung war Mubarak dann die internationale publizistische Gnade zuteil geworden, nicht mehr, wie noch in den Tagen des „Arabischen Frühlings“, als Diktator gebrandmarkt, sondern wieder auf den weniger abscheulichen Status eines „Autoritären Herrschers“ herabgestuft zu werden, eine euphemistische Kategorie, mit der traditionell jene Schurken-Herrscher bedacht werden, von denen es in Washington seit Roosevelt über Kissinger bis Rumsfeld heißt: „Es mögen Schurken sein, aber es sind unsere Schurken.“ 



    Das Problem der Diskurs-Designer bestand danach nun darin, die Massaker in Kairo mit den moralischen Ansprüchen des Anti-Terrorkampfes in eine rhetorische Paßform zu bringen und um jeden Preis störende Vergleiche zu Gadhafi und Assad zu vermeiden. Die Zahl von 1000 Massaker-Opfern und die Ankündigung der Putschisten, 3 Mill. Moslembrüder innerhalb von 6 Monaten umzubringen („Le Monde“ 19. 08. 2013) reichten noch nicht für EU-Sanktionen. Ganz im Gegenteil: „Ich finde, Sie haben einen beeindruckenden Präsidenten.“, so der damalige Vize-Kanzler Sigmar Gabriel auf seiner Pressekonferenz in Kairo am 24. April 2017 über den neuen ägyptischen Diktator as-Sisi.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Danke für diese Retrospektive.

      Ja, "die anderen" haben Dreck am Stecken. "Wir" eben leider auch.

  • Wie war das noch? Beliefern "wir" nicht das Regime fleissig mit Waffen?